Städel im Glück

Das Ehepaar Margarethe und Klaus Posselt hat dem Frankfurter Städel-Museum eine Sammlung mit Werken der deutschen Nachkriegskunst geschenkt. Darunter sind beispielsweise auch Arbeiten von Joseph Beuys.
Es ist eine gute Zeit für den Städel. Nicht einmal fünf Monate des Jahres 2011 sind vergangen und dem Museum wird die dritte hochkarätige Sammlung übereignet. Direktor Max Hollein ist inzwischen geübt darin, von „Großzügigkeit“ zu sprechen, auch „großherzig“ nennt der Wiener gern, was da im Gange ist. Es ist eine Aufholjagd, die da stattfindet. Das altehrwürdige Kunstinstitut am Main hat große Lücken im Bestand der Gegenwartskunst und Hollein will sie schließen.
Während das Städel sich in den Nachkriegsjahrzehnten also bei Ankäufen zurückhalten sollte und musste, waren andere tätig. Die Sammlerin Margarethe Posselt zum Beispiel, für die „bildende Kunst schon immer eine Rolle spielte“, war seit Jugendtagen in der Szene unterwegs. Sie pflegte den Kontakt zu vielen Künstlern in Deutschland-West, dann auch in -Ost und kaufte, zusammen mit ihrem Mann Klaus Posselt, Gemälde, Graphiken und Skulpturen ein.
Annäherung über Chagall und Mirò
Am Dienstag zeigten sich die beiden im Städel, denn es wurde veröffentlicht, dass 13 der abstrakten Gemälde, 48 Graphiken und neun Skulpturen jetzt dem Städel gehören. Und wenn das Paar, das im fortgeschrittenen Alter noch in Bonn eine Galerie eröffnet hat, nicht mehr am Leben ist, kommen laut Museum „erbvertraglich“ zehn weitere Werke dazu. Besonders wichtig sind für die Sammlung die Werke von Hermann Glöckner (1889 bis 1887), geboren in Cotta bei Dresden und Karl Otto Götz (geboren 1914), der an der Düsseldorfer Kunstakademie die Szene-Größen Gerhard Richter und Sigmar Polke unterrichtete.
„Unser Städel. . .“ sinnierte die Stifterin, denn sie hatte mit Mann und Kindern einst in Frankfurt gelebt und ist „immer wieder hierher zurückkehrt“. Margarethe Posselt trat genauso auf, wie man sich eine Mäzenin denkt: elegant, zurückhaltend, ein bisschen scheu. Direktor Hollein braucht die Öffentlichkeit, sie wohl weniger; da ermunterte er sie: „Sie müssen jetzt ein bisschen leiden.“ „Wir danken, dass Sie die Bilder so wohlwollend aufgenommen“, nahm sie höflich das Wort. Margarethe Posselt hatte sich der Kunst als Jugendliche nach dem Krieg „auf Kalenderblättern und Postkarten“ angenähert und war, als die Phase der Graphiken von Chagall und Mirò zu Ende ging, „in die sogenannte informelle Kunst vorgestoßen, die sich von der Figur gelöst hat“. Der Vorstoß wurde zu einem „intensiven Kontakt“ und „dem Wunsch, die junge Kunst zu unterstützen“.
Gleich nach der Wende dann brach die Dame auch nach Dresden und Leipzig auf, „um Kunst aufzuspüren“. Da fühlte sie sich wieder jung, denn „die Leute waren sehr neugierig, etwas aus dem Westen zu erfahren“. Also hat sie in der damals in Westdeutschland vollkommen unbekannten Szene „Nächte durchdiskutiert“. Das Atelier des 1987 verstorbenen Hermann Glöckner, der in der DDR um Anerkennung ringen musste, „war noch original vorhanden, wie er es verlassen hatte“ und sie „konnte alles in die Hand nehmen und umdrehen“. So kann Martin Engler, der Sammlungsleiter für die Gegenwartskunst im Städel, demnächst allein von Glöckner drei Gemälde und neun Skulpturen eingruppieren.
BRD vs. DDR: Blick auf Kulturkampf
Seine Kollegin Jutta Schütt kann „das Vakuum“ im Bestand von 100 000 Arbeiten der Graphischen Sammlung mit sechs Glöckner-Graphiken füllen. Für diese Kuratorin ist der Neuzugang ein Anstoß, „zu schauen, dass sich im Museum etwas bewegt“.
Damit ist die Motivation angesprochen, die Sammlung ständig zu erweitern; in der Kunst gelte es , „große Erzählbögen zu schlagen“. Am Schaffen des konstruktivistischen Malers und Plastikers Glöckner lässt sich nicht zuletzt auch der zwischen Bundesrepublik und DDR herrschende Kulturkampf aufzeigen: „Abstrakte Kunst durfte es nicht geben“, informierte Martin Engler.
Städel im Glück. Eines Tages, hatte das Bonner Ehepaar im Museum „über einen Dritten mal angefragt; sie hätten da etwas wegzugeben“. Wahrscheinlich geschah es auf überaus vorsichtige Weise; „ich selber habe dem den Wert nicht beigemessen“, erwähnte Margarethe Posselt noch.