JA
Adelheid Rupp, Landessprecherin der Linken Bayern
Die Einübung des Schulstoffs ist für uns zu wichtig, als dass wir diesen Prozess als plumpe Hausaufgabe in die Heimarbeit auslagern wollen. Das Verinnerlichen des Gelernten ist grundlegender Bestandteil des Lernprozesses. Gerade deshalb darf dieser so wichtige Teil der Bildung nicht in das Kinderzimmer oder an den Küchentisch weggeschoben werden. Daher wollen wir die Hausaufgaben abschaffen und dafür mehr Zeit im Unterricht für das gemeinsame Üben schaffen.
Denn Lerndefizite können im Unterricht besser erkannt und behoben werden. Durch die Besprechung der Hausaufgaben fehlt wertvolle Übungszeit im Unterricht. Die Besprechung ist für diejenigen Schüler*innen sinnvoll, die die Hausaufgaben (mit oder ohne Unterstützung) erledigen konnten, für die anderen Schüler*innen nicht.
In dieser Zeit könnte aber auch gemeinsam geübt und individuell unterstützt werden. Zahlreiche Studien zeigen, dass Hausaufgaben nicht den gewünschten Lern- und Einübungseffekt haben. Trotz der nachweislich geringen Wirkung sind Hausaufgaben nach wie vor gängige Praxis. Das, was für Lehrerinnen und Lehrer, Schüler*innen und Eltern ein Erfahrungswert ist, ist mit diesen Studien, zum Beispiel von der Technischen Universität Dresden, wissenschaftlich belegt.
Aktuell fällt die Hausaufgabenbetreuung, je nach Geldbeutel der Familie, in den meisten Fällen entweder an die Mütter als Hilfslehrerinnen der Nation oder an bezahlte Nachhilfekräfte. Das eine festigt ein patriarchales Weltbild, das andere benachteiligt Familien, die sich keine Betreuung leisten können.
In Deutschland hängen die Bildungschancen der Kinder immer noch sehr vom Vermögen der Eltern ab. Das Abschaffen der Hausaufgaben wäre ein Schritt, hier umzusteuern. Alle Chancen für jedes Kind heißt für uns zehn Jahre gemeinsam und inklusiv ganztags zur Schule ohne Hausaufgaben. Eine Petition an den Bayerischen Landtag zur Abschaffung der Hausaufgaben haben wir bereits gestartet.
NEIN
Michael Piazolo (Freie Wähler), bayerischer Kultusminister
Die Forderung, Hausaufgaben abzuschaffen, ist wahrscheinlich so alt wie die Hausaufgaben selbst. Zugegeben, als Schüler habe ich auch manchmal die Hausaufgaben als eine unliebsame Unterbrechung meiner Freizeit empfunden. Mathematikaufgaben rechnen oder Vokabeln lernen – es gibt sicher vieles, was man an einem schönen Nachmittag lieber täte. Andererseits war mir aber immer klar: Hausaufgaben sind wichtig und helfen mir beim Lernen.
Auch als Kultusminister bin ich überzeugt: Hausaufgaben sind sinnvoll und wertvoll. Die Schülerinnen und Schüler können den Lernstoff üben und wiederholen. Sie können selbst in Ruhe recherchieren, zum Beispiel für Referate, Portfolios oder Präsentationen.
Und Hausaufgaben motivieren die Schülerinnen und Schüler, eigenständig Probleme zu lösen. Sie lernen, eigene Wege zu gehen, und überlegen sich kreative Lösungsansätze. Hausaufgaben sind deshalb ein unverzichtbares Feedback für den eigenen Lernerfolg: Was kann ich schon? Was habe ich noch nicht verstanden? Was muss der Lehrer noch erklären? Was muss ich noch üben? Besser man merkt das bei den Hausaufgaben als in der Prüfung.
Eines ist mir aber ganz wichtig: Hausaufgaben sind für die Schülerinnen und Schüler – nicht für die Eltern! Sie müssen so gestellt sein, dass die Schülerinnen und Schüler sie ohne fremde Hilfe lösen können. Wenn Eltern zusammen mit ihren Kindern Hausaufgaben machen, ist das natürlich hilfreich und wertvoll, aber es ist besser, wenn die Lehrkraft das Feedback gibt und sieht, wo noch Lücken sind.
Klar ist aber auch: Hausaufgaben dürfen nicht zu viel Zeit in Anspruch nehmen. In Bayern geben wir deshalb in den Schulordnungen vor, dass die Zeit für Hausaufgaben in einem angemessenen Rahmen bleiben muss. Zugegeben: Hausaufgaben sind nicht immer beliebt, aber sie sind wertvoll. Und: Nach getaner Arbeit macht die Freizeit noch mal doppelt so viel Spaß.
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