Genderkorrektiv

Anmerkungen zur Fälschung unserer Gegenwart

Die Debatte um die Einführung des sogenannten Gendersprechs ist von den Befürwortern einer unveränderten Beibehaltung der allgemein gültigen Regeln deutscher Sprache bislang zwar mit überzeugenden Argumenten, aber rein defensiv und hauptsächlich als Verteidigung des generischen Maskulinums geführt worden.

Da sich Verantwortliche in Politik und Medien, Institutionen und Behörden von der geballten Kompetenz bedeutender Sprachwissenschaftler nicht im Geringsten haben beeindrucken lassen, es stattdessen vorziehen, sich den Partikularinteressen einer lautstarken Clique machtbewusster Genderaktivisten anzudienen, wird es Zeit, die Register zu wechseln und die Tragweite der um sich greifenden Sprachbeschädigung auch in medienökologischer, politpädagogischer und psychosozialer Hinsicht auszumessen

1. Faktenchek. Über die alltägliche Desinformation der ÖRR

Der deutsche Wahlkampf hat schon Ende Mai die Europäische Kommission veranlasst, ihre Leitlinien zur Stärkung eines Verhaltenscodex gegen Desinformation im Netz zu verschärfen (Drucksache 54/21).

Diese wird vom "Europäischen Aktionsplan" definiert als "Verbreitung falscher oder irreführender Inhalte, die der Öffentlichkeit schaden können, in der Absicht, andere zu täuschen oder wirtschaftlich oder politisch daraus Kapital zu schlagen".

Eigenartigerweise wird die Bedrohung ausschließlich in den sozialen Medien und dem Cyberspace generell lokalisiert. Von jedem Verdacht tendenziöser Praktiken und damit von jeglicher Faktenprüfung ausgenommen sind demgegenüber wie selbstverständlich die Leitmedien, also die überregionale Presse und die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten.

Dabei versorgen uns gerade Letztere seit einigen Jahren mit einer neuen, in keinem Präventionskatalog vorgesehenen Form von Desinformation, die tagtäglich in unsere Meinungsbildung einfließt, und die selbst dann ihre manipulative Aufgabe erfüllt, wenn sie bemerkt wird, weil es meistens am nötigen Hintergrundwissen fehlt, sie zu korrigieren.

Den Tatbestand kann man seit mindestens zwei Jahren feststellen: so berichtete im September 2019 der Deutschlandfunk vom "internationalen Schriftstellerinnentreffen" in Berlin.

Als Branchenangehöriger horchte ich auf: in diesem Zeitraum findet doch alljährlich ein Schriftstellertreffen in Berlin statt, das aus naheliegenden Gründen bereits zum "Literaturfestival" umbenannt worden war, mit Autoren beiderlei Geschlechts aus zahlreichen auch außereuropäischen Ländern.

Sollten die Frauen nun zusätzlich noch eine Parallelveranstaltung unter Ausschluss der Männer organisiert haben? Wozu?

Aus Details des Berichts, in dem nur Autorinnen zu Wort kamen, konnte man als Eingeweihter allerdings erkennen, dass es sich just um das erwähnte traditionsreiche Treffen handelte, aus dem nunmehr die Teilhabe der Männer ganz ungeniert eskamotiert worden war.

Von einer Pause oder einem Hiatus zwischen dem Nomen und der weiblichen Pluralendung war schon damals nichts zu hören gewesen.

Entgegen anderslautenden Beteuerungen ist der "gendersensible" Knacklaut nur selten deutlich vernehmbar und woran sich die Mehrheit der Zuhörer und Zuschauer tatsächlich stört, sind hingegen die immer häufiger sich einschleifenden femininen Endungen, die das generische Maskulinum ersetzen sollen, stattdessen jedoch nur für Verwirrung sorgen.

Während gegenderte Schriftsprache sich durch die Verunstaltung von Orthographie und Grammatik regelrecht aufdrängt, soll sich das Klangbild der neuen Herrschaftssprache möglichst unauffällig einschleifen.

Das Ergebnis ist Gegenwartsfälschung (in Funk und Fernsehen), und zwar im Minutentakt. Ich wähle zur Verdeutlichung ein besonders infames Beispiel:

Am 18. März gedachte Italien "der über 300 an Covid-19 gestorbenen Ärztinnen", so berichtete das heute-Magazin des ZDF. Die nationale Vereinigung italienischer Ärzte und Chirurgen (FNOMC) veröffentlichte zu diesem Anlass online einen Elenco, eine namentliche Liste der Verstorbenen.

Die Auswertung ergibt: 332 Tote, darunter 14 Frauen. Das macht rund drei Prozent, bei einem weiblichen Anteil von 40 Prozent an der Ärzteschaft insgesamt! Selbst das stärkere Immunsystem und das geringere Alter mitgerechnet, hätten bei vergleichbarem Einsatz doch mindestens ein Drittel der Toten Frauen sein müssen.

Es bewahrheitet sich einmal mehr: an den lebensgefährlichen Fronten agieren und sterben in Krisenzeiten wie eh und je vornehmlich die Männer. Neu ist, dass ihr Opfer - hier ist das arg strapazierte Pathoswort ausnahmsweise angebracht - massenmedial wirksam zum Verschwinden gebracht wird.

Nicht immer bleibt der Betrug unentdeckt, zumal im Fernsehen Text und Bild oft in Echtzeit abgeglichen werden können. Wenn in Amsterdam junge Männer gegen den Lockdown randalieren und die Nachrichtensprecherin diese als "Demonstrantinnen" bezeichnet, wird sich mancher Zuschauer an den Kopf fassen; oder schallend loslachen, wenn die ARD von nichtexistenten Hamas-Kommandeurinnen faselt.

Doch man muss schon Baerbock heißen, um die Irreführung derart auf die Spitze zu treiben, dass sie in ihr Gegenteil umschlägt: wenn die Kanzlerkandidatin auf einer Pressekonferenz verspricht, "für die Rechte von Stahlarbeiterinnen zu kämpfen", also für die 9,6 Prozent der in der Stahlindustrie beschäftigten Frauen, dann verstehen die potenziellen Wähler das schon richtig: für die Rechte der 90,4% männlichen Beschäftigten würde sie sich als "die Kanzlerin aller Deutschen" in ihrer "feministischen Republik" auf keinen Fall einsetzen.

Wer die Gegenwart fälscht, schreckt auch vor Geschichtsfälschungen nicht zurück. Selbst da, wo - langatmig, ermüdend (und gegen den Protest der überwältigenden Mehrheit der Gebührenzahler) - beide Geschlechter aufgezählt werden, herrscht krude Manipulation.

Joe Biden etwa hatte bei seiner Antrittsrede als Präsident die Dramatik der Corona-Epidemie damit veranschaulicht, dass durch sie in den USA bereits mehr Menschen gestorben seien als "american soldiers" im Zweiten Weltkrieg.

In der gegenderten deutschen Version werden die Gefallenen zu "amerikanischen Soldatinnen und Soldaten". Tatsache ist, dass rund 406.000 amerikanische Soldaten im Zweiten Weltkrieg gestorben sind, keine einzige Frau war an Kampfhandlungen beteiligt gewesen.

Möglich, dass einige beim Nachschub oder im Sanitätsdienst beschäftigte "Soldatinnen" durch Luftangriffe umgekommen sind: rechtfertigt das die symbolische "Gleichstellung" mit Hunderttausenden männlichen Opfern?

Das Prinzip, das Aufmerksamkeitsprivileg der entscheidenden Akteure auszuhebeln, wird selbst im bescheideneren Umfang der Bundeswehr deutlich, in der es nunmehr "Soldatinnen und Soldaten" gibt, wohlgemerkt Frauen zuerst, da sie ja zwölf Prozent der Truppe ausmachen und an den Kampfeinsätzen auf Auslandsmissionen nicht beteiligt sind.

Fünf Prozent betrug ihre Quote in Afghanistan: wie viele "Soldatinnen" sind noch mal am Hindukush gestorben? Lediglich bei der Flutkatastrophe haben die Leitmedien sich mit dem Gendern zurückgehalten: allzu offensichtlich zeigten die Aufnahmen von den Katastrophengebieten in den ersten Wochen ausschließlich Männer bei den Rettungseinsätzen und Aufräumarbeiten (Feuerwehr, THW, Militär, Polizei, Freiwillige).

Doch die eigentliche Irreführung hinter den mittlerweile gut eingespielten Desinformationsroutinen ist nicht nur die permanente Aufwertung des minimalen Frauenanteils an gefährlichen oder beschwerlichen Einsatzorten; sondern mehr noch die Verhinderung der längst fälligen Grundsatzdiskussion.

Ist es überhaupt sinnvoll, Frauen permanent einzutrichtern, dass sie in allen Berufen "ihren Mann stehen" sollen, auch in jenen, die sie schon wegen des exorbitanten, jedes Privatleben aufzehrenden Zeitaufwands (z.B. in Politik und Wirtschaft) meiden, aber auch in jenen, die mit einem körperlichen Aufwand verbunden sind, den sie nicht leisten können? Warum dann nicht gleich Quoten fordern für die richtig harten, dreckigen, gesundheitsschädlichen Jobs bei der Müllabfuhr, in den Kohlegruben, der Kanalisations- und Starkstromwartung, in der Dachdeckerei oder im Straßenbau?

Dazu schweigen die Gleichstellungsbeauftragten. Und dazu, dass 97 Prozent aller tödlichen Arbeitsunfälle Männer betreffen - ein Umstand, über sich bezeichnenderweise noch nie jemand öffentlich empört hat.

Sollte am Ende doch etwas Wahres dran sein an der offenkundigsten Tatsache unter der Sonne, der biologischen Differenz von Mann und Frau? Und an der schamlosen sozialen Ausbeutung, der leistungsphysiologischen "Vergenderung" dieser Differenz?

Das Kabarett der Marionetten

Das zweite Mittel der Wahl, das generische Maskulinum zu ersetzen, ist das Partizip 1. Es wird zwar genau so falsch verwendet wie das "Femininum", das noch kein einziges Mal bislang "generisch" funktioniert hat, aber die manipulative Essenz seiner Botschaften ist schwieriger zu entschlüsseln. Manches mag nur Schmunzeln verursachen, etwa wenn der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) - prompt von der heute-Redaktion des ZDF sekundiert - zum Gedenken an im Straßenverkehr "getötete Radfahrende" aufruft; oder die Tagesschau von den "zur Schule Gehenden" berichtet, die "zu Hause bleiben müssen".

Man könnte das gelassen hinnehmen: sollen doch gestandene Moderatoren und Nachrichtensprecher sich für unfreiwillige Kabarettnummern hergeben. Das würde eher für die Harmlosigkeit des albernen Jargons sprechen.

Bei näherer Betrachtung jedoch drängt sich die Frage auf: kann eine Ideologie ihren Einfluss raffinierter unter Beweis stellen, als indem sie vernunftbegabte Wesen solche an Lächerlichkeit nicht zu überbietenden Sprechblasen von sich geben lässt?

"Wir haben die Macht, euch alle wie Idioten plappern zu lassen", triumphieren die Gleichstellungsfunktionäre und setzen darauf, dass die Deformation der Sprache mit der Zeit die Menschen, die sie im Munde führen, selbst deformiert. Das nennt der totalitäre Tugendterror seit jeher "Umerziehung".

Subtiler funktioniert die Falschverwendung des Partizip 1 bei Status- und Berufsbezeichnungen, die neuerdings fester Bestandteil unserer Alltagssprache geworden sind. Nehmen wir stellvertretend die notorisch "Studierenden".

Ein Partizip wird bekanntlich aus dem Infinitiv eines Verbs gebildet und signalisiert Simultaneität, Aktivität, Unabgeschlossenheit der gerade ablaufenden Handlung: partizipieren heißt "dabeisein, am Geschehen teilnehmen". Es ist ein Verbaladjektiv, das schon deshalb nur in absoluten Ausnahmefällen personenbezogen substantiviert werden darf, weil es eine integrale Aussage trifft: wer damit bezeichnet wird, tut oder ist nichts anderes als das (Lebende, Liebende, Überlebende).

Studierende sind demnach ungefiederte Zweibeiner, die 24 Stunden am Tag über Bücher oder vor Monitoren bzw. in Vorlesungen und Seminaren hocken.

Wenn aber ein schlafender, essender, tanzender Studierender ein Widerspruch in sich ist, verrät die Sprache die wahre Intention ihrer Verwalter oder zumindest den Ungeist ihrer illokutionären Übergriffe: dass sich die jungen Männer und Frauen schon früh daran gewöhnen sollen, in einer auf marktkonforme Ausbildung eingerichteten Zuchtanstalt nicht als Menschen aus Fleisch Blut zu gelten, die auch mal essen und schlafen, lachen, tanzen und lieben, sondern nur zu studieren haben.

Und natürlich zu gehorchen: wenn du nicht genderst, wirst du schlechter benotet. Nicht zufällig begann die sprachliche Umetikettierung der experimentellen Lebensphase par excellence in eine Hamsterradexistenz zeitgleich mit der Modularisierung der Studiengänge im Zuge der Bologna-Reform.

Mit "Gendergerechtigkeit" hat das alles nichts zu tun. Zur Erinnerung: Schon die Verwendung des englischen Lehnworts in allen kurrenten Verbindungen, von Gender Studies bis Gendermainstreaming, ist schlicht ein Fake.

Denn gender heißt "soziales Geschlecht" in einem prinzipiell geschlechterneutralen Sinn. Seit 30 Jahren indes verfolgt das Gendermainstreaming eine ausschließlich feministische Agenda, die zu einer massiven Diskriminierung von Jungen und Männern an Schulen und Universitäten, im Beruf und vor Gericht geführt hat.

"Gendergerechtigkeit" ist nur ein Tarnname für Frauenförderung, so wie "Gleichstellungsbeauftragte" (Frauenquote 100 Prozent) ausschließlich die Privilegierung von Frauen verfolgen bis hin zur sanktionsbewährten - verfassungswidrigen und selbst nach eigenem Amtstatut unrechtmäßigen - Nötigung, an Universitäten, in Behörden und Medienanstalten genderlinguistisches Falschdeutsch schreiben und sprechen zu lassen

3. Der psychohistorische Horizont

Der Kampf gilt also dem generischen Maskulinum, das zusehends unverfrorener ersetzt wird durch falsche Partizipien, die bestenfalls Lacher und durch ein von der deutschen Sprache nicht vorgesehenes generisches Femininum, das wie gezeigt nur Desinformationen produziert.

Demgegenüber steht das generische Maskulinum für das gemeinsame, geschlechterübergreifende Gattungsprojekt, das sich Zivilisation nennt. "Generisch" heißt wörtlich gattungsbezogen in der vollen Abstraktion dieses Wortes. Das generische Maskulinum ist darum seit jeher inklusiv und meint Männer und Frauen gleichermaßen, weil es in ihm stets um die Tätigkeit, den Beruf, den Status, die Funktion, die Eigenschaft des jeweiligen Menschen geht - und nicht um sein Geschlecht (und schon gar nicht um Herkunft oder Hautfarbe).

Für die Geschichte der Geschlechterdynamik bedeutet das Konzept des generischen Maskulinums, dass das Männliche, das praktisch alle Berufe und durch sie die gesamte Zivilisation hervorgebracht hat, symbolisch gleichsam von seinem Werk zurücktritt und in Anerkennung des zwar selbstverständlichen, aber nicht objekthaft manifesten weiblichen Anteils daran – der Reproduktion und Erziehung des Nachwuchs – die linguistischen Markierungen der handelnden Subjekte, die nomina agentis auf eine Weise verallgemeinert, die es allen Mitgliedern einer Gesellschaft erlaubt, sich darin repräsentiert zu fühlen - vorausgesetzt diese sind als erwachsene Personen reif genug, sich nicht ausschließlich über ihr biologisches Geschlecht zu definieren.

Es bedurfte daher schon der böswilligen Unterstellung feministischer Aktivistinnen, um in einem stets projektbezogenen Genus einen Mangel zum Nachteil der Frauen zu entdecken; und es musste dieser psychohistorische Verdacht fast ein halbes Jahrhundert lang skandalisiert werden, bis er von mehr als dem einen Promille der Bevölkerung zur Kenntnis genommen wurde, in dessen Namen die unbelehrbare Geschlechterhetze angeheizt wird. Ein Langzeitexperiment aber, das selbst nach drei Jahrzehnten - jetzt nur die heiße Phase der verwaltungspolitischen Erzwingung des Gendersprechs gerechnet - von der großen Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird, obwohl sie sich tagtäglich und mit steigender Frequenz einer massiven, von Leitmedien und Politik vorangetriebenen Indoktrination ausgesetzt sieht.

Ein solches Experiment darf endgültig als gescheitert betrachtet werden.

Erst die skizzierte, in der Debatte bislang vernachlässigte, sprach- und geschlechteranthropologische Dimension der aktuellen Auseinandersetzungen um "gendergerechte" Sprache ermöglicht einen nüchternen Blick auf den Verrat des Feminismus am Geschlechtervertrag, der jedem Gesellschaftsvertrag vorausgeht, seine Aufkündigung einer zwar nie konfliktfreien, aber seit Jahrtausenden gut eingespielten arbeitsteiligen Gestaltung des Zivilisationsprozesses durch Mann und Frau; und auf die ganze Tragweite feministischer Anmaßung, die Repräsentanz des Männlichen aus der Sprache tilgen zu wollen, um dessen genderpolitisch instrumentierte Entmachtung und Entrechtung zu legitimieren.

Die überlegene Integrationskraft des Generischen Maskulinums in Verruf zu bringen ist dabei von allen separatistischen Bestrebungen des Feminismus zweifellos die hinterhältigste, weil sie sein historisch überholtes Opferdenken gleichsam aus dem Off weiter beschwört: feminine Endungen wären ja nicht nötig, würden Frauen nicht nach wie vor diskriminiert.

Die sprachpolizeiliche Anweisung, "diskriminierungsfreie Sprache" zu verwenden, kommt also dem Befehl gleich, einer falschen Vorstellung vom Machtgefüge des Geschlechterverhältnisses Ausdruck zu verschaffen. Darum ist sie auch eine gedankenpolizeiliche Maßnahme.

Du sollst so schreiben und sprechen, dass deutlich wird, dass auch du der Auffassung bist, Frauen seien sprachlich unterrepräsentiert, weil sie real benachteiligt werden. Ob man will oder nicht, man soll dem zentralen Ideologem des Feminismus, das nur am Köcheln gehalten wird, weil dieser ohne ihn - man kann es nicht oft genug wiederholen - seine Existenzberechtigung verlieren würde, wider alle Evidenz weiter Geltung verschaffen.

Mehr denn je insistiert der Feminismus nun, da alle Forderungen der Frauenbewegung erfüllt sind, auf den linguistischen Ausgleich für eine nur in seinem Opferfantasma fortexistierende Benachteiligung der Frau.

Es scheint, als ob der Widerstand eines Großteils der Bevölkerung gegen die sprachliche Gängelei nicht zuletzt der intuitiv richtigen Einschätzung geschuldet ist, dass sie weder rechtlich noch normativ und schon gar nicht sachlich legitimiert ist.

Umgekehrt wäre es vielmehr an der Zeit zu fragen, ob Feministinnen deshalb das generische Maskulinum abschaffen möchten, weil sie insgeheim doch der Meinung sind, Frauen seien zu der in ihm artikulierten, von Männern eingeführten Kulturtechnik, sich mit einem Beruf, einer Funktion, einer Tätigkeit zu identifizieren, in ihr voll und ganz aufzugehen, gar nicht fähig; also zu einer Abstraktionsleistung, die das Transzendieren persönlicher, auch und gerade geschlechtlicher Bedingtheiten erfordert.

Doch Tatsache ist, dass immer mehr Frauen die Vorzüge dieser neuen Identität neben, nicht anstelle, der biologischen genießen, die der Feminismus partout nicht akzeptieren will, ansonsten er nicht darauf erpicht wäre, ihre sprachliche Repräsentanz mit einem linguistischen Kopftuch zu versehen.

Man braucht allerdings keine prophetische Begabung, um vorherzusehen, dass die Verdrängung des generischen Maskulinums durch ein pseudogenerisches Femininum das Verhältnis zwischen Mann und Frau auf unabsehbare Zeit vergiften wird. "Die Spur der Verwüstung durch die deutsche Sprache" (Peter Eisenberg) wird nicht die einzige toxische Hinterlassenschaft feministischen Machtmissbrauchs sein.

4. Wir und nicht sie (Manifest)

Im Lichte dieser Befunde muss man angesichts des deutschen Wahlkampfs konstatieren, dass er von einer Stellvertreterdebatte begleitet wird: landauf landab hat man sich über vergleichsweise kleine Fehltritte, Unstimmigkeiten und Unglaubwürdigkeiten in der Selbstdarstellung der Kanzlerkandidatin echauffiert, weil niemand sich traut es offen auszusprechen.

"Wir" (wer immer sich angesprochen fühlt) wollen keine "feministische Republik", in der unter Berufung auf einen angeblichen Verfassungsauftrag alle nur irgend lukrativen, komfortablen oder imageträchtigen Posten und Machtpositionen in dieser Gesellschaft nur noch nach Geschlecht statt nach Qualifikation besetzt werden.

"Wir" wollen keine Kanzlerin, die "uns" vorschreibt, wie "wir", unter Missachtung elementarer Regeln der deutschen Grammatik, zu sprechen haben.

"Wir" wollen nicht, dass die täglich umfassender um sich greifende Bevormundung durch die demokratisch nicht legitimierten Gleichstellungskader in Politik, Behörden, Unternehmen, Institutionen und Medien auch noch vom Kanzleramt abgesegnet und flächendeckend durchgesetzt wird.

"Wir" haben es satt, tagaus tagein massenmedial behelligt zu werden mit demselben misandrischen Lügengespinst über angebliche Männerseilschaften in Politik und Wirtschaft (die von keiner erfolgreichen Karrierefrau jemals bestätigt wurden); über einen angeblichen Genderpaygap (der seit spätestens 2016 nicht mehr existiert, man muss nur die Angaben des Bundesamts für Statistik "bereinigen", um auf eine Differenz von 1,4 Prozent zu kommen); über die angebliche Alleinurheberschaft der Männer für häusliche Gewalt (für die der eisern beschwiegene Anteil der Frauen allein im Hellfeld ein Drittel beträgt); über die angeblich allgegenwärtige Rape-Culture (laut Experten mindestens zur Hälfte Falschbeschuldigungen); über den angeblichen Frauenmalus in der Öffentlichkeit (den es offenkundig, siehe den anfänglichen Hype um Baerbock, nicht gibt, im Gegenteil).

Übersetzt in die Sprache politischer Pragmatik: Die Grünen haben es im Wahlkampf (man denke nur an die Kandidatenkür oder die saarländische Landesliste) und in ihrem Wahlprogramm bewiesen: Sie sind entschlossen, der hemmungslosen Bevorzugung von Frauen strategisch die absolute Priorität noch vor dem Klima, den Renten, der sozialen Gerechtigkeit, dem Wohnungsbau, der Verkehrspolitik usw. einzuräumen.

Sie haben sozialpolitisch überhaupt keine andere Agenda als Gendern und Quoten. Ein grün geführtes Kabinett würde schon deshalb vor den anstehenden Problemen versagen, weil es sich im Würgegriff einer feministischen Programmatik an unzähligen Fronten des Widerstands dagegen, wenn nicht aufreiben, so doch mindestens verzetteln wird.

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