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BTGA Almanach 2024

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KALKSCHUTZ-<br />

ABER NATÜRLICH<br />

<strong>BTGA</strong> -<br />

ALMANACH<br />

<strong>2024</strong>


<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

Zum Geleit<br />

Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Dürheimer,<br />

Präsident des <strong>BTGA</strong><br />

Frank Ernst,<br />

Hauptgeschäftsführer des <strong>BTGA</strong><br />

Die Branche der Technischen Gebäudeausrüstung<br />

(TGA-Branche) schaut mit Sorge auf<br />

die Prognosen zur wirtschaftlichen Entwicklung<br />

in den Jahren <strong>2024</strong> und 2025: Der Einbruch<br />

in der Bauindustrie im vergangenen<br />

Jahr und die Verunsicherung, die durch politische<br />

Entscheidungen verursacht wurde,<br />

haben zu schlechten Aussichten auf die Auftragszahlen<br />

der kommenden Jahre geführt.<br />

Die Förderstopps Anfang und Ende 2023,<br />

der holprige Start der neuen Bundesförderung<br />

für effiziente Gebäude, ideologisch getriebene<br />

Vorgaben, endlose politische Streitereien<br />

sowie die Debatten und die rechtliche<br />

Auseinandersetzung um die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes<br />

haben dem Vertrauen<br />

in den Gestaltungswillen und die Verlässlichkeit<br />

politisch gesetzter Rahmenbedingungen<br />

der Bundespolitik nachhaltig geschadet. Die<br />

damit verbundene, in weiten Teilen unsachliche,<br />

falsche und polemische Berichterstattung<br />

hat diesen Trend zusätzlich verstärkt.<br />

Es ist für die gesamte Wirtschaft unseres<br />

Landes von entscheidender Bedeutung, den<br />

Weg zurück zu einer klaren, verständlichen,<br />

erklärenden und vor allem ehrlichen Kommunikation<br />

zu finden. Politik muss die Ziele<br />

und die als erforderlich erkannten Maßnahmen<br />

und Instrumente klar benennen und erklären.<br />

Diese müssen darüber hinaus längerfristig<br />

argumentativ und fördernd unterstützt<br />

werden – sowohl ideell als auch finanziell.<br />

Nur so sind vernünftige Entscheidungen<br />

möglich. Unternehmerinnen und Unternehmer<br />

dürfen nicht länger Spielball aufgeschobener<br />

oder revidierter Entscheidungen der<br />

Politik sein, sie brauchen vor allem verlässliche<br />

Rahmenbedingungen. Nur so können<br />

sie ihrer Verantwortung für die Gestaltung<br />

der Energie- und Gebäudewende, für sichere<br />

Arbeitsplätze und für das Funktionieren der<br />

Wirtschaft gerecht werden.<br />

Die vorliegende Ausgabe des <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong>s<br />

ist wieder ein faszinierendes Kompendium<br />

von Fachkenntnissen, Best Practices<br />

und wegweisenden Projekten. Sie spiegelt<br />

die Vielfalt der Disziplinen wider, die in<br />

der Gebäudetechnik zusammenkommen –<br />

von der Heizungs-, Lüftungs-, Klima-, Sanitär-<br />

und Elektrotechnik bis zur Regelungstechnik<br />

und Gebäudeautomation. Die Beiträge<br />

illustrieren eindrucksvoll, wie diese verschiedenen<br />

Elemente ineinandergreifen, um<br />

Gebäude effizienter, intelligenter und klimafreundlicher<br />

zu gestalten.<br />

Ein besonderer Schwerpunkt dieses <strong>Almanach</strong>s<br />

liegt auf der Hygiene unseres wichtigsten<br />

Lebensmittels: Trinkwasser. Verschiedene<br />

Fachleute beleuchten in ihren Beiträgen<br />

die geltenden Vorgaben für einen hygienischen<br />

Betrieb von Trinkwasser-Installationen<br />

und präsentieren Lösungsansätze für<br />

das Spannungsfeld zwischen „Gesundheitsschutz“<br />

und „Energieeffizienz“.<br />

Die Digitalisierung und die damit einhergehenden<br />

Chancen und Herausforderungen<br />

bilden einen weiteren Schwerpunkt<br />

des <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong>s. Die zunehmende Vernetzung<br />

von Gebäuden, die Integration von<br />

Künstlicher Intelligenz und die Nutzung von<br />

Big Data eröffnen neue Horizonte für die Gebäudetechnik.<br />

Gleichzeitig erfordern sie jedoch<br />

ein vertieftes Verständnis, verantwortungsvolle<br />

Anwendungen und eine ständige<br />

Weiterentwicklung der Sicherheitsstandards.<br />

Ein Fokus des <strong>Almanach</strong>s liegt auf den<br />

Menschen, die hinter der Technik stehen: Die<br />

Fachleute der Gebäudetechnik sind nicht nur<br />

Techniker, Ingenieure oder Planer, sondern<br />

Gestalter einer lebenswerten Umwelt. Ihre<br />

Expertise, ihre Leidenschaft und ihr Innovationsgeist<br />

prägen die TGA-Branche und tragen<br />

dazu bei, dass Gebäude nicht nur funktionale<br />

Räume sind, sondern Orte des Wohlbefindens,<br />

der Effizienz und der Sicherheit.<br />

Wir wünschen eine lohnende und erkenntnisreiche<br />

Lektüre!<br />

<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 3


<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Zum Geleit<br />

Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Dürheimer,Präsident des <strong>BTGA</strong><br />

Frank Ernst,Hauptgeschäftsführer des <strong>BTGA</strong> 3<br />

<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

Die Organisationsstruktur des <strong>BTGA</strong> 6<br />

Der <strong>BTGA</strong> und seine Landesverbände 8<br />

Direkt- und Fördermitglieder des <strong>BTGA</strong> 9<br />

Technische Trends und Normung<br />

Gasbrennwertgeräte für den Betrieb mit Wasserstoff<br />

Dr.-Ing. Manfred Dzubiella, Head of Technical Innovation Management,<br />

Viessmann Climate Solutions SE, Allendorf<br />

Dipl.-Ing. (FH) Wolfgang Rogatty, Lead Trade Media,<br />

Viessmann Climate Solutions SE, Allendorf 10<br />

Versorgung auf Abruf durch Frischwasserstationen<br />

Adam Zuchowski, Produktmanager Energie & Wasserspeicher,<br />

Reflex Winkelmann GmbH, Ahlen 14<br />

Zu hohe Temperaturen in Deutschlands Schulen<br />

Dr.-Ing.Claudia Kandzia, Technische Referentin, FGK e.V.<br />

Thomas Waldhecker,Technischer Oberlehrer a. D., BLV e.V. 16<br />

Gebäudeautomation – Anforderungen an Investoren,<br />

Bauherren und Betreiber von Gebäuden<br />

Dipl.-Ing. Maik Benjamin Maibaum, Lead Solution Manager,<br />

Digital Water, Grundfos GmbH, Erkrath<br />

Dipl.-Ing. (FH) Franz Rebmann, technischer Referent, <strong>BTGA</strong> e. V. 20<br />

Gebäudeautomation –<br />

Gesetzliche Anforderungen fristgerecht umsetzen<br />

Dr.-Ing. Klaus Menge, Geschäftsführer,<br />

Horst Zacharias, Geschäftsführer, NEXZA GmbH, Hameln 22<br />

Zellularer Ansatz: Effiziente Lösung für die Zukunft der TGA<br />

Dipl.-Ing. Lukas Richter,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der AG „Intelligente hybride Heiztechnologien“,<br />

Bereich „Thermo-chemische Konversion“, DBFZ, Leipzig<br />

Dr.-Ing. Volker Lenz, Bereichsleiter „Thermo-chemische Konversion“,<br />

Forschungsschwerpunktleiter „Intelligente Biomasseheiztechnologien“,<br />

DBFZ, Leipzig<br />

M. Sc. Martin Dotzauer,<br />

Wissenschaftlicher Mitarbeiter der AG „Biomasse im Energiesystem“,<br />

Bereich „Bioenergiesysteme“, DBFZ, Leipzig<br />

Prof. Dr.-Ing. habil. Joachim Seifert,<br />

Professur für Gebäudeenergietechnik und Wärmeversorgung, TU Dresden 24<br />

Zukunfts-Projekt: Energetische Sanierung im Gesundheitswesen<br />

Michael Jentzsch, Gebietsverkaufs leiter-Ost,<br />

Priva Building Intelligence GmbH, Tönisvorst 30<br />

Einfluss der Betriebsführung auf die Trinkwasserqualität<br />

Timo Kirchhoff M.Eng.,<br />

Leiter Produkt management, Gebr. Kemper GmbH + Co. KG, Olpe<br />

Prof. Dipl.-Ing. Bernd Rickmann, Ehem. FB Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster<br />

Prof. Dr. Lars Rickmann, FB Technik und Wirtschaft,<br />

SRH Hochschule in Nordrhein-Westfalen, Hamm<br />

Prof. Dr. Werner Mathys, Ehem. Institut für Hygiene, Universitätsklinikum Münster<br />

Prof. Dr.-Ing. Carsten Bäcker, FB Energie, Gebäude, Umwelt, FH Münster 34<br />

Das Resort Luisenhöhe – nicht alltägliche Herausforderungen<br />

Nicola Holweg M.A., Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,<br />

aquatherm GmbH, Attendorn 40<br />

Trinkwasserhygiene und Energiesparen im Einklang<br />

Dr. Peter Arens, Hygienespezialist, Schell GmbH & Co. KG, Olpe 44<br />

Arbeitsplätze für die Zukunft<br />

Dr.-Ing. Klaus Menge, Geschäftsführer,<br />

FRENGER SYSTEMEN BV Heiz- und Kühltechnik GmbH, Groß-Umstadt 48<br />

Qualifizierte Planung ist Grundlage<br />

für klimaresiliente Trinkwasserinstallation<br />

Dr. Christian Schauer, Leiter des Kompetenzbereichs Trinkwasser,<br />

Corporate Technology, Viega GmbH & Co. KG, Attendorn 52<br />

Nachhaltigkeit im Wohnungsbau<br />

Gerald Obernosterer, Leiter Key Account für Wärmenetze, Thermaflex<br />

Isolierprodukte GmbH, Herford<br />

Franz Rebl, Geschäftsführer Rebl & Penzkofer Immobilien GmbH &<br />

Geschäftsführer Franz Rebl Malereibetrieb GmbH, Landau an der Isar<br />

Alexander Penzkofer, Geschäftsführer Rebl & Penzkofer Immobilien GmbH &<br />

Geschäftsführer Penzkofer Bau GmbH, Regen 56<br />

Standardisierte oder spezialisierte Befestigungslösungen?<br />

Wolfgang Schwugier, Software & Service Manager Fastening and Protection,<br />

Hilti Deutschland AG, Kaufering 58<br />

Wirtschaftliche und umweltfreundliche Sicherheitsstromversorgung<br />

Dipl.-Ing. (FH) Stephan Kleiner, Key Account Manager für das Gesundheitswesen<br />

bei Bosch Thermotechnik GmbH, Buderus Deutschland, Wetzlar<br />

Dipl.-Ing. (FH) Vitalij Klassen, Produktmanager für KWK-Systeme und<br />

Stromspeicher bei Bosch Thermotechnik GmbH, Buderus Deutschland, Wetzlar 62<br />

Innovatives Ermitteln der Innenraumqualität<br />

mittels Simulationsmethoden und Virtual Reality<br />

Lukas Schmitt M.Sc., Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Hermann-Rietschel-Institut,<br />

Technische Universität Berlin 64<br />

Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Mit praxisnahen Schulungen „Fit für Trinkwasser“<br />

Dipl.-Ing. M.Eng. Stefan Tuschy, Referent Berufsbildung, <strong>BTGA</strong> e.V. 68<br />

Künstliche Intelligenz im Gerichtssaal – Möglichkeiten und Grenzen<br />

Rechtsanwältin Britta Brass, Justiziarin des <strong>BTGA</strong> e.V. 72<br />

Die neue Trinkwasserverordnung 2023<br />

Rechtsanwalt Henning Wündisch, Partner, Rödl & Partner, Nürnberg<br />

Dipl.-Ing. (FH) Anke Klein, Geschäftsführende Gesellschafterin, SK+ TGM GmbH,<br />

Nürnberg 76<br />

Nominales Bauvolumen sinkt <strong>2024</strong> – Wohnungsbau bricht ein<br />

Jörn Adler, Referent für Wirtschaft und Öffentlichkeitsarbeit, <strong>BTGA</strong> e.V. 80<br />

4 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

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ABER NATÜRLICH<br />

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hydraulisch nicht optimiert und verschwendet<br />

teure Heizenergie.<br />

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sich die Heizenergie optimal verteilen<br />

kann. Bestehende Heizungsanlagen arbeiten<br />

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Herausgeber: Bundesindustrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung e.V.<br />

Hinter Hoben 149, 53129 Bonn<br />

Tel. 0228 94917-0 · Fax 0228 94917-17<br />

www.btga.de · E-Mail: info@btga.de<br />

Redaktion: Jörn Adler,<br />

Referent für Wirtschaft und<br />

Öffentlichkeitsarbeit, <strong>BTGA</strong> e. V.<br />

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<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 5


<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

Die Organisationsstruktur des <strong>BTGA</strong><br />

BDI – Bundesverband der<br />

Deutschen Industrie e. V.<br />

DIN – Deutsches Institut<br />

für Normung e. V.<br />

DVA – Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss<br />

für Bauleistungen<br />

DVGW – Deutscher Verein des<br />

Gas- und Wasserfaches e.V.<br />

EBD – Europäische Bewegung<br />

Deutschland<br />

FGK – Fachverband<br />

Gebäude-Klima e.V.<br />

IAI – Building Smart (Industrie-<br />

Allianz für Interoperabilität)<br />

Ifo – Institut für<br />

Wirtschaftsforschung e. V.<br />

planen-bauen 4.0 GmbH<br />

TWW – Technisches Weiterbildungszentrum<br />

Wolfenbüttel<br />

VDS – Vereinigung Deutsche<br />

Sanitärwirtschaft e. V.<br />

Verein für die Präqualifikation<br />

von Bauunternehmen<br />

ZIA – Zentraler Immobilien<br />

Ausschuss e. V.<br />

ZBA – Zentraler<br />

Berufsbildungsausschuss<br />

ZSPA – Zentraler<br />

Sozialpolitischer Ausschuss<br />

ZTA – Zentraler<br />

Technischer Ausschuss<br />

Fachbereiche: Elektrotechnik,<br />

Gebäudeautomation, Heizungstechnik,<br />

Kältetechnik, Raumluftund<br />

Reinraumtechnik, Sanitärtechnik<br />

ZWA – Zentraler<br />

Wirtschaftsausschuss<br />

FAR – Fachausschuss<br />

für Rechtsfragen<br />

BIM-Arbeitskreis<br />

Geschäftsführerkonferenz<br />

Präsidium<br />

Vorstand<br />

Mitgliederversammlung<br />

Fördermitglieder Direktmitglieder Landesverbände<br />

6 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


DEINZER + WEYLAND<br />

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<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

Der <strong>BTGA</strong> und seine Landesverbände<br />

Bundesindustrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung e.V.<br />

Hinter Hoben 149, 53129 Bonn<br />

Tel.: 0228 94917-0; Fax: 0228 94917-17<br />

Internet: www.btga.de<br />

E-Mail: info@btga.de<br />

Präsident: Dipl.-Ing. (FH) Bernhard Dürheimer<br />

Hauptgeschäftsführer: Frank Ernst<br />

Industrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung<br />

Baden-Württemberg e.V.<br />

Motorstraße 52, 70499 Stuttgart<br />

Tel.: 0711 135315-0; Fax: 0711 135315-99<br />

Internet: www.itga-bw.de<br />

E-Mail: verband@itga-bw.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) Jürgen Sautter<br />

Geschäftsführer: RA Jörg Staudenmayer<br />

Industrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung<br />

Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Bremen e.V.<br />

Raiffeisenstr. 18, 30938 Großburgwedel<br />

Tel.: 05139 8975-0; Fax: 05139 8975-40<br />

Internet: www.itga-mitte.de<br />

E-Mail: info@itga-mitte.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) Niko Kirchdorfer<br />

Geschäftsführer: RA Dirk Drangmeister<br />

Industrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung<br />

Bayern, Sachsen und Thüringen e.V.<br />

Am Tower 23, 90475 Nürnberg<br />

Tel.: 09128 92566-01<br />

Internet: www.itga-suedost.de<br />

E-Mail: info@itga-suedost.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) M.Eng. Andreas Sell<br />

Geschäftsführer: Dipl.-Ing. (FH) Bernd Bürner<br />

VGT – Gesamtverband<br />

Gebäudetechnik e.V.<br />

Haynauer Str. 56A, 12249 Berlin<br />

Tel.: 030 76792910; Fax: 030 7761073<br />

Internet: www.vgt-az.de<br />

E-Mail: info@vgt-az.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Ing. M.Eng. Andreas Neyen<br />

Geschäftsführerin: Dipl.-Kffr. Carola Daniel<br />

Industrieverband Technische<br />

Gebäudeausrüstung und<br />

Umwelttechnik Hessen, Rheinland-<br />

Pfalz und Saarland e.V.<br />

(nach Eintrag im Vereinsregister)<br />

Emil-von-Behring-Straße 5,<br />

60439 Frankfurt/Main<br />

Tel.: 069 95809-109; Fax: 069 95809-233<br />

Internet: www.itga-hessen.de<br />

E-Mail: info@itga-hessen.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Ing. (FH) Martin Scherrer<br />

Geschäftsführer: RA Robert von Ascheraden<br />

Industrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung<br />

und Energietechnik Nord e.V.<br />

Verband für Hamburg, Schleswig-Holstein<br />

und Mecklenburg-Vorpommern<br />

Winterhuder Weg 76, 22085 Hamburg<br />

Tel.: 040 329095-70; Fax: 040 329095-95<br />

Internet: www.itga-nord.de<br />

E-Mail: info@itga-nord.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Kfm. (FH) René Mannheim<br />

Geschäftsführer: RA Thomas Wiese<br />

Industrieverband<br />

Technische Gebäudeausrüstung<br />

Nordrhein-Westfalen e.V.<br />

Bilker Str. 3, 40213 Düsseldorf<br />

Tel.: 0211 329217/18; Fax: 0211 324493<br />

Internet: www.itga-nrw.de<br />

E-Mail: info@itga-nrw.de<br />

Vorsitzender: Dipl.-Wirtsch.-Ing. Jan Opländer<br />

Geschäftsführer: RA Tobias Dittmar, LL.M.<br />

8 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


<strong>BTGA</strong> aktuell<br />

Direkt- und Fördermitglieder des <strong>BTGA</strong><br />

Daldrop + Dr.Ing.Huber GmbH + Co. KG<br />

Daldropstr. 1, 72666 Neckartailfingen<br />

Tel.: 07127 1803-0, Fax: 07127 3839 · www.daldrop.com<br />

Direktmitglieder<br />

Direktmitglieder<br />

GA-tec Gebäude- und Anlagentechnik GmbH<br />

Waldhofer Str. 98, 69123 Heidelberg<br />

Tel.: 06221 7364-0, Fax: -100 · www.ga-tec.de<br />

Elevion GmbH<br />

Göschwitzer Str. 56, 07745 Jena<br />

Tel.: 03641 2934-100, Fax: -199 · www.eleviongroup.de<br />

ENGIE Deutschland GmbH<br />

Aachener Str. 1044, 50858 Köln<br />

Tel.: 0221 46905-0, Fax: -250 · www.engie-deutschland.de<br />

Konzmann GmbH<br />

Spatenstr. 14, 88046 Friedrichshafen<br />

Tel.: 07541 93626-0, Fax: -99 · www.konzmann.de<br />

Salvia Group GmbH<br />

Seewiesenstr. 12, 73054 Eislingen<br />

Tel.: 07161 6520-200, Fax: -222 · www.salvia-gebäudetechnik.de<br />

ACO Passavant GmbH<br />

Im Gewerbepark 11c, 36466 Dermbach<br />

Tel.: 036965 819-0, Fax: -361<br />

www.aco-haustechnik.de<br />

BerlinerLuft. Technik GmbH<br />

Herzbergstr. 87-99, 10365 Berlin<br />

Tel.: 030 5526-2040, Fax: -2211<br />

www.berlinerluft.de<br />

BLH GmbH<br />

Johann-Philipp-Reis-Str. 1, 54293 Trier<br />

Tel.: 0651 8109-0, Fax: -133<br />

www.blh-trier.de<br />

Danfoss GmbH<br />

Nordring 144, 63067 Offenbach<br />

Tel.: 069 8902-0; Fax: 069 47868-599<br />

www.danfoss.de<br />

Felderer GmbH<br />

Kreuzstr. 15, 85622 Feldkirchen<br />

Tel.: 089 2555537-0, Fax: 089 7428400-0<br />

www.felderer.de<br />

Georg Fischer GmbH<br />

Daimlerstr. 6, 73095 Albershausen<br />

Tel.: 07161 302-0, Fax: -259<br />

www.georgfischer.com<br />

Geberit Vertriebs GmbH<br />

Theuerbachstr. 1, 88630 Pfullendorf<br />

Tel.: 07552 934-881, Fax: -99881<br />

www.geberit.de<br />

Grundfos GmbH<br />

Schlüterstr. 33, 40699 Erkrath<br />

Tel.: 0211 92969-0, Fax: -3739<br />

www.grundfos.de<br />

Fördermitglieder<br />

HILTI Deutschland AG<br />

Hiltistr. 2, 86916 Kaufering<br />

Tel.: 08191 90-4237, Fax -174237<br />

www.hilti.de<br />

Huber & Ranner GmbH<br />

Gewerbering 15, 94060 Pocking<br />

Tel.: 08531 705-0<br />

www.huber-ranner.com<br />

Franz Kaldewei GmbH & Co. KG<br />

Beckumer Str. 33-35, 59229 Ahlen<br />

Tel.: 02382 785-0, Fax: -392<br />

www.kaldewei.de<br />

Gebr. Kemper GmbH + Co. KG<br />

Harkortstr. 5, 57462 Olpe<br />

Tel.: 02761 891-0, Fax: -176<br />

www.kemper-olpe.de<br />

Oventrop GmbH & Co. KG<br />

Paul-Oventrop-Str. 1, 59939 Olsberg<br />

Tel.: 02962 82-0, Fax: -401<br />

www.oventrop.de<br />

Reflex Winkelmann GmbH<br />

Gersteinstr. 19, 59227 Ahlen<br />

Tel.: 02382 7069-0, Fax: -9588<br />

www.reflex.de<br />

REHAU INDUSTRIES SE & Co. KG<br />

Ytterbium 4, 91058 Erlangen<br />

Tel.: 09131 925-0, Fax: -15299<br />

www.rehau.de<br />

Deutsche Rockwool GmbH & Co. KG<br />

Rockwool Str. 37-41, 45966 Gladbeck<br />

Tel.: 02043 408-387, Fax: -444<br />

www.rockwool.de<br />

Schell GmbH & Co. KG<br />

Raiffeisenstr. 31, 57462 Olpe<br />

Tel.: 02761 892-0, Fax: -199<br />

www.schell.eu<br />

Sikla GmbH<br />

In der Lache 17, 78056 Villingen-Schwenningen<br />

Tel.: 07720 948-0, Fax: -337<br />

www.sikla.de<br />

Trox GmbH<br />

Heinrich-Trox-Platz, 47504 Neukirchen-Vluyn<br />

Tel.: 02845 202-0, Fax: -265<br />

www.trox.de<br />

Uponor GmbH<br />

Industriestr. 56, 97437 Haßfurt<br />

Tel.: 09521 690-0<br />

www.uponor.com<br />

Viega GmbH & Co. KG<br />

Viega-Platz 1, 57439 Attendorn<br />

Tel.: 02722 61-0, Fax: -1415<br />

www.viega.de<br />

Viessmann Deutschland GmbH<br />

Viessmannstr. 1, 35108 Allendorf (Eder)<br />

Tel.: 06452 70-2834, Fax: -5834<br />

www.viessmann.com<br />

Wildeboer Bauteile GmbH<br />

Marker Weg 11, 26826 Weener<br />

Tel.: 04951 950-0, Fax: -27120<br />

www.wildeboer.de<br />

WILO SE<br />

Wilopark 1, 44263 Dortmund<br />

Tel.: 0231 4102-0, Fax: -7363<br />

www.wilo.de<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 9


Technische Trends und Normung<br />

Gasbrennwertgeräte<br />

für den Betrieb mit Wasserstoff<br />

Aktueller Stand der Entwicklung von Gasheizungen,<br />

die mit 100 Prozent Wasserstoff betrieben werden können<br />

Im Jahr <strong>2024</strong> könnte es zu einem Nachfrage-Boom bei Gasbrennwertgeräten kommen, die für den<br />

Betrieb mit reinem Wasserstoff vorbereitet sind. Grund dafür sind das im September 2023 verabschiedete<br />

Gebäudeenergiegesetz und das darin festgeschriebene so genannte H 2 -ready-Privileg.<br />

Doch ab wann ist die entsprechende Technik überhaupt verfügbar? Der folgende Beitrag gibt<br />

einen Überblick über den derzeitigen Entwicklungsstand.<br />

Dr.-Ing.<br />

Manfred Dzubiella,<br />

Head of Technical<br />

Innovation<br />

Management,<br />

Viessmann Climate<br />

Solutions SE,<br />

Allendorf<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Wolfgang Rogatty,<br />

Lead Trade Media,<br />

Viessmann Climate<br />

Solutions SE,<br />

Allendorf<br />

Die am 1. Januar <strong>2024</strong> in Kraft getretene<br />

Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)<br />

soll einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen<br />

der nationalen Klimaschutzziele<br />

im Gebäudesektor leisten. In Neubaugebieten<br />

sind jetzt nur noch Heizsysteme erlaubt,<br />

die mindestens 65 Prozent Erneuerbare<br />

Energien nutzen. Das können grundsätzlich<br />

auch entsprechend geeignete Gasbrennwertgeräte<br />

sein, in der Regel sind je-<br />

Alle Abbildungen: Viessmann Climate Solutions SE<br />

Abbildung 1: Prüfstand im Jahr 2020 mit Prototypen für 100-Prozent-H 2 -ready-Gasbrennwertgeräte<br />

10 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Abbildung 2: Vergleich der Eigenschaften von Wasserstoff und Erdgas sowie deren Auswirkungen<br />

doch Wärmepumpen meist die bessere<br />

Lösung.<br />

Anders sieht es dagegen im Gebäudebestand<br />

aus: Hier ist die kommunale Wärmeplanung<br />

maßgebend, die in Städten mit mehr<br />

als 100.000 Einwohnern spätestens bis zum<br />

30. Juni 2026 und in kleineren Kommunen<br />

bis spätestens 30. Juni 2028 darüber aufklären<br />

soll, welche Möglichkeiten der Wärmeversorgung<br />

in der Gemeinde und vor Ort zur<br />

Verfügung stehen. Wird vorher der Einbau<br />

einer neuen Heizung erforderlich, so dürfen<br />

Gasbrennwertgeräte eingesetzt werden,<br />

wenn diese schrittweise mit einem zunehmenden<br />

Anteil grüner Gase betrieben werden<br />

können, beispielsweise mit Biogas oder<br />

grünem Wasserstoff:<br />

• ab 2029 mit mindestens 15 Prozent,<br />

• ab 2035 mit mindestens 30 Prozent und<br />

• ab 2040 mit mindestens 60 Prozent.<br />

Paragraf 71k, Absatz 1, des GEG 1 macht jedoch<br />

eine Ausnahme für Gasheizgeräte, die<br />

für den Betrieb mit reinem Wasserstoff umgerüstet<br />

werden können – wenn die örtliche<br />

Wärmeplanung ein Wasserstoffnetz vorsieht<br />

und der Netzbetreiber einen verbindlichen<br />

Plan für die Umstellung auf den neuen Energieträger<br />

bis Ende 2044 vorgelegt hat. In diesem<br />

Fall können die Geräte eingebaut werden,<br />

ohne die Vorgaben zur Nutzung Erneuerbarer<br />

Energie erfüllen zu müssen.<br />

Damit ist ein H 2 -ready-Privileg entstanden,<br />

das für die Betreiber der über 14 Millionen<br />

Gasheizungen im Gebäudebestand 2 erhebliche<br />

Vorteile mit sich bringt, wenn sich<br />

deren Anlagen in zukünftigen Wasserstoffnetz-Ausbaugebieten<br />

befinden: Wer ab <strong>2024</strong><br />

seine alte Gasheizung gegen ein neues Gasbrennwertgerät<br />

austauscht (Abbildung 1),<br />

das sich für den reinen Wasserstoffbetrieb<br />

umrüsten lässt, darf weitere Jahre mit fossilem<br />

Erdgas heizen – und das bis auf Weiteres<br />

zu voraussichtlich geringeren Kosten.<br />

Zum einen wird sich die Investition in ein<br />

100-Prozent-H 2 -ready-Gerät etwa auf dem Niveau<br />

eines herkömmlichen Gasbrennwertgeräts<br />

bewegen; zum anderen dürfte der Preis<br />

für Erdgas noch für geraume Zeit geringer<br />

sein als für grünen Wasserstoff. Solange der<br />

neue Energieträger „grüner Wasserstoff“ lediglich<br />

in geringen Mengen verfügbar ist, haben<br />

die Erzeuger keinen Anlass, diesen günstiger<br />

als Erdgas anzubieten.<br />

Unterschiedliche<br />

Verbrennungseigenschaften<br />

Die Entwicklung von Gasbrennwertgeräten<br />

für die Verbrennung von reinem Wasserstoff<br />

hat bereits vor einigen Jahren begonnen. Aufgrund<br />

der in den Wand- und Kompaktgeräten<br />

der verschiedenen Vitodens Baureihen<br />

serienmäßig vorhandenen gasadaptiven Verbrennungsregelung<br />

Lambda Pro Plus ließen<br />

sich die Geräte bereits problemlos und ohne<br />

jegliche Umrüstung oder Umstellung mit Gemischen<br />

aus Erdgas und begrenzten Wasserstoffanteilen<br />

von 20 bis 30 Volumenprozent<br />

und auch mit beliebigen Anteilen von Bio-<br />

Erdgas betreiben. Es bestand also eine ausgezeichnete<br />

Basis für die Weiterentwicklung<br />

hin zu Gasbrennwertgeräten, die für den Betrieb<br />

mit reinem Wasserstoff vorbereitet sind.<br />

Reiner Wasserstoff als Brennstoff unterscheidet<br />

sich allerdings von Erdgas in einer<br />

Reihe von Eigenschaften (Abbildung 2). Diese<br />

Eigenschaften des Wasserstoffs haben praktische<br />

Auswirkungen auf nahezu alle verbrennungstechnischen<br />

Parameter eines Gasheizgerätes,<br />

beispielsweise auf Leistung, Luftzahl,<br />

Emissionen und Effizienz – aber auch<br />

auf die Gerätesicherheit. Das macht wesentliche<br />

technische Anpassungen erforderlich.<br />

Erster Schritt:<br />

Prüfen der Eignung<br />

In einem ersten Schritt wurden Wandgeräte<br />

aus einer laufenden Serie auf ihre Eignung<br />

für den Betrieb mit Erdgas-/Wasserstoff-Gemischen<br />

untersucht (Abbildung 3). In dem<br />

Testprogramm wurden geprüft:<br />

• die Gerätesicherheit – abgeleitet aus EN<br />

15502 (Sicherheits-Abschaltwege, Flammenrückschlag,<br />

Late Ignition),<br />

• die Geräte-Robustheit und Kernfunktionen<br />

(Zündverhalten, Ionisationsstrom,<br />

Flammenüberwachung Grenzgassimulation)<br />

und<br />

• die Geräteeigenschaften (Luftzahl und<br />

Leistung, CO- und NO x -Emissionen, Effizienz<br />

/ Wirkungsgrad).<br />

Alle Testkriterien wurden vollständig erfüllt,<br />

auch bei hohen Wasserstoffanteilen<br />

von bis zu 30 Prozent. Die Gerätesicherheit<br />

Abbildung 3: Seriengeräte<br />

aus dem Baujahr<br />

2019 wurden auf ihre<br />

Eignung für den Betrieb<br />

mit Erdgas-/Wasserstoff-<br />

Gemischen untersucht.<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 11


Technische Trends und Normung<br />

blieb auch bei dieser hohen Wasserstoff-Konzentration<br />

im vollen Umfang gewährleistet.<br />

Ebenso wurden die Kernfunktionen vollständig<br />

erfüllt und die Robustheit wurde nicht beeinträchtigt;<br />

das Zündverhalten verbesserte<br />

sich. Bei den Geräteeigenschaften war festzustellen,<br />

dass erwartungsgemäß die Luftzahl<br />

anstieg und die Leistung sank. Die Emissionen<br />

haben sich auf dem Prüfstand mit dem<br />

Gas-Gemisch erheblich verbessert, insbesondere<br />

die NO x - und die CO-Werte sanken deutlich.<br />

Nahezu unverändert blieb die Effizienz<br />

bzw. der Wirkungsgrad. Abbildung 4 zeigt<br />

die Ergebnisse an einem Beispiel.<br />

Zweiter Schritt: Geräte für<br />

reinen Wasserstoffbetrieb<br />

Die Untersuchungen zeigten aber auch, dass<br />

die aktuellen Wärmeerzeuger für den Betrieb<br />

mit reinem Wasserstoff nicht geeignet<br />

sind und dafür eine entsprechende Anpassungsentwicklung<br />

erforderlich ist. Kritische<br />

Punkte bei der Verbrennung von reinem<br />

Wasserstoff sind vor allem:<br />

• Die hohe Flammengeschwindigkeit, die<br />

bei Wasserstoff mit 346 Zentimetern pro<br />

Sekunde rund achtmal schneller ist als<br />

bei Erdgas, die Folge sind Flammenrückschlag<br />

und kritische Temperaturen.<br />

• Die höhere Flammentemperatur von<br />

2.130 Grad Celsius, die hohe Stickoxid-<br />

Emissionen begünstigt.<br />

• Die sehr geringe Zündverzugszeit<br />

(0,0001 s gegenüber 0,3 s bei Erdgas), die<br />

mit dem Risiko einer Selbstzündung verbunden<br />

ist.<br />

• Das fehlende Ionisationssignal aus der<br />

Flamme, auf dessen Grundlage die sicherheitsgerichtete<br />

Flammenüberwachung<br />

funktioniert und die Verbrennungsregelung<br />

den Verbrennungsprozess regelt.<br />

Das daraufhin erstellte Konzept für die Entwicklung<br />

von Geräten für den Betrieb mit<br />

reinem Wasserstoff sah vor, möglichst viele<br />

Serienkomponenten beizubehalten. Unumgänglich<br />

waren jedoch die Anpassung des<br />

Flammkörpers und eine Neuentwicklung des<br />

Flammüberwachungs- und Verbrennungsregelungs-Systems<br />

aufgrund des fehlenden Ionisationssignals<br />

(Abbildung 5).<br />

Nach dem heutigen Stand der Geräteentwicklung<br />

erhalten Flammüberwachung und<br />

Verbrennungsregelung ihre Signale beim Betrieb<br />

mit Wasserstoff von einem optischen<br />

Sensor und einem O 2 -Sensor. Das speziell<br />

für die Wasserstoffverbrennung entwickelte<br />

Perforationsmuster des Flammkörpers wurde<br />

mittels CFD-Simulationen (Computational<br />

Fluid Dynamics-Simulationen) berechnet und<br />

in zahlreichen Iterationsschritten auf dem<br />

Abbildung 4: Auswirkungen des Betriebs mit bis zu 30 Prozent Wasserstoff auf ein Seriengerät<br />

Abbildung 5: Für den Betrieb mit 100 Prozent Wasserstoff angepasste bzw. neu entwickelte Komponenten<br />

Abbildung 6: Nach der Umrüstung von Erdgas- auf Wasserstoff-Betrieb bleibt die Effizienz praktisch<br />

gleich.<br />

12 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Prüfstand immer wieder optimiert, sodass<br />

unter allen Lastzuständen eine sichere Verbrennung<br />

bei unveränderter Effizienz gegenüber<br />

der Erdgasverbrennung und zugleich<br />

deutlich geringere Stickoxid-Emissionen gewährleistet<br />

sind (Abbildungen 6 und 7).<br />

SmartQuart:<br />

Erster Praxistest<br />

Die Entwicklungsarbeiten für die Wasserstoffbrennwertgeräte<br />

werden im Rahmen<br />

des vom Bundesministerium für Wirtschaft<br />

und Klimaschutz (BMWK) geförderten Projekts<br />

„SmartQuart“ durchgeführt. Im Quartier<br />

Kaisersesch entsteht derzeit eine komplette<br />

Infrastruktur von der Wasserstofferzeugung<br />

über Transport und Speicherung<br />

bis zur Endanwendung in den Sektoren<br />

„Wärme“, „Mobilität“ und „Industrie“ (Abbildung<br />

8). Sobald dort alle Vorbereitungen<br />

getroffen sind, werden fünf Gasbrennwertgeräte,<br />

die für den Betrieb mit reinem Wasserstoff<br />

vorbereitet sind, und fünf auf den<br />

Betrieb mit reinem Wasserstoff ausgelegte<br />

Brennstoffzellen-Heizgeräte in die Praxiserprobung<br />

gehen.<br />

Lange bevor diese Tests abgeschlossen<br />

sind, sind allerdings Gasbrennwertgeräte in<br />

Großserien verfügbar, die für den Betrieb mit<br />

reinem Wasserstoff vorbereitet sind. Seit Januar<br />

dieses Jahres hergestellte Gas-Brennwertgeräte<br />

der Baureihen Vitodens 300 und<br />

Vitodens 200 werden sich gemäß den Vorgaben<br />

des Gebäudeenergiegesetzes zukünftig<br />

auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff umstellen<br />

lassen. Für die Umstellung der Geräte<br />

auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff werden<br />

nach aktueller Planung ab Anfang 2026<br />

Umrüstkits zur Verfügung stehen. Diese werden<br />

im Wesentlichen aus einer neuen Brenner-Einheit<br />

mit der erforderlichen Sensorik<br />

bestehen. Damit kann zukünftig die Um rüstung<br />

einfach im Rahmen des so genannten<br />

Abbildung 7: Vergleich<br />

der NO X -Emissionen<br />

am Beispiel des Gasbrennwert-Wandgeräts<br />

Vitodens 200-W<br />

bei Betrieb mit Erdgas<br />

bzw. mit 100 Prozent<br />

Wasserstoff<br />

Gasnetzgebietstransformationsplans erfolgen.<br />

Die Zertifizierung der Geräte in Kombination<br />

mit den Umrüstsätzen erfolgt dabei<br />

nach den gültigen Vorgaben der ZP 3100.100<br />

und EN 15502.<br />

Abbildung 8:<br />

In Kürze werden in<br />

Kaisersesch die ersten<br />

Gasbrennwertgeräte und<br />

Brennstoffzellen-Heizsysteme<br />

für den Betrieb mit 100 Prozent<br />

Wasserstoff in der Praxis getestet.<br />

Fazit<br />

Laut GEG-Novelle sind Gasbrennwertgeräte,<br />

die sich auf den Betrieb mit reinem Wasserstoff<br />

umrüsten lassen und in einem zukünftigen<br />

Wasserstoffnetz-Ausbaugebiet betrieben<br />

werden, von der Pflicht befreit, Erneuerbare<br />

Energien zu nutzen. Das eröffnet<br />

Anlagen betreibern die Möglichkeit, auch<br />

weiterhin mit Erdgas zu heizen.<br />

Bereits vor einigen Jahren wurde mit<br />

der Entwicklung von 100-Prozent-H 2 -ready-<br />

Geräten begonnen. Seit Anfang des Jahres<br />

sind diese Wärmeerzeuger als Großseriengeräte<br />

im Markt und werden anstelle der<br />

herkömmlichen Gasbrennwertgeräte angeboten.<br />

Sie lassen sich zunächst mit Erdgas<br />

und Erdgas- / Wasserstoff-Gemischen betreiben.<br />

Sobald dann in einem Gasverteilnetz<br />

reiner Wasserstoff verfügbar ist, erfolgt<br />

die Umstellung auf den Betrieb mit<br />

reinem Wasserstoff mit standardisierten<br />

Umrüstkits.<br />

<br />

1 Gesetz zur Änderung des Gebäudeenergiegesetzes, zur<br />

Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuches, zur Änderung<br />

der Verordnung über Heizkostenabrechnung, zur<br />

Änderung der Betriebskostenverordnung und zur Änderung<br />

der Kehr- und Überprüfungsordnung vom<br />

16. Oktober 2023.<br />

2 Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie<br />

(BDH): Gesamtbestand zentrale Wärmeerzeuger 2022.<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 13


Technische Trends und Normung<br />

Versorgung auf Abruf<br />

durch Frischwasserstationen<br />

Moderne Trinkwasserlösungen punkten mit Hygiene, Komfort und Effizienz<br />

Wasser wird hierzulande wie selbstverständlich verwendet. Im täglichen Leben muss insbesondere<br />

warmes Trinkwasser auf Anhieb zur Verfügung stehen. Es wird gebraucht zum schnellen Händewaschen,<br />

zum Baden und Duschen und in der Küche zum Abspülen. Für die Bereitstellung des<br />

Wassers können entsprechende Trinkwasserspeicher zum Einsatz kommen. Diese gelten allerdings<br />

als sehr platzintensiv. Eine alternative Lösung sind Frischwasserstationen.<br />

Adam Zuchowski,<br />

Produktmanager<br />

Energie & Wasserspeicher,<br />

Reflex Winkelmann<br />

GmbH,<br />

Ahlen<br />

Bedeutung der Hygiene<br />

Auch wenn die technologischen Entwicklungen<br />

im Bereich „Trinkwasser“ sehr weit<br />

fortgeschritten sind, bildet stehendes Wasser<br />

immer ein Risiko. Hier kann es dazu<br />

kommen, dass sich gesundheitsschädliche<br />

Bakterien vermehren. An diesem Punkt setzen<br />

Frischwasserstationen an. Sie bieten<br />

eine bestmögliche Aufbaustruktur und optimale<br />

Voraussetzungen, um schnell hygienisches<br />

Trinkwasser bereitzustellen – ohne,<br />

dass es bevorratet werden muss. Nicht unerheblich<br />

sind in diesem Zusammenhang<br />

auch die Vorgaben der neuen Trinkwasserverordnung:<br />

verpflichtende Regelungen<br />

zur Gefährdungsanalyse, zur Risikobewertung<br />

und zur Entnahmearmatur bei den<br />

Verbrauchern.<br />

Abbildung 1: Ohne aufwendige Installation als Komplettsystem –<br />

Frischwasserstation „Reflex Hydroflow“ mit Verteiler und Speicher<br />

Aufbau und Funktion<br />

Fünf Basisbausteine gehören zu einer<br />

Frischwasserstation: ein Wärmetauscher,<br />

eine Pumpe, ein Temperaturfühler, ein Regler<br />

und ein entsprechender Pufferspeicher.<br />

Auf Abruf kann eine Trinkwasserstation<br />

warmes Trinkwasser bereitstellen. Im Wärmetauscher<br />

wird Trinkwasser durch das<br />

im Gegenstromprinzip fließende Heizungswasser<br />

aus dem Pufferspeicher auf die voreingestellte<br />

Temperatur erwärmt. Von Vor­<br />

14 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Alle Abbildungen: Reflex Winkelmann GmbH<br />

teil ist dabei auch die Minimierung des<br />

Trinkwasservolumens. Dadurch wird ein<br />

hoher hygienischer Standard sichergestellt,<br />

der die Ausbreitung von Bakterien verhindert,<br />

beispielsweise von Legionellen. Je<br />

nach Größe können Frischwasserstationen<br />

in Wohngebäuden, aber auch in größeren<br />

öffentlichen Bauwerken zum Einsatz kommen,<br />

in denen ein hohes Maß an Hygiene<br />

gefordert ist.<br />

Bei Bedarf als Komplettsystem<br />

Frischwasserstationen können auf Wunsch<br />

direkt im Komplettsystem angeboten werden.<br />

Dafür wird eine Frischwasserstation mit<br />

einem Pufferspeicher, einem Heizkreisverteiler<br />

und Anschlusszubehör ergänzt, so dass<br />

Konfiguration und Aufwand bei der Installation<br />

signifikant reduziert werden können.<br />

Die Komponenten sind dann auch ideal aufeinander<br />

abgestimmt. Installateure und Planer<br />

können so Zeit und Kosten sparen. Sowohl<br />

Frischwasserstationen als auch Pufferspeicher<br />

und Verteiler gibt es in unterschiedlichen<br />

Größen, um passgenau auf die individuellen<br />

Bedürfnisse eingehen zu können.<br />

Neben einem Komplettsystem ist es auch<br />

möglich, einzelne Module oder Kombinationen<br />

zu erhalten.<br />

Abbildung 2: Frischwasserstationen geben<br />

Bakterien keine Chance.<br />

Krankenhäuser und Schulen<br />

Für kleinere bis mittelgroße Anlagen bieten<br />

sich Frischwasserstationen wie beispielsweise<br />

„Reflex Hydroflow“ an. Sie sind vor<br />

allem für Gebäude geeignet, in denen besondere<br />

hygienische Anforderungen gelten –<br />

Krankenhäuser, Altenheime, Sporthallen<br />

oder Schulen. Auch die Trinkwasserverordnung<br />

gibt hier strenge Auflagen vor: Kommt<br />

es beispielsweise in öffentlichen oder gewerblich<br />

genutzten Einrichtungen beim Duschen<br />

zur Verneblung von Trinkwasser, besteht<br />

die Pflicht, das Trinkwasser zu untersuchen<br />

und Vorkehrungen zu treffen, um<br />

Legionellen­Bildung zu vermeiden. Doch<br />

auch im privaten Sektor können Endverbraucher<br />

in Ein­ und Mehrfamilienhäusern<br />

von der komfortablen und sicheren Trinkwasserversorgung<br />

durch Frischwasserstationen<br />

profitieren.<br />

Wasser auf Abruf<br />

Im Gegensatz zu einem Trinkwasserspeicher<br />

bevorratet eine Frischwasserstation<br />

kein Warmwasser. Sie arbeitet gewissermaßen<br />

„auf Abruf“. Damit wird das Risiko, dass<br />

sich in einer gesundheitsschädigenden Konzentration<br />

Bakterien bilden, im Vergleich zu<br />

Bevorratungssystemen deutlich reduziert.<br />

Das Wasser wird in der Station erwärmt<br />

und steht dann den gewünschten Nutzereinheiten<br />

im Haus zur Verfügung – von Bad bis<br />

Küche. Im Vergleich zu einem Trinkwasserspeicher<br />

ist auch das Risiko des Verkalkens<br />

deutlich geringer. Da am Wärmetauscher die<br />

Kaltleitung oben und die Warmleitung unten<br />

angeschlossen sind, wird das Kalkrisiko verringert,<br />

wenn bei Betriebspausen das Wasser<br />

schnell abkühlt.<br />

Abbildung 3: Blick ins Innenleben einer Frischwasserstation<br />

Regler zur Überwachung<br />

Es gibt drei Betriebsmodi, mit denen das<br />

Warmwasser zur Verfügung gestellt werden<br />

kann: Bei der thermischen Bereitstellung<br />

wird das Wasser im so genannten Zirkulationsset<br />

warmgehalten. Dank eines Reglers<br />

ist dabei ein konstantes Temperatur­Niveau<br />

möglich. Die zweite Option basiert auf Anforderung:<br />

Erst wenn es einen Zapfimpuls in<br />

Richtung Frischwasserstation gibt, springt<br />

eine Zirkulationspumpe an. Besonders bei<br />

dieser Funktion ist eine deutliche Energieeinsparung<br />

möglich. Die Zirkulationspumpe<br />

ist bei der dritten Option „Dauerbetrieb“<br />

konstant eingeschaltet, kann aber über einen<br />

Timer am Regler auf bestimmte Laufzeiten<br />

am Tag limitiert werden. Der Regler<br />

überwacht alle Sensoren, Temperaturfühler<br />

und Pumpen in der Station sowie deren<br />

Zubehör.<br />

Der Regler stellt auch sicher, dass alle<br />

physikalischen Parameter optimal eingestellt<br />

sind, beispielsweise der Volumenstrom oder<br />

die Temperaturen. Bei Bedarf justiert er nach<br />

und sorgt so für einen hohen Komfort auf<br />

der Nutzerseite. Auch auf Hygiene wird geachtet:<br />

Über integrierte Programme kann bei<br />

Bedarf die Temperatur in den Rohrleitungen<br />

auf 70 Grad Celsius für eine thermische Desinfektion<br />

hochgefahren werden. Zudem wird<br />

über die Technik des Reglers aus dem Pufferspeicher<br />

stets nur so viel Wärme entnommen,<br />

wie zu dem angefragten Zeitpunkt tatsächlich<br />

auch benötigt wird.<br />

Vorteil: Kompakte Maße<br />

Frischwasserstationen beanspruchen mit ihren<br />

kompakten Maßen deutlich weniger Fläche<br />

und Raum als ein konventioneller Trinkwasserspeicher.<br />

Sie sind ideal für enge Platzverhältnisse,<br />

beispielsweise im Einfamilienhaus.<br />

Durch optionale Verrohrungssets und<br />

Plug and Play ist der Zeitaufwand für Installation<br />

und Inbetriebnahme merklich verringert.<br />

Auch entfällt der Wartungsaufwand<br />

nahe zu vollständig, da beispielsweise keine<br />

Anoden gewechselt werden müssen. Die<br />

Montagezeit verkürzt sich weiter, wenn zusätzlich<br />

ein umfangreiches Zubehör an elektrischen<br />

Heizstäben und passend konfektionierte<br />

Rohrsets angeboten werden.<br />

Eine Frischwasserstation ist auf Langlebig<br />

keit ausgerichtet, Ersatzteile lassen<br />

sich schnell tauschen. Die Stationen sind<br />

mit einer hochwertigen EPP­Dämmung ummantelt.<br />

Ist eine Station in Betrieb, wird das<br />

kaum bemerkt, so leise arbeitet sie.<br />

Fazit<br />

Moderne Frischewasserstationen erfüllen<br />

höchste hygienische Anforderungen. Sie<br />

sind effizient und stellen nur so viel Wasser<br />

zur Verfügung, wie tatsächlich benötigt wird.<br />

Zudem sind sie flexibel integrierbar und zu<br />

einem Gesamtsystem erweiterbar. <br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 15


Technische Trends und Normung<br />

Zu hohe Temperaturen in Deutschlands Schulen<br />

Negative Auswirkungen auf Gesundheit und Lernleistung<br />

Dr.-Ing.<br />

Claudia Kandzia,<br />

Technische<br />

Referentin,<br />

FGK e.V.<br />

Die Ergebnisse der aktuellen Pisa-Studie lenken<br />

die Aufmerksamkeit wieder deutlich in<br />

Richtung Bildungspolitik. Deutsche Schülerinnen<br />

und Schüler haben bei dieser Studie<br />

so schlecht abgeschnitten wie noch nie.<br />

Die Leistungseinbußen sind in Deutschland<br />

überdurchschnittlich hoch.<br />

Daraus leitet sich fast zwangsläufig die<br />

Frage ab, welche Faktoren verantwortlich für<br />

den Lernerfolg sind. Welchen Einfluss hat<br />

zum Beispiel das Gebäude bzw. das Klassenzimmer?<br />

Oft erschweren bauliche Defizite das<br />

Lehren und das Lernen: In vielen Schulen<br />

Thomas Waldhecker,<br />

Technischer Oberlehrer<br />

a. D.,<br />

BLV e.V.<br />

schwitzen die Menschen im Sommer in den<br />

Unterrichtsräumen und im Winter frieren<br />

sie. Nicht mehr zeitgemäß sind auch lange,<br />

schmale, für Frontalunterricht konzipierte<br />

Klassenzimmer. Beim Neubau von Schulgebäuden<br />

sollten stattdessen deutlich breitere<br />

Unterrichtsräume geplant werden, die<br />

sich auch für unterschiedliche Unterrichtsformen<br />

eignen. Akustikdecken erhöhen die<br />

Sprachverständlichkeit und erleichtern damit<br />

nicht nur den Unterricht in Fremdsprachen.<br />

Sie verringern auch den Schallpegel<br />

im Raum, beispielsweise bei der Gruppenarbeit.<br />

Ein Farbkonzept beeinflusst ebenfalls<br />

die Lernleistung der Kinder und Jugendlichen:<br />

Durch die Wahl geeigneter Farben<br />

lässt sich eine positive Wirkung auf das Verhalten<br />

der Kinder erreichen. Von Vorteil ist,<br />

wenn sich die Beleuchtung flexibel anpassen<br />

lässt. Bei Klassenarbeiten sollte sie die<br />

Konzentration fördern – bei hitzigen Diskussionen<br />

ist hingegen ein warmes Licht deutlich<br />

zielführender, das hilft, die Emotionen<br />

einzufangen.<br />

Die genannten Maßnahmen tragen erheblich<br />

zu einer angenehmen Umgebung bei, in<br />

der die Kinder und Jugendlichen leichter zu<br />

motivieren sind. So entstehen deutlich bessere<br />

Randbedingungen für die Lehrkräfte. Obwohl<br />

die Nachrüstung auch in bestehenden<br />

Gebäuden möglich ist, sind diese Verbesserungen<br />

in viel zu wenigen Unterrichtsräumen<br />

zu finden.<br />

Das gilt auch für Lüftungsanlagen, die automatisch<br />

– ohne Öffnen der Fenster, ohne<br />

Straßenlärm und ohne dass die Menschen<br />

im Raum frieren – eine Lüftungsrate sicherstellen,<br />

durch die die Lernerfolge deutlich<br />

steigen. Zudem wirken sie im Sommer durch<br />

Nachtauskühlung und bedarfsgeregeltes Lüften<br />

zu hohen Temperaturen in Klassenräu-<br />

Abbildungen: FGK e.V.<br />

Abbildung 1: Aufnahme des Messgerätes in einem der Klassenräume (links) und die Standorte der Schulen, die sich an der Messkampagne beteiligt haben<br />

(rechts)<br />

16 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

men entgegen. Im Sommer 2023 wurde dazu<br />

in verschiedenen Städten Deutschlands eine<br />

Messkampagne durchgeführt.<br />

Messkampagne in Klassenräumen<br />

In Schulgebäuden klettern die Temperaturen<br />

im Sommer teilweise in unerträgliche Höhen.<br />

Die Folgen sind sowohl für Lehrkräfte<br />

als auch für die Schülerinnen und Schüler fatal.<br />

Sie können sich schlechter konzentrieren,<br />

werden müde und sind erschöpft. Hitze verursacht<br />

Stress für den gesamten Körper. Ein<br />

produktiver Unterricht ist nahezu unmöglich.<br />

Im Idealfall soll die Temperatur in Klassenräumen<br />

zwischen mindestens 20 °C und<br />

höchstens 26 °C liegen. Wie heiß es tatsächlich<br />

im Klassenzimmer wird, hängt von verschiedenen<br />

Randbedingungen ab – beispielsweise<br />

von der Ausrichtung der Fenster im<br />

Gebäude, vom Dämmstandard und davon, ob<br />

Jalousien vorhanden sind.<br />

Im Sommer 2023 lagen die Außentemperaturen<br />

in Deutschland erheblich über dem<br />

vieljährigen Mittel. Uwe Kirsche, Pressesprecher<br />

des Deutschen Wetterdienstes (DWD),<br />

kommentierte die Sommerbilanz des nationalen<br />

Wetterdienstes: „Seit nun 27 Jahren<br />

werden in Deutschland zu warme Sommer<br />

gemessen. Wieder können wir den Klimawandel<br />

live erleben.“ Der höchste Messwert<br />

in Deutschland wurde am 15. Juli 2023 mit<br />

38,8 °C in Bayern gemessen. Die Badische<br />

Zeitung berichtete am 5. Juli 2023 über Schulen<br />

in Freiburg, in denen die Temperaturen<br />

auf bis zu 35 °C anstiegen. Eine Schulleiterin<br />

schilderte, dass die Konzentration nachlasse,<br />

viele Schülerinnen und Schüler schlapp<br />

wären und einige über Kopfschmerzen klagen<br />

würden.<br />

Um konkrete Daten darüber zu erhalten,<br />

wie warm es in Deutschlands Schulen<br />

tatsächlich wird, wurden in je einer Woche<br />

im Juni und im September 2023 Temperaturmessungen<br />

an neun Schulen durchgeführt.<br />

Dabei kamen baugleiche Messgeräte<br />

der Firma Wöhler zum Einsatz. Die Lehrerinnen<br />

und Lehrer dokumentierten zu vereinbarten<br />

Zeiten die jeweilige Temperatur<br />

im Klassenraum, indem sie das Messgerät<br />

fotografierten. Die erste Messwoche dauerte<br />

vom 26. bis zum 30. Juni, die zweite vom 11.<br />

bis zum 15. September 2023. Abbildung 1<br />

zeigt exemplarisch die Aufnahme aus einem<br />

Klassenraum in Dresden, die am 26. Juni um<br />

14:00 Uhr entstand. Die Temperatur in dem<br />

Raum betrug zu diesem Zeitpunkt 31,7 °C.<br />

Die rechte Seite der Abbildung 1 zeigt die<br />

Standorte der Schulen.<br />

Auswertung der Messergebnisse<br />

In Abbildung 2 sind die an den zehn Messtagen<br />

erfassten Temperaturen aufgetragen. Die<br />

Nummerierung der neun beteiligten Schulen<br />

entspricht der Zuordnung in der Deutschlandkarte<br />

(Abbildung 1). Da am 26. Juni in<br />

NRW bereits die Ferien begonnen hatten, liegen<br />

für die Messwoche im Juni keine Daten<br />

der Schule in Bonn vor. Die in Abbildung 2<br />

zusätzlich eingetragenen Linien entsprechen<br />

Werten konstanter Temperatur. Das Kreis diagramm<br />

gibt die prozentuale Verteilung der<br />

Messwerte wieder. Dabei ist die farbliche Zuordnung<br />

wie folgt: grün = Werte unterhalb<br />

von 26 °C, gelb = Werte zwischen 26 °C und<br />

28 °C, orange = Werte zwischen 28 °C und<br />

30 °C und rot = Werte oberhalb von 30 °C.<br />

Eine detaillierte Übersicht über die gemessenen<br />

Temperaturwerte an allen<br />

Messtagen enthält Abbildung 3. Wie bereits<br />

erwähnt, sollten die Temperaturen im Klassenraum<br />

zwischen 20 und 26 °C liegen, um<br />

ein behagliches Innenraumklima sicherzustellen<br />

und konzentriertes Lernen zu ermöglichen.<br />

Nur 11,8 Prozent der hier dargestellten<br />

Messwerte liegen in diesem Bereich.<br />

Alle anderen Temperaturen liegen<br />

oberhalb von 26 °C, davon 38,8 Prozent sogar<br />

über 30 °C.<br />

Grafik: FGK e.V.<br />

Grafik: FGK e.V.<br />

Abbildung 2: Darstellung der gemessenen Temperaturen an den neun Schulen für alle Messtage<br />

Abbildung 3: Übersicht der gemessenen Temperaturen an den neun Schulen für alle Messtage<br />

Interpretation und Empfehlungen<br />

Abbildung 4 zeigt eine Übersicht über den<br />

Einfluss der Raumtemperatur auf das Wohlbefinden<br />

und die Leistungsfähigkeit. Dieser<br />

Übersicht ist zu entnehmen, dass die in<br />

der Messkampagne erfassten Werte zu großen<br />

Anteilen in Bereiche fallen, in denen es<br />

zu Unbehagen, Reizbarkeit, Konzentrationsmangel<br />

und einem Leistungsabfall für geistige<br />

Arbeit kommt. Außerdem ist mit psychischen<br />

sowie psycho-physiologischen Störungen<br />

zu rechnen.<br />

Aus diesen Ergebnissen leiten sich die folgenden<br />

Fragestellungen ab:<br />

• Ist unter diesen Bedingungen Unterricht<br />

überhaupt noch möglich?<br />

• Wie reagieren Gewerkschaften bzw. Verbände,<br />

Elternvertreter und Unfallversicherungen<br />

auf die seit Jahren steigenden<br />

Temperaturen in den Unterrichtsräumen?<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 17


Technische Trends und Normung<br />

Grafik: BLV<br />

Abbildung 4: Leistungsfähigkeit in Abhängigkeit von der Temperatur<br />

• Gibt es Lösungsvorschläge der Politik und<br />

der Schulträger, damit alle am Unterricht<br />

Beteiligten nicht im Sommer schwitzen<br />

und im Winter frieren müssen?<br />

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen,<br />

dass die Leistungsfähigkeit bei<br />

Raumtemperaturen über 26 °C in erheblichem<br />

Umfang abnimmt. So kommt beispielsweise<br />

eine Untersuchung aus Dänemark<br />

(Wargocki, Wyon 2006) zum Ergebnis,<br />

dass Schülerinnen und Schüler<br />

bei höheren Temperaturen signifikant<br />

schlechtere Ergebnisse erzielen und die<br />

Leistungsfähigkeit pro 1 °C Temperaturzunahme<br />

um zwei Prozent abnimmt.<br />

Quelle: km-bw.de/Lde/startseite/service/PM+Hitzefrei<br />

Gewerkschaften und Elternvertreter setzen<br />

sich für eine bundeseinheitliche Lösung für<br />

Hitzefrei an Schulen und insgesamt mehr<br />

Hitzeschutz ein. Anja Bensinger-Stolze (Vorstandsmitglied<br />

GEW) sagte, dass den steigenden<br />

Temperaturen, die mit dem Klimawandel<br />

auf uns zurollen, präventiv begegnet<br />

werden müsse. Der Verband der Amtsärzte<br />

fordert angesichts der hohen Temperaturen<br />

eine Siesta in der Mittagszeit.<br />

Die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />

(DGUV) hat in ihrem „pluspunkt. Sicherheit<br />

& Gesundheit in der Schule“ vom<br />

April 2023 das Thema „Hitze und Sonnenschutz“<br />

unter dem Motto „Gut auf sich und<br />

andere achten“ behandelt. In dem Beitrag<br />

wird erwähnt, dass in ungünstigen Fällen<br />

die Temperaturen in den Klassenräumen<br />

auf über 35 °C ansteigen können. Lehrkräften<br />

wird empfohlen, bei den Schülerinnen<br />

und Schülern auf Anzeichen einer Überhitzung<br />

zu achten, da sonst gravierende<br />

gesundheitliche Risiken bestehen. Es folgen<br />

weitere Tipps, beispielsweise die Klassenzimmer<br />

nachts durch gekippte Fenster<br />

abzukühlen.<br />

Wie sind all diese Tipps aus Sicht des Arbeitsschutzes<br />

zu bewerten? Es handelt sich<br />

ausschließlich um Empfehlungen, die nach<br />

dem STOP-Prinzip Organisatorische Maßnahmen<br />

sind. Die einzelnen Maßnahmen<br />

des STOP-Prinzips sind in Abbildung 5 dargestellt.<br />

Viel trinken, kühlende Kleidung tragen,<br />

Verhaltensregeln und Unterweisungen sind<br />

Persönliche Maßnahmen. Ihre Wirksamkeit<br />

ist nach der Maßnahmenhierarchie des Arbeitsschutzes<br />

relativ gering. Für die Lehrkräfte<br />

ist es außerdem aufgrund einer Vielzahl<br />

anderer Aufgaben nahezu unmöglich,<br />

zu überprüfen, ob diese Verhaltensregeln<br />

eingehalten werden.<br />

Keine der empfohlenen Maßnahmen kann<br />

dazu beitragen, die Bildungsqualität zu erhöhen<br />

und gleichzeitig die Gesundheit der am<br />

Schulleben Beteiligten zu schützen!<br />

Aus pädagogischer Sicht bedeuten die<br />

empfohlenen Maßnahmen weitere zusätzliche<br />

Aufgaben für die Lehrkräfte und noch<br />

mehr Stress und Störungen des Unterrichts.<br />

Neben Lehrermangel, Unterrichtsausfall,<br />

fehlenden Bildungsreformen, Ausstattungsdefiziten<br />

und baulichen Mängeln wird das<br />

häufige Überschreiten bzw. im Winter Unterschreiten<br />

der empfohlenen Raumtemperaturen<br />

die Bildungsqualität weiter verschlechtern.<br />

Hitzefrei verbietet sich aus pädagogischer<br />

Sicht. Deutschland kann sich zu den<br />

fünf Prozent Unterrichtsausfall – 11,8 Prozent<br />

in Regionen mit niedrigem Haushaltseinkommen<br />

1 – keinen weiteren Unterrichtsausfall<br />

leisten. Eine so unzulängliche Lösung<br />

wäre gleichzeitig eine Kapitulation vor den<br />

geschilderten Defiziten im Bildungsbereich.<br />

Zum Lehrkräftemangel erklärte Professorin<br />

Dr. Felicitas Thiel, Co-Vorsitzende der<br />

Ständigen Wissenschaftlichen Kommission<br />

der Kultusministerkonferenz (SWK): „Die aktuelle<br />

Situation ist besorgniserregend.“ 2<br />

Lösungsmöglichkeiten<br />

Substitution als wirksamste Schutzmaßnahme<br />

scheidet leider aus, da Hitze nicht durch<br />

einen weniger gefährlichen Gefahrstoff oder<br />

ein anderes Verfahren ersetzt werden kann.<br />

Als einzig sinnvolle Schutzmaßnahme bleiben<br />

Technische Lösungen übrig.<br />

Um die Temperaturen im Klassenzimmer<br />

nach den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung<br />

zu gewährleisten 3 , wird empfohlen,<br />

die Räume durch Nachtlüftung abzukühlen<br />

oder in den sehr frühen Morgenstunden<br />

ausreichend zu lüften. Werden regelmäßige<br />

Lüftungsintervalle eingehalten, beispielsweise<br />

alle 20 Minuten für etwa fünf Minuten<br />

die Fenster öffnen, kann eine angemessene<br />

Raumluftqualität eingehalten werden. Dafür<br />

braucht es jedoch eine Anzahl zu öffnender<br />

Fenster, die möglichst an unterschiedlichen<br />

Wänden angeordnet sind. Nur so ist eine gute<br />

Querlüftung möglich. Sehr hohe Außentemperaturen<br />

verursachen aber im Tagesverlauf<br />

Abbildung 5: Darstellung der Gefahrenquelle und der verschiedenen Maßnahmen<br />

nach dem STOP-Prinzip<br />

Grafik: FGK e.V. nach BLV<br />

18 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


auch sehr hohe Temperaturen im Klassenraum.<br />

Außerdem zeigt die Erfahrung, dass<br />

das ausreichende Fensterlüften am Tag nicht<br />

funktioniert: Es stört den Unterricht, weil es<br />

draußen zu laut ist, Pollen und Feinstaub in<br />

die Klassenräume gelangen oder einfach vergessen<br />

wird, die Fenster zu öffnen.<br />

Für Unterrichtsräume ist deshalb generell<br />

eine ventilatorgestützte Lüftung zu empfehlen.<br />

Angeboten werden zentrale und dezentrale<br />

Lösungen. Zentrale Raumlufttechnische<br />

Anlagen mit einer Luftverteilung durch Deckenkanäle<br />

werden vor allem in Neubauten<br />

und bei Umbauarbeiten installiert.<br />

Dezentrale Lüftungsanlagen werden<br />

raumweise integriert und die Leitungen für<br />

Zu- und Abluft durch die Fassade geführt.<br />

Diese Lösung eignet sich besonders für die<br />

Nachrüstung von Bestandsgebäuden. Da sie<br />

nicht in allen Räumen gleichzeitig nach gerüs<br />

tet werden müssen, lassen sich individuelle<br />

Randbedingungen leicht berücksichtigen.<br />

Beide Lüftungssysteme arbeiten witterungsunabhängig.<br />

Sie ermöglichen es, alle<br />

Betriebsarten und Klimafaktoren zu berücksichtigen.<br />

Mit einer Wärmerückgewinnung<br />

kann zudem Wärme aus der Abluft auf die<br />

Zuluft übertragen und dadurch Heizenergie<br />

eingespart werden.<br />

<br />

1<br />

„So viele Schulstunden fallen bundesweit aus“,<br />

www.zeit.de, 26. April 2018.<br />

2<br />

„Einsatz optimieren, Bedarf senken: SWK empfiehlt<br />

zeitlich befristete Notmaßnahmen zum Umgang mit<br />

dem akuten Lehrkräftemangel“, gemeinsame Pressemitteilung<br />

von SWK und KMK vom 27. Januar 2023.<br />

3<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin<br />

(Hrsg.): Technische Regeln für Arbeitsstätten, ASR A3.5<br />

„Raumtemperatur“, 2022, Seite 198.<br />

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Technische Trends und Normung<br />

Gebäudeautomation – Anforderungen an<br />

Investoren, Bauherren und<br />

Betreiber von Gebäuden<br />

Dipl.-Ing.<br />

Maik Benjamin<br />

Maibaum,<br />

Lead Solution<br />

Manager, Digital<br />

Water,<br />

Grundfos GmbH,<br />

Erkrath<br />

Die Gebäudeautomation (GA) integriert die<br />

Mess-, Steuer-, Regelungs-, Überwachungsund<br />

Optimierungseinrichtungen von Gebäuden<br />

in ein System zur Datenerfassung, Weiterverarbeitung,<br />

Automatisierung, Optimierung<br />

und Datenspeicherung. Die Gebäudeautomation<br />

hat sich zu einem unverzichtbaren<br />

Bestandteil und zunehmend zu einer<br />

Leitdisziplin beim energieeffizienten Bauen<br />

und für die nachhaltige Bewirtschaftung von<br />

Gebäuden über den gesamten Lebenszyklus<br />

entwickelt. Zukünftig wird sie dank dem Aufkommen<br />

von IoT-Technologien, künstlicher<br />

Intelligenz (KI) und Big Data in ihrem Funktionsumfang<br />

ständig erweitert werden. Aus<br />

der aktuellen Gesetzgebung resultieren Anforderungen<br />

für die Gebäudeautomation an<br />

Investoren, Bauherren und Betreiber von Gebäuden,<br />

die nachfolgend näher betrachtet<br />

werden.<br />

Die EU-Gebäuderichtlinie<br />

Die EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance<br />

of Buildings Directive – EPBD) ist eine<br />

gesetzliche Vorschrift der Europäischen Union,<br />

deren Ziel es ist, die Energieeffizienz von<br />

Gebäuden zu steigern. Die Richtlinie muss<br />

von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten in nationale<br />

Gesetze umgesetzt werden. Sie haben<br />

allerdings einen gewissen Spielraum bei<br />

der Umsetzung und können so nationale Besonderheiten<br />

und Bedingungen berücksichtigen.<br />

Die Umsetzung der EPBD-Richtlinie<br />

in Deutschland wird sich deshalb von der in<br />

anderen EU-Staaten unterscheiden. Im Jahr<br />

2023 wurde die EU-Gebäuderichtlinie novelliert.<br />

Die EU-Gebäuderichtlinie wurde in<br />

Deutschland zunächst durch die Energieeinsparverordnung<br />

(EnEV) umgesetzt und<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Franz Rebmann,<br />

technischer<br />

Referent,<br />

<strong>BTGA</strong> e. V.<br />

später durch das Gebäudeenergiegesetz<br />

(GEG).<br />

Die Richtline umfasst nicht direkt die<br />

Gebäudeautomation, jedoch kann diese ein<br />

wichtiger Bestandteil eines Sanierungskonzeptes<br />

sein, um durch geeignete Steuerung<br />

und Regelung den Gesamtenergiebedarf<br />

eines Gebäudes zu senken.<br />

Das Gebäudeenergiegesetz<br />

Das Gebäudeenergiegesetz ist am 1. November<br />

2020 in Kraft getreten, wurde 2023 novelliert<br />

und ist in der geänderten Fassung am<br />

1. Januar <strong>2024</strong> in Kraft getreten.<br />

Die Anforderungen an Nichtwohngebäude<br />

mit Temperierungsanlagen von mehr als<br />

290 Kilowatt sind aktuell in § 71a „Gebäudeautomation“<br />

des GEG definiert; die Umsetzung<br />

muss bis zum 31. Dezember <strong>2024</strong> erfolgen.<br />

Die Anforderungen umfassen das kontinuierliche<br />

Messen aller Mengen der Hauptenergieträger<br />

in digitaler Form mit dem Ziel,<br />

diese Daten zu speichern und weiterzuverarbeiten.<br />

Erst dadurch wird es möglich, zusammen<br />

mit weiteren Daten Kennzahlen zu<br />

bilden und mögliche Verbesserungen zu erkennen<br />

– und auch auf Verschlechterungen<br />

schnell zu reagieren. Außerdem muss eine<br />

verantwortliche Person oder ein verantwortliches<br />

Unternehmen benannt werden.<br />

Bei einem zu errichtenden Nichtwohngebäude<br />

ist darüber hinaus eine Gebäudeautomation<br />

entsprechend dem Automatisierungsgrad<br />

B nach der Vornorm DIN V 18599-<br />

11: 2018-09 „Energetische Bewertung von<br />

Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und<br />

Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung,<br />

Lüftung, Trinkwasser und Beleuchtung –<br />

Teil 11: Gebäudeautomation“ vorgeschrieben.<br />

Es wird klar gefordert, dass alle im Gebäude<br />

vorhandenen Sub-Systeme miteinander<br />

kommunizieren und ein „System aus Systemen“<br />

oder auch „System of Systems“ (SoS)<br />

gebildet werden muss. Bestandsgebäude mit<br />

entsprechendem Automatisierungsgrad B<br />

müssen bis zum Ablauf der Frist zum 31.<br />

Dezember <strong>2024</strong> ebenfalls auf den gleichen<br />

Ausbaustand des Systems aus Systemen gebracht<br />

werden.<br />

Aber auch bei Gebäuden mit deutlich kleinerer<br />

Leistung bringt eine Gebäudeautomation<br />

Vorteile, da nach § 74 Ansatz 3 und 4 die<br />

Plicht der Energetischen Inspektionen von<br />

Anlagen mit einem Kältebedarf von mehr als<br />

12 Kilowatt entfällt.<br />

Der Errichter des Gebäudeautomationssystems<br />

ist verpflichtet, dem Eigentümer<br />

nach Abschluss der Arbeiten unverzüglich<br />

das Einhalten der Vorgaben nach § 71a zu bestätigen<br />

(Unternehmererklärung).<br />

Die Zeitschiene und die Frist bis zum 31.<br />

Dezember <strong>2024</strong> dürfen nicht unterschätzt<br />

werden: Wenn sie nicht eingehalten werden,<br />

handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit<br />

und es können Bußgelder erhoben werden.<br />

Das Energieeffizienzgesetz<br />

Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG) wurde<br />

2023 von Bundestag und Bundesrat verabschiedet<br />

und ist am 18. November 2023 in<br />

Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die<br />

Energieeffizienz zu steigern und dadurch<br />

den Primär- und Endenergieverbrauch zu reduzieren<br />

und dazu beizutragen, den weltweiten<br />

Klimawandel einzudämmen. Zielgruppe<br />

des Gesetzes sind öffentliche Stellen, Rechenzentren<br />

mit einer Nennanschlussleistung ab<br />

300 kW (öffentliche Träger) bzw. 1 MW, Unternehmen<br />

mit einem jährlichen Gesamtendenergieverbrauch<br />

von mehr als 2,5 Gigawattstunden<br />

und Unternehmen mit einem jährlichen<br />

Gesamtendenergieverbrauch von<br />

mehr als 7,5 Gigawattstunden.<br />

In den Paragrafen 8 „Einrichtung von<br />

Energie- oder Umweltmanagementsystemen“<br />

und 12 „Energie- und Umweltmanagementsysteme<br />

in Rechenzentren“ des EnEfG<br />

sind Aussagen zur Gebäudeautomation zu<br />

finden. In Paragraf 8 Absatz 3 Punkt 1. werden<br />

die Anforderungen an ein Energie- und<br />

Umweltmanagementsystem beschrieben:<br />

„1. Erfassung von Zufuhr und Abgabe von<br />

Energie, Prozesstemperaturen, abwärme-<br />

20 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

führenden Medien mit ihren Temperaturen<br />

und Wärmemengen und möglichen Inhaltsstoffen<br />

sowie von technisch vermeidbarer<br />

und technisch nicht vermeidbarer Abwärme<br />

bei der Erfassung der Abwärmequellen und<br />

die Bewertung der Möglichkeit zur Umsetzung<br />

von Maßnahmen zur Abwärmerückgewinnung<br />

und -nutzung.“<br />

In Paragraf 12 geht es um die Energieund<br />

Umweltmanagementsysteme in Rechenzentren.<br />

Hier werden kontinuierliche Messungen<br />

zur elektrischen Leistung und zum<br />

Energiebedarf der wesentlichen Komponenten<br />

gefordert. Das kann mit einem als<br />

Energiemanagementsystem zertifizierten<br />

GA-System umgesetzt werden.<br />

Das Gesetz zum Neustart<br />

der Digitalisierung der Energiewende<br />

Dieses Gesetz regelt den Einsatz von Smart<br />

Metern mit der Möglichkeit, dass Netzbetreiber<br />

intelligente Messstellen aus der Ferne<br />

auslesen und Großverbraucher steuern können.<br />

Ein direkter Einfluss auf die Gebäudeautomation<br />

besteht zwar nicht, doch bietet<br />

die eingesetzte Technologie neue Möglichkeiten<br />

in zweierlei Hinsicht: Anschlussnutzer<br />

und Service-Techniker können über<br />

die Home Area Network-Schnittstelle (HAN-<br />

Schnittstelle) Daten aus dem Smart Meter<br />

Gateway (SMGW) auslesen. Diese Schnittstelle<br />

kann als Messdatenquelle dienen. Jedoch<br />

bestimmt der Gateway-Administrator<br />

die Qualität und den Inhalt der Schnittstelle<br />

und dieser sitzt bei den Netzbetreibern. Die<br />

Informationen der Energieverbräuche können<br />

für ein Monitoring interessant sein. Für<br />

Regelungsaufgaben sind aber die aktuellen<br />

Leistungsdaten in einer entsprechenden<br />

Qualität bzw. Auflösung nötig. Daher kann<br />

es sinnvoller sein, sich nicht in eine Abhängigkeit<br />

zu begeben und für solche Zwecke<br />

eine zusätzliche Messeinrichtung zu betreiben<br />

und in die Gebäudeautomation zu integrieren.<br />

Das aus Sicht der Gebäudeautomation<br />

viel spannendere Potenzial liegt in der kontinuierlichen<br />

Fernabfrage der Verbrauchswerte<br />

und in der Möglichkeit, einen Energiepreis<br />

zeitabhängig zu variieren. Mit Kenntnis<br />

der zukünftigen Preise werden zeitlich<br />

verschiebbare und energielastige Prozesse<br />

den Energiepreisen automatisiert angepasst<br />

bzw. Sollwerte bewusst verändert. Mit einfachen<br />

Mitteln ist es beispielsweise möglich,<br />

Speichersolltemperaturen oder Raumsolltemperaturen<br />

zu Zeiten mit hohen Preisen<br />

zu verringern und bei besonders günstigen<br />

Preisen über den Normalsollwert zu erhöhen.<br />

Ebenso wird es ein Umdenken im Lademanagement<br />

von Elektrofahrzeugen geben.<br />

Die Erfahrung wird zeigen, was alles<br />

sinnvoll und ohne zu viele Komforteinbußen<br />

bei Nutzern möglich ist. Es ist sicher, dass<br />

sich das persönliche Nutzerverhalten anpassen<br />

wird und dass sich auch Gewohnheiten<br />

ändern werden.<br />

Energiesparen<br />

durch Gebäudeautomation<br />

Paragraf 71a des Gebäudeenergiegesetzes<br />

fordert für neu zu errichtende Nichtwohngebäude<br />

ein System für die Gebäudeautomation<br />

entsprechend dem Automatisierungsgrad<br />

B nach der Vornorm DIN V 18599-11:<br />

2018-09. Außerdem muss das Gebäude mit<br />

den Anlagen der Technischen Gebäudeausrüstung<br />

ein technisches Inbetriebnahme-<br />

Management (IBM) einschließlich der Einregulierung<br />

der gebäudetechnischen Anlagen<br />

durchlaufen.<br />

Um die aktuellen gesetzlichen Anforderungen<br />

und Förderrichtlinien zu erfüllen,<br />

sollten bei der Planung und Realisierung der<br />

Technischen Gebäudeausrüstung und der Gebäudeautomation<br />

die beiden Normen DIN V<br />

18599-11: 2018-09 und DIN EN ISO 52120-1<br />

„Energieeffizienz von Gebäuden – Einfluss<br />

von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement“<br />

berücksichtigt werden.<br />

Weitere zurzeit noch anwendbare Normen<br />

zur Energieeffizienz der Gebäudeautomation<br />

sind die DIN EN 15232-1:2017-<br />

12 „ Energieeffizienz von Gebäuden – Teil 1:<br />

Einfluss von Gebäudeautomation und Gebäudemanagement<br />

– Module M10-4, 5, 6, 7, 8,<br />

9, 10; Deutsche Fassung EN 15232-1:2017“<br />

und die VDI-Richtlinie 3813-2 „Gebäudeautomation<br />

(GA) – Raumautomationsfunktionen<br />

(RA-Funktionen)“.<br />

Die Energieeffizienzklassen werden wie<br />

folgt definiert:<br />

• Energieeffizienzklasse A: hoch energieeffizientes<br />

Gebäudeautomationssystem,<br />

• Energieeffizienzklasse B: weiterentwickeltes<br />

Gebäudeautomationssystem,<br />

• Energieeffizienzklasse C: Standard-Gebäudeautomationssystem,<br />

• Energieeffizienzklasse D: einfache Regeltechnik.<br />

Die Gebäudeautomation ist in der Energieeffizienzklasse<br />

B oder höher auszuführen, um<br />

die Energiesparziele zu gewährleisten. Dafür<br />

sind folgende Leistungsmerkmale erforderlich<br />

bzw. sinnvoll:<br />

• technisches Gebäudemonitoring,<br />

• Energie-Monitoring,<br />

• Raumautomation,<br />

• automatische Bedarfserfassung,<br />

• regelmäßige Wartung,<br />

• Energieoptimierung.<br />

Die Regelung der Raumbeleuchtung soll hier<br />

als Beispiel dienen:<br />

• Energieeffizienzklasse D: Manueller<br />

Schalter Ein / Aus,<br />

• Energieeffizienzklasse C: Manuell Ein /<br />

Aus mit automatischer Ausschaltung,<br />

• Energieeffizienzklasse B: Präsenzerkennung,<br />

Belegungsauswertung,<br />

• Energieeffizienzklasse A: Tageslichtabhängige<br />

Beleuchtungsregelung.<br />

Fazit<br />

Die Anforderungen an das Energiesparen<br />

und die Energieeffizienz können nur mit einer<br />

hochwertigen Gebäudeautomation in einer<br />

hohen Effizienzklasse realisiert werden.<br />

Der Carbon Footprint einer Immobilie<br />

hängt wesentlich vom energieeffizienten Betrieb<br />

über die gesamte Lebensdauer der Immobilie<br />

ab – vom Bau bis zum Rückbau bzw.<br />

bis zur Generalsanierung. Darum ist ein permanentes<br />

Monitoring der Energieverbräuche<br />

und Teil-Energieflüsse in Abhängigkeit der<br />

Gebäudenutzung erforderlich. Dadurch können<br />

unnötige Energieverbräuche schnell erfasst<br />

und vermieden werden. Durch ein permanentes<br />

Monitoring in Verbindung mit<br />

künstlicher Intelligenz können komplexe<br />

Einflüsse zielgerichtet analysiert und zur Optimierung<br />

genutzt werden: Energieverbraucher<br />

wie Heizung, Klimaanlagen, Kälteanlagen,<br />

Beleuchtung, Produktionsanlagen werden<br />

im Zusammenhang mit vielen weiteren<br />

Daten analysiert und optimiert. Die Anforderungen<br />

und die Komplexität der Gebäudeautomation<br />

werden zukünftig weiter steigen.<br />

Systeme werden kleinteiliger und müssen<br />

zielgerichteter auf den tatsächlichen aktuellen<br />

Nutzen und Bedarf reagieren. Eine<br />

Gebäudenutzungsplanung und äußere Einflüsse<br />

– beispielsweise das Wetter – werden<br />

standardmäßig die Automatisierung vorausschauend<br />

beeinflussen. Die Gebäude werden<br />

dadurch am effektivsten genutzt und Energie<br />

wird eingespart.<br />

<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 21


Technische Trends und Normung<br />

Gebäudeautomation –<br />

Gesetzliche Anforderungen<br />

fristgerecht umsetzen<br />

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde 2023 novelliert; die Novelle ist am 1. Januar <strong>2024</strong> in Kraft<br />

getreten. Darin sind auch Vorgaben für die Gebäudeautomation zu finden. Diese müssen teilweise<br />

bis zum 31. Dezember <strong>2024</strong> umgesetzt werden, da andernfalls Bußgelder drohen. Wie kann eine<br />

fristgerechte Umsetzung gelingen?<br />

Horst Zacharias,<br />

Geschäftsführer,<br />

NEXZA GmbH,<br />

Hameln<br />

2023 wurden das Gebäudeenergiegesetz<br />

(GEG) novelliert und das Gesetz zur Steigerung<br />

der Energieeffizienz in Deutschland<br />

(Energieeffizienzgesetz – EnEfG) verabschiedet.<br />

In beiden Gesetzen wurden Anforderungen<br />

an Anlagen der Gebäudeautomation<br />

formuliert, die teilweise über die üblichen<br />

Möglichkeiten solcher Anlagen hinausgehen.<br />

Verbunden wurden sie mit einer sehr<br />

kurzen Umsetzungsfrist bis zum 31. Dezember<br />

<strong>2024</strong>. Die Gebäudebetreiber und die Ersteller<br />

von Gebäudeautomations-Anlagen<br />

setzt das unter enormen Zeitdruck.<br />

Paragraf 71a „Gebäudeautomation“, Absatz<br />

2 des GEG <strong>2024</strong> lautet:<br />

„(2) Zur Erfüllung der Anforderung nach Absatz<br />

1 muss ein Nichtwohngebäude mit digitaler<br />

Energieüberwachungstechnik ausgestattet<br />

werden, mittels derer<br />

1. eine kontinuierliche Überwachung, Protokollierung<br />

und Analyse der Verbräuche<br />

aller Hauptenergieträger sowie aller gebäudetechnischen<br />

Systeme durchgeführt<br />

werden kann,<br />

2. die erhobenen Daten über eine gängige<br />

und frei konfigurierbare Schnittstelle zugänglich<br />

gemacht werden, sodass Auswertungen<br />

firmen- und herstellerunabhängig<br />

erfolgen können,<br />

3. Anforderungswerte in Bezug auf die Energieeffizienz<br />

des Gebäudes aufgestellt werden<br />

können,<br />

4. Effizienzverluste von gebäudetechnischen<br />

Systemen erkannt werden können und<br />

5. die für die Einrichtung oder das gebäudetechnische<br />

Management zuständige Person<br />

über mögliche Verbesserungen der<br />

Energieeffizienz informiert werden kann.<br />

Zusätzlich ist eine für das Gebäude-Energiemanagement<br />

zuständige Person oder ein Unternehmen<br />

zu benennen oder zu beauftragen,<br />

um in einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess<br />

die Potenziale für einen energetisch<br />

optimierten Gebäudebetrieb zu analysieren<br />

und zu heben.“<br />

Das Gebäudeenergiegesetz lässt zu, dass<br />

diese Anforderungen auch durch beauftragte<br />

Dienstleister erfüllt werden können. Angesichts<br />

der kurzen Frist erscheint dieser Weg<br />

Die Cloud-Plattform als effektives<br />

Bindeglied zwischen Smart Metering,<br />

Technischer Gebäudeausrüstung<br />

(TGA) und ESG-Reporting<br />

Grafik: Aedifion, Köln<br />

22 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

sinnvoll – vor allem dann, wenn ein cloudbasiertes<br />

Energiemanagement-System eingesetzt<br />

wird, das zusätzlich auch den Gebäude-<br />

CO 2 -Ausstoß kontinuierlich auf vorgegebene<br />

Grenzwerte regeln kann.<br />

Eine Cloud-Plattform – gegebenenfalls<br />

von einem externen Dienstleister betrieben –<br />

bietet zahlreiche Funktionen, die Gebäudeeigentümern<br />

und -betreibern helfen können,<br />

kurzfristig die Anforderungen des novellierten<br />

GEG zu erfüllen. Eine aufwendige<br />

Nachrüstung der vorhandenen Gebäudeautomation<br />

bzw. der Management- und Bedieneinrichtung<br />

müssen nicht vorgenommen<br />

werden. Die Cloud-Plattform ermöglicht<br />

die Überwachung und Analyse des Energieverbrauchs<br />

in Echtzeit, die Identifikation von<br />

Einsparpotenzialen und die Optimierung des<br />

Gebäudebetriebs.<br />

I. Echtzeit-Überwachung,<br />

Protokollierung und Analyse<br />

Die kontinuierliche Überwachung, Protokollierung<br />

und Analyse der Verbräuche aller<br />

Hauptenergieträger und aller gebäudetechnischen<br />

Systeme sind durch eine Cloud-Plattform<br />

möglich. Das erlaubt die genaue und<br />

zeitnahe Erfassung des Energieverbrauchs<br />

und der Leistung der Gebäudetechnik. Gebäudeeigentümer<br />

und -betreiber können<br />

detaillierte Auswertungen über den Energieverbrauch<br />

erstellen und so ein besseres<br />

Verständnis für die Energieeffizienz ihrer<br />

Gebäude entwickeln.<br />

II. Einsparpotenziale<br />

identifizieren<br />

Eine Cloud-Plattform kann dabei helfen, Einsparpotenziale<br />

zu identifizieren: Durch die<br />

Analyse der Betriebsdaten können ineffiziente<br />

Prozesse oder Anlagen identifiziert und<br />

entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung<br />

der Energieeffizienz eingeleitet werden.<br />

Durch die Nutzung von Machine-Learning-<br />

Algorithmen kann die Plattform Vorhersagen<br />

über den zukünftigen Energieverbrauch<br />

treffen, Empfehlungen für die Optimierung<br />

der Gebäudebetriebsführung geben und direkt<br />

in die Steuerung des Gebäudes eingreifen.<br />

Sie kann auch dazu eingesetzt werden<br />

den CO 2 -Ausstoß von Gebäuden kontinuierlich<br />

auf einen bestimmten Maximalwert zu<br />

regeln. Die Plattform kann die Emissionen<br />

in Echtzeit überwachen und an vorgegebene<br />

Grenzwerte anpassen.<br />

III. Zugänglichkeit<br />

der Daten<br />

Die erhobenen Daten werden über eine gängige<br />

und frei konfigurierbare Schnittstelle<br />

zugänglich gemacht. Firmen- und herstellerunabhängige<br />

Auswertungen sind so möglich<br />

und eine hohe Flexibilität bei der Datenanalyse<br />

und -nutzung ist gegeben.<br />

IV. Aufstellung von<br />

Anforderungswerten<br />

Mit der Cloud-Plattform können Anforderungswerte<br />

in Bezug auf die Energieeffizienz<br />

des Gebäudes aufgestellt werden. Diese<br />

Werte können als Benchmark für die Leistung<br />

des Gebäudes dienen und helfen, Ziele<br />

für die Energieeffizienz zu setzen.<br />

V. Information über<br />

Verbesserungen<br />

Die für die Einrichtung oder das gebäudetechnische<br />

Management zuständige Person<br />

kann über mögliche Verbesserungen der<br />

Ener gie effizienz informiert werden. Eine<br />

proaktive Verwaltung und eine Optimierung<br />

der Gebäudeenergieeffizienz werden dadurch<br />

möglich.<br />

VI. Abgrenzung zu lokalen<br />

Management- und Bediensystemen<br />

Gegenüber einer lokalen Management- und<br />

Bedieneinrichtung (Gebäudeleittechnik) bietet<br />

eine Cloud-Plattform mehrere Vorteile.<br />

1. Skalierbarkeit<br />

und Flexibilität<br />

Eine Cloud-Plattform ist hoch skalierbar und<br />

kann problemlos an die Größe und Komplexität<br />

eines Gebäudes oder eines Gebäudeportfolios<br />

angepasst werden. Im Gegensatz<br />

zu lokalen Systemen, die oft hardware-intensiv<br />

und schwierig zu erweitern sind, ermöglicht<br />

die Cloud-Plattform eine einfache Skalierung<br />

und Anpassung an veränderte Anforderungen.<br />

2. Zugänglichkeit<br />

und Mobilität<br />

Die berechtigten Stakeholder können mit<br />

der Cloud-Plattform auf ihre Gebäudedaten<br />

von überall und jederzeit zugreifen, solange<br />

sie eine Internetverbindung haben. Das<br />

ist ein großer Vorteil gegenüber lokalen<br />

Systemen, die oft nur vor Ort zugänglich<br />

sind.<br />

3. Automatisierte<br />

Updates und Wartung<br />

Im Gegensatz zu lokalen Systemen, die regelmäßige<br />

manuelle Updates und Wartungsarbeiten<br />

erfordern, werden Updates und Wartungsarbeiten<br />

in der Cloud-Plattform automatisch<br />

durchgeführt. Das reduziert den<br />

Wartungsaufwand und stellt den Zugang zu<br />

den neuesten Funktionen und Sicherheitsupdates<br />

sicher.<br />

4. Integration<br />

und Kompatibilität<br />

Eine Cloud-Plattform ist so konzipiert, dass<br />

sie problemlos in eine Vielzahl von Gebäudesystemen<br />

und -technologien integriert werden<br />

kann. Das garantiert eine nahtlose Integration<br />

und Interoperabilität, die mit lokalen<br />

Systemen oft nur schwer zu erreichen ist.<br />

VII. Vernetzung von<br />

Gewerken und Systemen<br />

Die Grafik zeigt, wie eine Cloud-Plattform<br />

als effektives Bindeglied zwischen<br />

Smart Metering, Technischer Gebäudeausrüstung<br />

(TGA) und ESG-Reporting (ESG –<br />

Environmental Social Governance) fungiert.<br />

Durch die Integration von Smart Metering-<br />

Daten ermöglicht die Plattform eine genaue<br />

und zeitnahe Überwachung des Energieverbrauchs.<br />

Diese Daten können dann mit Informationen<br />

aus der TGA kombiniert werden,<br />

um ein umfassendes Bild der Gebäudeperformance<br />

zu erhalten. Darüber hinaus unterstützt<br />

die Plattform das ESG-Reporting, indem<br />

sie detaillierte Berichte über den Energieverbrauch<br />

und die CO 2 -Emissionen liefert.<br />

VIII. Ganzheitliche Betrachtung<br />

von Immobilienportfolios<br />

Die Abbildung eines gesamten Gebäudeportfolios<br />

über eine Cloud-Plattform bietet mehrere<br />

Vorteile gegenüber dem Verwenden vieler<br />

lokaler Leittechniksysteme: Erstens ermöglicht<br />

die zentrale Verwaltung in der Cloud<br />

eine konsistente Überwachung und Analyse<br />

über alle Gebäude hinweg – das führt zu<br />

einer effizienteren Betriebsführung. Zweitens<br />

erlaubt die Skalierbarkeit der Cloud die<br />

einfache Integration neuer Gebäude in das<br />

Portfolio. Drittens gewährleistet die Cloud-<br />

Plattform den Zugriff auf die Daten von überall<br />

und zu jeder Zeit – flexible und zeitnahe<br />

Reaktionen auf Probleme werden möglich.<br />

Schließlich können durch die Nutzung einer<br />

einzigen Cloud-Plattform statt vieler lokaler<br />

Systeme Kosten und Ressourcen eingespart<br />

werden, da weniger Hardware benötigt wird<br />

und Wartung und Updates zentralisiert werden<br />

können. Diese Vorteile tragen dazu bei,<br />

die Effizienz und Nachhaltigkeit des Gebäudebetriebs<br />

zu verbessern.<br />

<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 23


Technische Trends und Normung<br />

Zellularer Ansatz:<br />

Effiziente Lösung für die Zukunft der TGA<br />

Ein Algorithmus zur Bewältigung der Komplexität<br />

in der Energieerzeugung und -nutzung<br />

Die Branche der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA) steht vor erheblichen Herausforderungen,<br />

um aktiv zur Verwirklichung einer fossilfreien Zukunft beizutragen. Die Verlagerung hin zu Erneuerbaren<br />

Energien, begleitet von der verstärkten Digitalisierung der TGA, führt zu einer signifikanten<br />

Dezentralisierung und Fluktuation in der zunehmend erneuerbaren Energieerzeugung und der<br />

wachsenden Notwendigkeit einer flexiblen Energienutzung. Wie kann diese immer weiter zunehmende<br />

Komplexität der Energielandschaft bewältigt werden?<br />

Dipl.-Ing.<br />

Lukas Richter,<br />

Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter der AG<br />

„Intelligente hybride<br />

Heiztechnologien“,<br />

Bereich „Thermochemische<br />

Konversion“,<br />

DBFZ, Leipzig<br />

M. Sc.<br />

Martin Dotzauer,<br />

Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter der AG<br />

„Biomasse im Energiesystem“,<br />

Bereich „Bioenergiesysteme“,<br />

DBFZ, Leipzig<br />

Dr.-Ing. Volker Lenz,<br />

Bereichsleiter<br />

„Thermo-chemische<br />

Konversion“,<br />

Forschungsschwerpunktleiter<br />

„Intelligente<br />

Biomasseheiztechnologien“,<br />

DBFZ, Leipzig<br />

Prof. Dr.-Ing. habil.<br />

Joachim Seifert,<br />

Professur für Gebäudeenergietechnik<br />

und Wärmeversorgung,<br />

TU Dresden<br />

Die Herausforderungen der Technischen Gebäudeausrüstung<br />

(TGA) in der Zukunft erstrecken<br />

sich auf verschiedene Bereiche, unter<br />

anderem Smarthome-Systeme, raumlufttechnische<br />

und kältetechnische Anlagen und<br />

die Umstellung auf fossilfreie Heizungsanlagen.<br />

Diese Beispiele wurden gezielt ausgewählt,<br />

da sie eine gemeinsame Eigenschaft<br />

teilen: In einer digitalisierten Welt verschmelzen<br />

die Energiesysteme der Gebäude nahtlos<br />

mit dem übergeordneten System. Das erfordert<br />

für jedes Beispiel fortschrittliche Informations-<br />

und Kommunikationstechnik sowie<br />

eine zuverlässige Stromversorgung auf Abruf.<br />

Die Elektrifizierung und Digitalisierung –<br />

verbunden mit der Integration dezentraler,<br />

fluktuierender, erneuerbarer Energiequellen<br />

– führen zu einer erheblichen Zunahme<br />

der Komplexität im Energiesystem. Das<br />

wird in Abbildung 1 ersichtlich. Um diesen<br />

gestiegenen Anforderungen an Informationsund<br />

Kommunikationstechnik gerecht zu werden<br />

und die Versorgungssicherheit jederzeit<br />

zu gewährleisten, ist ein Umdenken in neue<br />

Strukturen unumgänglich.<br />

Der nachfolgende Beitrag stützt sich auf<br />

die Ergebnisse des Forschungsvorhabens<br />

von Richter et al. [2].<br />

Alle Grafiken: Eigene Darstellung<br />

Abbildung 1: Klassische uni- (links) und zukünftig multidirektionale (rechts) Lastflussrichtung im<br />

Energie system [1]<br />

Zellulare Energiesysteme<br />

Wie in Abbildung 2 dargestellt, kann das<br />

Ener gie sys tem je nach örtlichen geografischen<br />

oder physikalischen Netzbedingungen<br />

in verschiedene Energiezellen aufgeteilt<br />

werden [3]. Diese Zellen sind hierarchisch<br />

strukturiert und folgen dem Prinzip<br />

der Subsidiarität. Subsidiarität bedeutet,<br />

dass lokale Probleme in erster Linie an der<br />

Ursache angegangen und erst sekundär mithilfe<br />

benachbarter Zellen oder Netzgebiete<br />

gelöst werden [4]. Dieser Ansatz ermöglicht<br />

24 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Abbildung 2:<br />

Zellulares<br />

Energiesystem<br />

es, das Gesamtproblem der zeitdiskreten Bedarfsdeckung<br />

in kleinere Teilprobleme aufzuteilen,<br />

indem das Energiesystem von unten<br />

nach oben geregelt wird. Die hohe Autonomie<br />

und Autarkie jeder Energiezelle reduzieren<br />

den zentralen Steuerungs- und Kommunikationsaufwand<br />

erheblich.<br />

Nach dieser anfänglichen Optimierung<br />

kann der Zell-Manager (ZM) unter der Voraus<br />

set zung eines restriktionsfreien Betriebs<br />

direkt mit dem Strommarkt interagieren. Dabei<br />

hat er die Flexibilität, Energie zu kaufen,<br />

wenn die Nachfrage hoch ist und die Preise<br />

niedrig sind. Oder er verkauft überschüssige<br />

Energie, wenn die Nachfrage gering ist und<br />

die Preise attraktiv sind. Dieser direkte Zugang<br />

zum Strommarkt ermöglicht es der Zelle,<br />

dynamisch auf Marktschwankungen zu<br />

reagieren und wirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen<br />

zu treffen, um die Ener gie versor<br />

gung zu optimieren und gleichzeitig die<br />

Kosten zu minimieren. Somit spielt der ZM<br />

eine entscheidende Rolle bei der effizienten<br />

Nutzung der dezentralen Energieanlagen<br />

und trägt dazu bei, eine nachhaltige und kosten<br />

günstige Energieversorgung zu gewährleisten.<br />

Die Festlegung von Restriktionen obliegt<br />

dem lokalen Clustermanager (LCM), der<br />

mehrere Level-0-Zellen in regionaler Nähe<br />

koordiniert. Dabei erhält der LCM lediglich<br />

notwendige und aggregierte Informationen<br />

von den untergeordneten Zellmanagern –<br />

und zwar basierend auf dem Subsidiaritätsprinzip<br />

und unter Berücksichtigung des Datenschutzes.<br />

Nach dieser Informationsaggregation<br />

überwacht der LCM nicht nur das Nieder-<br />

und Mittelspannungsnetz, sondern gleichermaßen<br />

auch Fernwärme- und Gasnetze<br />

auf mögliche zukünftige Grenzwertverletzungen<br />

sowie Unter- und Überversorgungen.<br />

Gegebenenfalls werden Beschränkungen für<br />

die untergeordneten Zellen festgelegt.<br />

Die höchste Instanz in diesem Energiesystem<br />

ist der zentrale Clustermanager (ZCM).<br />

Er koordiniert die Level-1-Zellen, die Strommärkte<br />

und das Hochspannungsnetz auf<br />

Grundlage der zellularen Charakteris tiken.<br />

Um zu überprüfen, ob die Implementierung<br />

des zellularen Ansatzes zu einem koordinierten,<br />

aber auch versorgungssicheren<br />

Energiesystem führt, wird im Rahmen des<br />

Forschungsvorhabens ein Beispielquartier<br />

untersucht. Der Schwerpunkt liegt dabei<br />

auf ländlichen Gebieten, in denen die Wärmenachfragedichte<br />

oft nicht ausreicht, um<br />

Nahwärmenetze zu etablieren. Als Alternative<br />

stehen dezentrale Energieanlagen zur<br />

Verfügung, die bei einer direkten Kopplung<br />

mit dem Stromsektor die Komplexität weiter<br />

erhöhen können, beispielsweise bei Wärmepumpen<br />

oder Blockheizkraftwerken. Bei<br />

der zukünftigen Ausgestaltung des Anlagenparks<br />

für ländliche Energiezellen wird ein<br />

besonderes Augenmerk auf festbiomassebasierte<br />

Hybridsysteme (FBHS) gelegt.<br />

Festbiomassebasierte Hybridsysteme<br />

FBHS sind eine Kombination aus mehreren<br />

erneuerbaren Energieerzeugern mit einem<br />

biogenen Energieerzeuger, wie exemplarisch<br />

Abbildung 3: Biomassebasiertes Hybridsystem<br />

in Abbildung 3 dargestellt ist. Dabei wird<br />

die dezentrale Nutzung von Biomasse in diesen<br />

Systemen von verschiedenen Faktoren<br />

wie Netzstabilität und wirtschaftlichen Indikatoren<br />

beeinflusst. Biomassekessel, Blockheizkraftwerke<br />

(BHKW) oder Kamine werden<br />

deshalb nur dann eingesetzt, wenn die<br />

Leistung der Hauptwärmequelle, beispielsweise<br />

eine Wärmepumpe, nicht aus reicht<br />

oder die Nutzung mit erheblichen wirtschaftlichen<br />

Nachteilen verbunden ist. Diese<br />

Nachteile können exemplarisch auftreten,<br />

wenn hohe Strompreise den Einsatz einer<br />

Wärmepumpe unwirtschaftlich machen.<br />

Die Biomasseanlage wird nach dem Prinzip<br />

betrieben, dass nur so viel Wärme erzeugt<br />

wird, wie tatsächlich benötigt wird oder gespeichert<br />

werden kann. Dieser Steuerungsmechanismus<br />

ermöglicht eine bedarfsorientierte<br />

Strom- und Wärmeerzeugung und<br />

kann Schwankungen in der Strom- und Wärmeerzeugung<br />

durch Wind- und Sonnenenergie<br />

zum Teil ausgleichen. Das trägt dazu bei,<br />

den Autarkiegrad der Zellen zu erhöhen und<br />

lokale Spitzenbedarfe zu glätten [5].<br />

Es ist wichtig zu betonen, dass Biomasse<br />

nur dann eingesetzt wird, wenn es keine andere<br />

ökologische und wirtschaftliche Alternative<br />

gibt, beispielsweise für Prozesswärme<br />

oder die Wärmeversorgung in ländlichen<br />

Gebieten. Das gewährleistet eine effiziente<br />

Nutzung des begrenzten Potenzials der Biomasse<br />

[5–8].<br />

Der kostenoptimale Anlagenpark<br />

ländlicher Quartiere<br />

Um den zellularen Ansatz mit einer kosteneffizienten<br />

Gestaltung eines Anlagenparks in<br />

einem ländlichen Quartier zu vereinen, wird<br />

auf die Methode der Energiesystemmodellierung<br />

zurückgegriffen. Im ersten Schritt<br />

wird der optimale Anlagenpark des ländlichen<br />

Quartiers berechnet. Dabei wird das<br />

Gebiet durch eine Zellenstruktur abgedeckt,<br />

bestehend aus mehreren Level-0-Zellen innerhalb<br />

einer Level-1-Zelle, um den zellularen<br />

Ansatz zu berücksichtigen. Interaktionen<br />

über diese Grenzen hinweg werden als<br />

Stromimport oder -export mit einem Verteilungsnetz<br />

zu dynamischen Preisen betrachtet.<br />

Die Optimierung erfolgt nach dem Prinzip<br />

des Bluefield-Ansatzes, der die Struktur<br />

des Ortes (Straßen, Häuser und Energiebedarfe)<br />

im Gegensatz zu vorhandenen Energieanlagen<br />

berücksichtigt.<br />

Zur Ermittlung der kosteneffizienten Anlagenkonfiguration<br />

wird dem Optimierer eine<br />

Auswahl an Energieanlagen mit den entsprechenden<br />

wirtschaftlichen und technischen<br />

Parametern vorgegeben. Auf Grundlage dieser<br />

Vorgaben entscheidet der Optimierer,<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 25


Technische Trends und Normung<br />

welche Technologien die optimale Lösung<br />

für die gegebene Struktur über den Betrachtungszeitraum<br />

von einem Jahr darstellen.<br />

Diese Technologien können im Hinblick<br />

auf das Optimierungsziel monovalent oder<br />

gemeinsam in Hybridsystemen eingesetzt<br />

werden. Für die Modellierung dieser Technologien<br />

ist ein detailliertes Verständnis der<br />

internen Prozesse und Einflussfaktoren unerlässlich.<br />

Die Modellierung basiert auf den<br />

Energieflüssen innerhalb der Technologien<br />

und zwischen ihnen, wobei Aspekte wie Hydraulik<br />

oder Spannungsstabilität vernachlässigt<br />

werden. Die relevanten Technologien<br />

für das ländliche Beispielquartier sind in Abbildung<br />

4 dargestellt.<br />

Um die Einflüsse des Einsatzes von FBHS<br />

in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen,<br />

müssen die Kosten bei der<br />

Umsetzung minimiert werden. Diese Minimierung<br />

basiert auf der Annuitätenmethode<br />

aus der VDI-Richtlinie 2067 [9]. Diese Richtlinie<br />

bezieht sich auf die Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

von gebäudetechnischen Anlagen<br />

und ermöglicht es im Gegensatz zu den<br />

anderen Methoden, Investitionsvarianten<br />

mit unterschiedlichen Laufzeiten zu berücksichtigen.<br />

In dieser Investitionsrechnung<br />

wird eine Annuität berechnet, die sowohl einmalige<br />

In ves ti tionen als auch laufende Zahlungen<br />

über einen definierten Zeitraum mit<br />

Hilfe eines Annuitäts fak tors zusammenfasst.<br />

Die Umsetzung dieser Kostenminimierung<br />

erfolgt innerhalb des Forschungsvorhabens<br />

mit dem Tool oemof [10] in Python.<br />

Hierbei wird die Optimierung als lineare oder<br />

gemischt-ganzzahlige Optimierung auf Basis<br />

einer modularen Energiesystemmodellierung<br />

durchgeführt.<br />

Subsidiarität, Autonomie<br />

und Aggregation<br />

Nach der Investitionsoptimierung für das gesamte<br />

Quartier verfügt jedes Gebäude über<br />

die erforderlichen Anlagenleistungen, um<br />

den Bedarf des Quartiers kosteneffizient<br />

zu decken. Es ist jedoch zu beachten, dass<br />

bei der Minimierung einer einzigen systemischen<br />

Optimierungsfunktion die wirtschaftlichen<br />

Interessen der vorhandenen Akteure<br />

teilweise unberücksichtigt bleiben, wie<br />

von Fischer und Toffolo [11] festgestellt wurde.<br />

Das bedeutet, dass der berechnete Anlagenpark<br />

zu einem kostenminimalen Quartier<br />

führen kann – jedoch nicht zwangsläufig zu<br />

den optimalen Lösungen für einzelne Gebäude.<br />

Das ist insbesondere dann der Fall, wenn<br />

ein zentral gesteuerter Betrieb anstelle eines<br />

autonomen Betriebs bevorzugt wird. Um diesem<br />

Widerspruch zu den Charakteristiken<br />

des zellularen Ansatzes entgegenzuwirken,<br />

ist es notwendig, die lokalen Betriebsoptima<br />

jeder einzelnen Zelle zu berechnen. Laut<br />

Fischer und Toffolo führt die Berücksichtigung<br />

dieser lokalen Optima nicht zwangsläufig<br />

zu einem kostenminimalen Quartier, jedoch<br />

zu kostenminimalen Ausstattungen für<br />

die einzelnen Gebäude.<br />

Um diese Betrachtung der lokalen Optima<br />

durchführen zu können, müssen Zellen miteinander<br />

interagieren können – insbesondere<br />

dann, wenn die Versorgungssicherheit<br />

auf Zellebene 0 oder 1 nicht erreicht werden<br />

kann. Dafür müssen auf Grundlage des zellularen<br />

Ansatzes verschiedene<br />

Faktoren berücksichtigt werden:<br />

Im Sinne von Autonomie<br />

und Subsidiarität sollte jede<br />

Zelle nach der Konfiguration<br />

des Anlagenparks das primäre<br />

Ziel verfolgen, ihren eigenen<br />

Energiebedarf kostenminimal<br />

zu decken. Erst wenn<br />

das mit den eigenen Erzeugungskapazitäten<br />

nicht mehr<br />

Abbildung 4:<br />

Auswahl an Technologien<br />

Abbildung 5:<br />

Lokaler Strommarkt<br />

möglich ist, interagiert sie mit anderen Zellen<br />

der gleichen Ebene auf Basis des sekundären<br />

Ziels. Auf diese Weise können die Zellen<br />

Energie austauschen, um die Versorgungssicherheit<br />

auf gleicher und nächsthöherer<br />

Zellebene zu gewährleisten und gleichzeitig<br />

ihre eigenen Gewinne zu maximieren.<br />

Diese Implementierung basiert auf den Prinzipien<br />

der Autonomie und Subsidiarität sowie<br />

einem hohen Maß an Autarkie.<br />

Um diese Interaktion zwischen den verschiedenen<br />

Zellen zu modellieren, wird ein<br />

lokaler Strommarkt eingeführt. Die angepassten<br />

Prozesse des zellularen Ansatzes<br />

aus Abbildung 1 sind in Abbildung 5 detailliert<br />

dargestellt, um den Energiehandel zwischen<br />

den Zellen zu erfassen. Die Annahme<br />

in dieser Struktur ist, dass die Zellen ohne<br />

Einschränkungen miteinander interagieren<br />

können, sodass der lokale Clustermanager<br />

(LCM) und der zentrale Clustermanager<br />

(ZCM) nicht explizit betrachtet werden müssen.<br />

Das Hauptziel der Optimierung besteht<br />

darin, für jede Ebene-0-Zelle ein lokales Optimum<br />

des Anlagenbetriebs zu erzeugen.<br />

Für die Umsetzung dieser Betriebsoptimierung<br />

wird das Open-Source-Tool AMIRIS [12]<br />

verwendet. AMIRS ist ein Strommarktmodell,<br />

das auf einem Multiagentensystem basiert. In<br />

Multiagentensystemen spiegeln sich die Eigenschaften<br />

zellulärer Ener gie sys teme wider,<br />

da sie Probleme in Teilprobleme aufteilen<br />

und Agenten miteinander interagieren, um<br />

lokale und systemische Optima zu erreichen.<br />

Die begrenzte Kommunikation und der Austausch<br />

notwendiger Informationen zwischen<br />

den Agenten können die Systemkomplexität<br />

reduzieren und die Flexibilität erhöhen [13].<br />

Unter Berücksichtigung der primären und<br />

sekundären Ziele jeder Zelle sowie der Eigenschaften<br />

von AMIRIS plant jede Zelle zunächst<br />

ihre eigene Stromerzeugung. Wenn<br />

dabei eine Diskrepanz zwischen Angebot<br />

und Nachfrage entsteht, haben die Zellen<br />

die Möglichkeit, fehlenden Strom zu kaufen<br />

26 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


oder überschüssigen Strom anzubieten, um ihren<br />

Gewinn zu maximieren. Nach jedem Zellen-<br />

Dispatch werden aggregierte Informationen wie<br />

Stromüberschuss oder -defizit an den lokalen<br />

Strommarkt übermittelt, der daraufhin Nachfrage<br />

und Angebot zu einem Gleichgewichtspreis<br />

abgleicht. Stromanbieter erhalten den Erlös zu<br />

diesem Preis von den Stromverbrauchern, die<br />

den Zuschlag erhalten haben. Dieser Prozess<br />

wiederholt sich in jedem Zeitschritt des Marktes.<br />

Mit Hilfe dieser lokalen Betriebsoptimierungen<br />

ist es möglich, den zentralen Kommunikations-<br />

und Informationsaustausch im Sinne<br />

von Aggregation, Subsidiarität und Autonomie<br />

zu reduzieren.<br />

Wärme als Flexibilitätspotenzial<br />

Im Rahmen des Forschungsvorhabens wurde<br />

der Wärmesektor separat abgebildet, da AMIRIS<br />

als strombasiertes Marktmodell konzipiert ist.<br />

Bei einer Kopplung mit dem Stromsektor bietet<br />

der Wärmesektor ein beträchtliches Flexibilitätspotenzial.<br />

Beispielsweise kann überschüssiger<br />

Strom mithilfe von Wärmepumpen in Wärme<br />

umgewandelt werden, die dann entweder genutzt<br />

oder gespeichert werden kann. Das ermöglicht<br />

nicht nur eine effiziente Lastverschiebung,<br />

sondern gestattet auch die hoch effiziente Erzeugung<br />

von Wärme. Da Strom jedoch zunehmend<br />

fluktuierend erzeugt wird und Wärmepumpen<br />

im Winter einen geringen Wirkungsgrad aufweisen,<br />

was den Strombedarf drastisch erhöht,<br />

kann der zusätzliche Einsatz eines biogenen<br />

Wärmeerzeugers sinnvoll sein. Um dieses Flexibilitätspotenzial<br />

zu erfassen, wurde AMIRIS um<br />

den Wärmesektor erweitert. Dabei erfolgt auf<br />

Grundlage vorhandener Ausgangsdaten eine getrennte<br />

Optimierung der Wärmeerzeuger und<br />

-speicher, was letztendlich zu einer kosteneffizienten<br />

Bereitstellung von Wärme führt.<br />

Der Optimierungsalgorithmus<br />

Die in diesem Prozess dargestellten Schritte<br />

der Investitionsoptimierung und der Be triebsopti<br />

mie rung, kombiniert mit der Nutzung von<br />

Wärme als Flexibilitätspotenzial, sollen nun<br />

zu einem umfassenden und skalierbaren Algorithmus<br />

integriert werden. Das Ziel besteht darin,<br />

basierend auf der spezifischen Struktur des<br />

Ortes und den zu berücksichtigenden Energieanlagen,<br />

die kos ten- und betriebsoptimale Anlagenkonfiguration<br />

für jedes Gebäude zu ermitteln.<br />

Zudem soll gezeigt werden, ob der zellulare<br />

Ansatz in Verbindung mit festbiomassebasierten<br />

Hybridsystemen ein versorgungssicheres<br />

und gleichzeitig komplexitätsreduziertes ländliches<br />

Quartier gewährleisten kann.<br />

Die Umsetzung dieses Algorithmus ist in Abbildung<br />

6 veranschaulicht. Dabei werden die<br />

beiden Optimierungsschritte in aufeinanderfolgenden<br />

Iterationen ausgeführt, bis eine zufrie-<br />

Building<br />

Performance<br />

Wie wir arbeiten und wie wir leben ist maßgeblich<br />

geprägt von der Umgebung, die wir<br />

selbst erschaffen.<br />

Deshalb machen wir uns bei Caverion täglich<br />

stark, diese Umgebung sicher zu gestalten,<br />

die Bedingungen für Wohlbefinden und<br />

Produktivität immer weiter zu verbessern<br />

und dabei im Einklang mit der Umwelt und<br />

bewusst im Umgang mit natürlichen<br />

Ressourcen zu agieren.<br />

Kunden bauen auf unsere technische<br />

Kompetenz über den gesamten Lebenszyklus<br />

von Gebäuden – von der Planung, über die<br />

Errichtung bis zu Wartung und Service.<br />

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www.caverion.de


Technische Trends und Normung<br />

denstellende Konvergenz erreicht ist. Diese<br />

Konvergenz bezieht sich auf die Veränderungen<br />

des Anlagenparks zwischen zwei<br />

aufeinanderfolgenden Iterationsschritten<br />

nach der Investitionsoptimierung. Die Iteration<br />

wird als abgeschlossen betrachtet, wenn<br />

sich der Anlagenpark innerhalb des Quartiers<br />

nur noch minimal oder gar nicht mehr<br />

ändert. Diese iterative Vorgehensweise, bestehend<br />

aus Investitions- und Betriebsoptimierung,<br />

gewährleistet eine optimale Anpassung<br />

des Anlagenparks an den Betrieb innerhalb<br />

eines zellularen Energiesystems.<br />

Um diesen Anpassungsprozess sicherzustellen,<br />

findet ein Datentransfer zwischen<br />

den beiden Optimierungsstufen statt. Nach<br />

der Investitionsoptimierung wird der konfigurierte<br />

Anlagenpark an die Betriebsoptimierung<br />

übergeben. Dieser Optimierungsschritt<br />

ermöglicht es, zu ermitteln, welche Anlagengrößen<br />

aufgrund der veränderten Betriebsbedingungen<br />

angepasst werden müssen und<br />

wie hoch die Stromgestehungskosten innerhalb<br />

des Quartiers sind.<br />

Abbildung 6:<br />

Iterativer<br />

Optimierungsalgorithmus<br />

Zusammenfassung und Ausblick<br />

Die Technische Gebäudeausrüstung steht vor<br />

erheblichen Herausforderungen im Hinblick<br />

auf die aktive Förderung einer fossilfreien<br />

Zukunft. Die Umstellung auf Erneuerbare<br />

Ener gien und die zunehmende Digitalisierung<br />

in der TGA führen zu einer spürbaren<br />

Dezentralisierung und zu Schwankungen in<br />

der Energieerzeugung und -nutzung.<br />

Das vorgestellte zellulare Energiesystem<br />

bietet einen vielversprechenden Ansatz, um<br />

den steigenden Anforderungen der TGA zu<br />

begegnen. Durch seine hierarchische Struktur<br />

und das Prinzip der Subsidiarität ermöglicht<br />

dieses System eine hohe Autonomie<br />

bzw. Selbstständigkeit jeder Energiezelle.<br />

Das führt zu einer erheblichen Reduzierung<br />

des zentralen Steuerungs- und Kommunikationsaufwands.<br />

Die Integration eines lokalen<br />

Strommarkts in Verbindung mit fest bio masse<br />

ba sier ten Hybridsystemen sowie die Einbeziehung<br />

des Wärmesektors als Flexibilitätspotenzial<br />

haben gezeigt, dass ein zuverlässiges<br />

Energieversorgungssystem in ländlichen<br />

Gebieten geschaffen werden kann, das<br />

gleichzeitig die Komplexität gegenüber zentral<br />

organisierten Ansätzen reduziert. Die<br />

Kombination aus Investitionsoptimierung,<br />

Betriebsoptimierung und der Nutzung von<br />

Wärme als Flexibilitätspotenzial kann zu einer<br />

kosteneffizienten Anlagenkonfiguration<br />

führen und dabei die individuellen Bedürfnisse<br />

jedes Gebäudes berücksichtigen.<br />

Der entwickelte Algorithmus, der diese verschiedenen<br />

Aspekte integriert, zeigt vielversprechende<br />

Perspektiven für die Zukunft der<br />

Technischen Gebäudeausrüstung auf. Dies ermöglicht<br />

nicht nur eine nachhaltige und kostengünstige<br />

Energieversorgung, sondern<br />

trägt auch dazu bei, die Heraus forderungen<br />

im Zusammenhang mit der Dezentralisierung<br />

und den Schwankungen in der Energieerzeugung<br />

und -nutzung zu bewältigen.<br />

Obwohl die hier vorgestellten Erkenntnisse<br />

bereits vielversprechend sind, wird der<br />

Algorithmus noch weiter optimiert. Zukünftige<br />

Arbeiten werden sich auf die Identifizierung<br />

geeigneter Indikatoren zur quantitativen<br />

Erfassung der Wechselwirkungen zwischen<br />

Investitions- und Betriebsoptimierung<br />

konzentrieren. Außerdem wird die aktuell<br />

noch sehr lange Berechnungszeit, die hauptsächlich<br />

von der Investitionsoptimierung beeinflusst<br />

wird, durch den Einsatz eines Hochleistungscomputers<br />

perspektivisch auf einige<br />

Stunden reduziert werden. Abschließend<br />

wird der bisher theoretische Algorithmus<br />

anhand eines Use Cases erprobt und validiert.<br />

Dabei liegt der Fokus auf der Untersuchung<br />

und Bewertung des Einflusses des<br />

Einsatzes von festbiomassebasierten Hybridsystemen<br />

auf die Versorgungssicherheit und<br />

Wirtschaftlichkeit in einem zellular strukturierten<br />

ländlichen Energiesystem, wie im definierten<br />

Anwendungsfall spezifiziert. <br />

Literatur:<br />

[1] J. Seifert und P. Schegner: Zellulare Energiesysteme:<br />

Grundlagen, Teilsysteme, Märkte,<br />

Rahmenbedingungen, Praxisbeispiele. Berlin,<br />

Offenbach: VDE Verlag GmbH, 2023.<br />

[2] L. Richter, V. Lenz, M. Dotzauer and J. Seifert:<br />

„A 2-stage optimisation approach to ensure security<br />

of supply in rural cellular energy structures<br />

with solid biomass-based (hybrid) systems“ ETG<br />

Congress 2023, Kassel, Germany, 2023, pp. 1-7.<br />

[3] L. Kriechbaum, G. Scheiber und T. Kienberger:<br />

„Grid-based multi-energy systems—modelling,<br />

assessment, open source modelling frameworks<br />

and challenges“, Energ Sustain Soc, Jg. 8, Nr. 35,<br />

2018, doi: 10.1186/s13705-018-0176-x.<br />

[4] J. Beyer et al.: „Zellulares Energiesystem: Ein<br />

Beitrag zur Konkretisierung des zellularen Ansatzes<br />

mit Handlungsempfehlungen“, Verband<br />

der Elektrotechnik, Frankfurt am Main, Mai 2019.<br />

[5] V. Lenz, H. Haufe, K. Oehmichen, N. Szarka, D.<br />

Thrän und M. Jordan: „Systemlösungen im Wärmesektor:<br />

52 Modellkonzepte für eine klimaneutrale<br />

Wärme“, Focus On, Nr. 1, 2020.<br />

[6] Umweltbundesamt (Hrsg.): „BioRest: Verfügbarkeit<br />

und Nutzungsoptionen biogener Abfall-<br />

und Reststoffe im Energiesystem (Strom-,<br />

Wärme- und Verkehrssektor): Abschlussbericht“,<br />

Dessau-Roßlau, 2018.<br />

[7] Bundesministerium für Wirtschaft und<br />

Ener gie (Hrsg.): „Dialog Klimaneutrale Wärme:<br />

Zielbild, Bausteine und Weichenstellungen<br />

2030/2050“, Feb. 2021.<br />

[8] Triebel, Marc-André, Steingrube, Annette, G.<br />

Stryi-Hipp und P. Reggentin: „Modellierung Sektorintegrierter<br />

Energieversorgung im Quartier:<br />

Untersuchung der Vorteile der Optimierung von<br />

Ener giesystemen auf Quartiersebene gegenüber<br />

der Optimierung auf Gebäudeebene“, Berlin, Apr.<br />

2022.<br />

[9] Wirtschaftlichkeit gebäudetechnischer Anlagen<br />

Grundlagen und Kostenberechnung, VDI<br />

2067, Verein Deutscher Ingenieure e. V., Berlin,<br />

Sep. 2012.<br />

[10] oemof.solph. Zenodo, 2023.<br />

[11] R. Fischer und A. Toffolo: „Is total system cost<br />

minimization fair to all the actors of an energy<br />

system? Not according to game theory“, Energy,<br />

Jg. 239, 2022, doi: 10.1016/j.energy.2021.122253.<br />

[12] Agent-based Market model for the<br />

Investigation of Renewable and Integrated<br />

energy Systems AMIRIS, 2022. [Online]. Verfügbar<br />

unter: https://gitlab.com/dlr-ve/esy/amiris/<br />

amiris.<br />

[13] Z. Ma, M. J. Schultz, K. Christensen, M.<br />

Værbak, Y. Demazeau und B. N. Jørgensen: „The<br />

Application of Ontologies in Multi-Agent Systems<br />

in the Energy Sector: A Scoping Review“, Energies,<br />

Jg. 12, Nr. 16, 2019, doi: 10.3390/en12163200.<br />

28 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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Technische Trends und Normung<br />

Zukunfts-Projekt:<br />

Energetische Sanierung im Gesundheitswesen<br />

Foto: Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara<br />

Michael Jentzsch,<br />

Gebietsverkaufsleiter-Ost,<br />

Priva Building<br />

Intelligence GmbH,<br />

Tönisvorst<br />

Das renommierte Wuppertal Institut für Klima,<br />

Umwelt, Energie hat im Dezember 2022<br />

die Studie „Zielbild: Klimaneutrales Krankenhaus<br />

– Wuppertal Report Nr. 24“ vorgelegt.<br />

1 Aus Sicht des Instituts hat der Klimawandel<br />

zunehmend Auswirkungen auf das<br />

deutsche Gesundheitswesen: Angesichts<br />

wachsender Temperatur-Niveaus in Städten<br />

seien insbesondere Krankenhäuser im<br />

Sommer mehr und mehr gefordert, gesundheitliche<br />

Beschwerden der Bevölkerung zu<br />

versorgen. Gleichzeitig produzierten gerade<br />

die für die Behandlung zuständigen Krankenhäuser<br />

durch ihren 24-Stunden-Betrieb<br />

und hohen Energieverbrauch große Mengen<br />

an Treibhausgasen. Dem gesamten Gesundheitswesen<br />

werden zwischen 5,2 bis<br />

6,7 Prozent Anteil an den deutschen Klimagas-Emissionen<br />

zugeschrieben. Zum Vergleich:<br />

In der Industrie erreicht die Stahlindustrie<br />

ebenfalls einen Emissionsanteil um<br />

die 6 Prozent.<br />

Klimaschutzpotenziale<br />

deutscher Krankenhäuser<br />

Bereits im Jahr 2020 hatte die Konferenz der<br />

bundesdeutschen Gesundheitsminister die<br />

Herausforderungen des Klimawandels für<br />

das Gesundheitswesen diskutiert. Als Ergebnis<br />

wurden verschiedene Beschlüsse gefasst,<br />

die unter anderem Investitionen in die zukünftig<br />

notwendige energetische Sanierung<br />

des Krankenhauswesens betreffen.<br />

Die Konferenz bat die Deutsche Krankenhausgesellschaft<br />

(DKG), die klima- und energierelevanten<br />

Daten der bundesdeutschen<br />

Krankenhäuser zu ermitteln, um zunächst<br />

eine verlässliche Datenbasis für zukünftige<br />

energierelevante Maßnahmen zu erhalten.<br />

Mit der Datenerhebung und -auswertung<br />

wurde das Deutsche Krankenhausinstitut<br />

(DKI) beauftragt, das eine entsprechende<br />

Studie erarbeitete. Das Institut kommt in seinem<br />

Mitte 2022 veröffentlichten und Anfang<br />

2023 aktualisierten Untersuchungs-Bericht<br />

2 zu folgendem Urteil über die Klimaschutzpotenziale<br />

deutscher Krankenhäuser:<br />

Notwendig sei eine kontinuierliche energetische<br />

Sanierung der Häuser, wobei unter anderem<br />

an der Optimierung technischer Anlagen,<br />

der Kälteversorgung der Krankenhäuser,<br />

der Verbesserung der Energienutzung<br />

und -versorgung anzusetzen sei. Für die notwendige<br />

energetische Sanierung seien umfassende<br />

Investitionen notwendig. Um entsprechende<br />

Maßnahmen schnell und effizient<br />

umzusetzen, empfiehlt das DKI, die Möglichkeiten<br />

des Energieeffizienz-Contractings<br />

zu nutzen.<br />

Fallbeispiel Krankenhaus<br />

St. Elisabeth und St. Barbara<br />

Wie ein größeres Projekt der energetischen<br />

Sanierung in der Krankenhaus-Praxis gemanagt<br />

werden kann, soll ein Fallbeispiel zeigen.<br />

Das Krankenhaus St. Elisabeth und St.<br />

Barbara in Halle an der Saale ist ein großes<br />

Krankenhaus mit rund 1.200 Beschäftigten<br />

und 600 Betten, in dem pro Jahr ca. 60.000<br />

Fälle behandelt werden. Das Krankenhaus<br />

gehört zum katholischen Elisabeth Vinzenz<br />

Verbund, der Träger von 13 Kliniken mit einer<br />

Vielfalt an Fachgebieten ist.<br />

Vor der Entwicklung konkreter Sanierungsmaßnahmen<br />

nahm das Krankenhaus<br />

Kontakt mit einem spezialisierten Energiekonzept-Dienstleister<br />

auf. So sollte sichergestellt<br />

werden, dass das umzusetzende Sanierungsprojekt<br />

förderfähig ist. Vom Krankenhaus<br />

beauftragt, entwickelte der Dienst leister<br />

ein Energieeffizienz-Konzept, das bestmögliche<br />

öffentliche Förderung versprach.<br />

Gemeinsam mit den TGA-Experten des<br />

Projektdienstleisters wurden im nächsten<br />

Schritt die Anlagen des Krankenhauses im<br />

Detail untersucht. Es galt zu ermitteln, wo<br />

durch Erneuerung bzw. Optimierung größte<br />

Erfolgsaussichten bestanden – in Bezug auf<br />

Verbesserung der Umweltbilanz, höhere Effizienz<br />

und erhöhte Ausfallsicherheit. Im Ergebnis<br />

wurden vier Pflichtmaßnahmen-Felder<br />

definiert und Mindesteinsparungen festgelegt.<br />

Das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle an der Saale ist ein bedeutender<br />

Schwerpunktversorger in Sachsen-Anhalt und im nördlichen Sachsen sowie Lehrkrankenhaus<br />

der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.<br />

Vier Pflichtmaßnahmen<br />

und eine PV-Anlage<br />

Der Auftrag, die Maßnahmen umzusetzen,<br />

ging an einen großen und erfahrenen<br />

Contractor, der Krankenhäusern ein umfassendes<br />

Paket in den Bereichen „Energie-Management“<br />

und „Energie-Effizienz“ anbietet.<br />

Im Jahr 2019 begann er mit der Umsetzung<br />

30 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

des Sanierungsprojekts des Krankenhauses<br />

St. Elisabeth und St. Barbara. Eine Auflage<br />

war, während der Umsetzungs-Phase rund<br />

um die Uhr einen ungestörten Klinik-Betrieb<br />

sicherzustellen. Außerdem sollten die Optimierungs-Ziele<br />

und Einsparungen unbedingt<br />

erreicht – wenn möglich sogar übertroffen<br />

werden. Tatsächlich gelang es, die<br />

vier Pflichtmaßnahmen plangerecht umzusetzen:<br />

1. Die Raumlufttechnik wurde optimiert,<br />

bestehende Anlagen wurden mit Frequenzumrichtern<br />

umgebaut und teilweise<br />

modernisiert.<br />

2. Die Kältetechnik wurde erneuert. Dazu<br />

wurde die bestehende Kälteerzeugung<br />

auf eine Gesamtleistung von 1.000 kW erhöht,<br />

indem neben einer Quantum-Turbo-<br />

Kältemaschine mit 480 kW eine Absorptions-Kältemaschine<br />

mit 300 kW installiert<br />

wurde. Diese Kältemaschine wurde<br />

zur besseren Nutzung der Kraft-Wärme-<br />

Kälte-Kopplung mit den drei am Standort<br />

St. Elisabeth laufenden wärmegeführten<br />

Blockheizkraftwerken (BHKW) verbunden.<br />

Damit ist es beispielsweise möglich,<br />

in den Sommermonaten überschüssige<br />

Wärmeleistung zu nutzen, um die Aus lastung<br />

der BHKW zu verbessern und Spitzenlastzeiten<br />

mit erhöhtem Kältebedarf<br />

abzudecken.<br />

3. Die Dampferzeugung wurde angepasst. Es<br />

wurden ein neuer Schnelldampferzeuger<br />

eingebaut und ein Brenner an einem bestehenden<br />

Dampfkessel ausgetauscht.<br />

4. Besonders wichtig war es, die Gebäudeleittechnik<br />

zukunftsgerecht zu erneu-<br />

Foto: Priva Building Intelligence GmbH<br />

Die Automationslösung<br />

ermöglicht<br />

eine flexible<br />

Ansteuerung<br />

von Anlagen<br />

mit beliebigen<br />

digitalen Endgeräten.<br />

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Technische Trends und Normung<br />

Foto: post@marcowarmuth.de / Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara<br />

ern, da sie die Basis für zukünftige Optimierungen<br />

der Gebäudeausrüstung ist.<br />

Aufgrund ihres Alters konnten die bisher<br />

genutzten drei Automations-Systeme<br />

nicht mehr aktualisiert werden. Um<br />

die Bedienung zukünftig zu erleichtern<br />

und übersichtlicher zu gestalten, wurde<br />

ein übergeordnetes integriertes Automatisierungssystem<br />

installiert. Eine solche<br />

Lösung bietet den Vorteil, bereits genutzte<br />

Feldgeräte verschiedenster Hersteller<br />

und bestehende Verkabelungen zu<br />

nutzen. Darüber hinaus ermöglicht eine<br />

Automationslösung den Fernzugriff über<br />

das Internet – nicht nur durch ein virtuelles<br />

privates Netzwerk (VPN). Werden<br />

beispielsweise ein Priva Edge Gateway<br />

als Router-Lösung und ein Priva Building<br />

Operator als Cloud-gestützte Anwendung<br />

eingesetzt, stehen dem Gebäudemanagement<br />

des Krankenhauses wichtige erweiterte<br />

Funktionen zur Verfügung: laufende<br />

Echtzeiteinblicke in den Status der<br />

Gebäudetechnik, vereinfachte Optimierungen<br />

des Energieverbrauchs, flexible<br />

Ansteuerung von Anlagen mit beliebigen<br />

digitalen Endgeräten (Smartphones, Tablets<br />

usw.). Außer dem kann ein digitales<br />

Notification Center realisiert werden, das<br />

es dem Wartungspersonal ermög licht,<br />

rund um die Uhr auf eventuell auftretende<br />

Störungen aus der Ferne zu reagieren.<br />

Als ergänzende Energie-Effizienzmaßnahme wurde auf dem Dach des Standorts St. Elisabeth eine<br />

Photovoltaik-Anlage installiert.<br />

Über diese vier Pflichtmaßnahmenfelder hinaus<br />

wurde auf dem Dach des Standorts St.<br />

Elisabeth eine Photovoltaik-Anlage als ergänzende<br />

Energie-Effizienzmaßnahme installiert.<br />

Für die Finanzierung wurde erfolgreich<br />

ein separater Förderantrag bei der Investitionsbank<br />

Sachsen-Anhalt gestellt.<br />

Bilanz der Sanierungsmaßnahmen<br />

Inzwischen kann eine erste Bilanz der Sanierungs-Aktivitäten<br />

gezogen werden: Der vor<br />

Beginn der Maßnahmen gestellte Förderantrag<br />

erreichte mit Blick auf die zuwendungsfähigen<br />

Investitionen des Projekts in Höhe<br />

von über 1,1 Millionen Euro eine Förderquote<br />

von 35 Prozent (Förderprogramm der Investitionsbank<br />

Sachsen-Anhalt „Sachsen-Anhalt-Energie“).<br />

Bereits im Jahr 2019 zeigte sich, dass es<br />

durch die skizzierte Erneuerung der Anlagen<br />

möglich ist, die Energiekosten deutlich<br />

zu senken. Es wurde eine Amortisation der<br />

Investitionen innerhalb von 10,8 Jahren errechnet.<br />

Mitte des Jahres 2023 konnte festgestellt<br />

werden, dass aufgrund der Sanierung der<br />

Anlagen im Gesamtverbrauchsjahr 2022<br />

463,6 Tonnen CO 2 eingespart wurden.<br />

Die Effizienz-Mission geht weiter<br />

Doch die Mission „Optimierung der Energieeffizienz“<br />

ist für das Krankenhaus St. Elisabeth<br />

und St. Barbara längst nicht abgeschlossen.<br />

Bereits heute zeichnen sich weitere<br />

Sanierungs-Projekte ab: Die Gebäudehüllen<br />

der Häuser sind mit Blick auf die Erfordernisse<br />

des Klimaschutzes zu optimieren.<br />

Auf der Basis der erneuerten Kälteerzeugung<br />

sind das zentrale Kältenetzwerk zu erweitern<br />

und gleichzeitig alle dezentralen Kälteanlagen<br />

– beispielsweise Klimaanlagen –<br />

zu substituieren und in die Gebäudeautomation<br />

einzubinden.<br />

<br />

Foto: Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara<br />

Im Rahmen der Sanierung wurde die Gebäudeleittechnik erneuert; ein übergeordnetes integriertes<br />

Automatisierungssystem wurde installiert.<br />

1 Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (Hrsg.):<br />

„Zielbild: Klimaneutrales Krankenhaus“ – Wuppertal<br />

Report Nr. 24 (2022).<br />

2 Deutsches Krankenhausinstitut (Hrsg.): „Klimaschutz<br />

in deutschen Krankenhäusern: Status quo, Maßnahmen<br />

und Investitionskosten. Auswertung klima- und<br />

energierelevanter Daten deutscher Krankenhäuser“,<br />

Düsseldorf 2022 und 2023.<br />

32 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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Technische Trends und Normung<br />

Einfluss der Betriebsführung<br />

auf die Trinkwasserqualität<br />

Ein Praxisbeispiel<br />

Timo Kirchhoff<br />

M.Eng.,<br />

Leiter<br />

Produktmanagement,<br />

Gebr. Kemper<br />

GmbH + Co. KG,<br />

Olpe<br />

Prof. Dipl.-Ing.<br />

Bernd Rickmann,<br />

Ehem. FB Energie,<br />

Gebäude, Umwelt,<br />

FH Münster<br />

Prof. Dr.<br />

Lars Rickmann,<br />

FB Technik und<br />

Wirtschaft,<br />

SRH Hochschule<br />

in Nordrhein-<br />

Westfalen, Hamm<br />

Prof. Dr.<br />

Werner Mathys,<br />

Ehem. Institut<br />

für Hygiene,<br />

Universitätsklinikum<br />

Münster<br />

Prof. Dr.-Ing.<br />

Carsten Bäcker,<br />

FB Energie,<br />

Gebäude, Umwelt,<br />

FH Münster<br />

In Trinkwasserinstallationen werden häufiger<br />

als erwartet Kontaminationen des kalten<br />

Trinkwassers mit Legionellen nachgewiesen.<br />

1 Diese Kontaminationen lassen sich<br />

fast immer auf zu hohe Temperaturen des<br />

Kaltwassers in Stagnationsphasen zurückführen.<br />

Insbesondere in Gebäuden mit besonderer<br />

Nutzung (Krankenhäuser, Pflegeheime<br />

sowie andere medizinische Einrichtungen<br />

usw.) besteht dadurch eine erhöhte Infektionsgefährdung<br />

aufgrund möglicher immunsupprimierender<br />

Grunderkrankungen oder<br />

medikamentöser Therapien bei Patienten<br />

und Heimbewohnern. Probleme bereiten in<br />

erster Linie große Leitungssysteme mit ungenügendem<br />

Durchfluss. 2<br />

Unter Berücksichtigung der maßgeblichen<br />

Einflussfaktoren „Temperaturhaltung“,<br />

„Qualität der Durchströmung“ und<br />

„Intensität des Wasseraustauschs“ werden<br />

im Folgenden verschiedene Konstruktionsprinzipien<br />

und Betriebsweisen für Trinkwasserinstallationen<br />

miteinander verglichen.<br />

Die Ergebnisse werden unter Verwendung<br />

eines Faktors für die Erstellungskosten<br />

bewertet.<br />

Die daraus resultierenden Erkenntnisse<br />

können auf Trinkwasserinstallationen mit<br />

einer zu erwartenden unregelmäßigen Nutzung<br />

übertragen werden.<br />

Einflussfaktoren auf die<br />

hygienische Qualität<br />

Gemäß DIN 1988­200 müssen Trinkwasserinstallationen<br />

so geplant werden, dass an allen<br />

Entnahmestellen die Trinkwasserqualität<br />

den Anforderungen der Trinkwasserverordnung<br />

genügt. 3<br />

Neben Wasseraustausch, Temperaturhaltung<br />

und Art der Durchströmung hat der<br />

Eintrag von Nährstoffen nachhaltigen Einfluss<br />

auf die hygienische Qualität des Trinkwassers.<br />

Insbesondere zur Temperaturhaltung<br />

gibt es im Technischen Regelwerk für<br />

Planung, Bau und Betrieb von Trinkwasserinstalla<br />

tionen eine Vielzahl von zum Teil erheblich<br />

voneinander abweichenden Anforderungen.<br />

Anforderungen an die Temperatur<br />

Als technisch moderateste Temperatur­Anforderung<br />

an der Entnahmestelle gilt die so<br />

genannte 30­Sekunden­Regel aus DIN 1988­<br />

200. Danach darf die Temperatur des kalten<br />

Trinkwassers bei bestimmungsgemäßem Betrieb<br />

maximal 30 s nach dem vollen Öffnen<br />

einer Entnahmestelle 25 °C nicht mehr übersteigen.<br />

4<br />

DIN 1988­200 verweist in Hygienefragen<br />

auf die VDI­Richtlinie 6023. In dieser<br />

Richtlinie wird abweichend von DIN 1988­<br />

200 gefordert, dass die Temperatur des kalten<br />

Trinkwassers maximal nur 25 °C betragen<br />

darf. Dazu und hinsichtlich Ausnahmen<br />

wird auf DIN 1988­200 und auf das DVGW­<br />

Arbeitsblatt W 551 A verwiesen. Es muss<br />

dabei beachtet werden, dass die Grundanforderung<br />

aus DIN 1988­200 zum Nachweis<br />

der Gebrauchstauglichkeit einer Trinkwasser<br />

installa tion, die so genannte 30­Sekunden­Regel,<br />

durch die Anforderungen aus<br />

VDI 6023 zur „Ausnahme“ erklärt wird. Als<br />

„Prüfparameter für eine systemische Prüfung<br />

zum Nachweis der einwandfreien Beschaffenheit<br />

zur Übergabe/Abnahme“ wird<br />

hier eine 3­Liter­Regel neu eingeführt – alternativ<br />

zu der Regelung in DIN 1988­200.<br />

Danach muss die Kaltwassertemperatur verschärfend<br />

bereits nach dem Ablauf von drei<br />

Litern 25 °C unterschreiten, und nicht erst<br />

34 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

nach 30 Sekunden. 5 Weltweit wird allerdings<br />

überwiegend das Einhalten einer Temperaturgrenze<br />

von 20 °C im kalten Trinkwasser<br />

gefordert. 6<br />

Im Planungsprozess für Trinkwasserinstallationen<br />

in Gebäuden mit „besonderer<br />

Nutzung“ muss daher berücksichtigt werden,<br />

dass das Risiko einer Kontamination<br />

mit Legionellen im kalten Trinkwasser erst<br />

dann auf ein Minimum reduziert ist, wenn<br />

die Temperatur dauerhaft unter 20 °C gehalten<br />

werden kann – unabhängig von inneren<br />

und äußeren Wärmelasten.<br />

Verantwortlich für das Erhalten der gesundheitlichen<br />

Unbedenklichkeit des abgegebenen<br />

Trinkwassers ist nach Trinkwasserverordnung<br />

der Eigentümer der Installation<br />

bzw. der Betreiber.<br />

Auf Grund der vorstehenden Zusammenhänge<br />

ist es erforderlich, dass der Planer einer<br />

Trinkwasserinstallation seinen Auftraggeber<br />

über den Zusammenhang zwischen<br />

der Kaltwassertemperatur und dem Betriebsrisiko<br />

informiert. Insbesondere muss er darüber<br />

aufklären, dass sich mit höher zugelassenen<br />

Kaltwassertemperaturen (> 20 °C)<br />

sukzessive auch das Betriebsrisiko und damit<br />

gegebenenfalls auch der betriebliche<br />

Aufwand erhöhen.<br />

Es gilt die Regel: Je höher der Wasseraustausch<br />

und je geringer die Kaltwassertemperaturen<br />

sind, desto besser sind die mikrobiologische<br />

Qualität und Stabilität des Trinkwassers.<br />

Und umso geringer ist auch das Betriebsrisiko.<br />

Modellrechnungen<br />

Die folgenden Modellrechnungen sollen zeigen,<br />

wie in einer geplanten Trinkwasserinstallation<br />

unter Berücksichtigung hygienerelevanter<br />

Rohrnetz­ und Betriebsparameter<br />

das jeweils verbleibende Betriebsrisiko<br />

bewertet werden kann. Das Berechnungsbeispiel<br />

ist eine Trinkwasserinstallation mit horizontal<br />

verlaufenden Verteilungsleitungen<br />

Abbildung 2: Doppelnasszelle mit einer Reihenleitungs-Installation<br />

in fünf Geschossen und umfasst insgesamt<br />

100 Doppelnasszellen (Abbildung 2). Alle<br />

Modellrechnungen basieren auf realen Volumenstrom­<br />

und Temperaturmesswerten<br />

(Messzeitraum 14 Tage) aus einer Trinkwasserinstallation<br />

mit unregelmäßiger Nutzung<br />

(Abbildung 1).<br />

Aufbau der Rohrnetze<br />

Wie schnell sich das nach einem Entnahmevorgang<br />

stagnierende Kaltwasser wieder erwärmt,<br />

ist von der Umgebungslufttemperatur,<br />

dem Wasserinhalt der Rohrleitung und<br />

von den Eigenschaften der Leitungsdämmung<br />

abhängig. Sind die Umgebungslufttemperatur<br />

hoch (> 25 °C) und der Inhalt der<br />

Kaltwasserleitung gering, erfolgt die Erwärmung<br />

über 25 °C sehr schnell – meistens in<br />

weniger als einer Stunde.<br />

Stockwerks­ und Einzelzuleitungen mit<br />

geringem Innendurchmesser (DN 12 / DN 15)<br />

sind daher besonders temperaturkritisch.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass eine unzulässige<br />

Temperaturerhöhung in Stockwerksund<br />

Einzelzuleitungen nur durch einen intensiven<br />

Wasseraustausch vermindert bzw.<br />

vermieden werden kann.<br />

Reihenleitungen<br />

Ein erster Schritt, um den Wasseraustausch<br />

in temperaturkritischen Leitungen zu verbessern,<br />

ergibt sich bereits, wenn die Stockwerksinstallationen<br />

statt mit den in der Vergangenheit<br />

üblichen Stichleitungen mit so<br />

genannten Reihenleitungen ausgestattet<br />

werden. Wird die am Ende angeordnete Entnahmearmatur<br />

genutzt, werden alle Teilstrecken<br />

der Stockwerksinstallation bis hin<br />

Grafik: Kemper<br />

Grafik: Kemper/Rickmann<br />

Abbildung 1: Messwerte<br />

für den<br />

Volumen strom in der<br />

Stockwerks-Verteilungsleitung<br />

(Durchgang)<br />

und im Abzweig<br />

zur betrachteten<br />

Stockwerksinstallation<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 35


Technische Trends und Normung<br />

zum jeweiligen Armaturenanschluss durchströmt.<br />

Ein Optimum für die Durchströmung<br />

ergibt sich, wenn die am häufigsten genutzte<br />

Entnahmestelle am Ende der Reihenleitung<br />

angeschlossen wird. Im Normalfall handelt<br />

es sich dabei um das WC (Abbildung 2). 7<br />

Das Temperaturverhalten einer Reihenleitungskonstruktion<br />

in Abhängigkeit von der<br />

Wasserentnahme zeigen die Ergebnisse einer<br />

Modellrechnung (Abbildung 3). Bei unzureichender<br />

thermischer Entkopplung, spätestens<br />

aber in den Sommermonaten, liegen<br />

die Lufttemperaturen in der Installationsvorwand<br />

bei 27 bis 28 °C. In längeren Stagnationsphasen<br />

folgt die Temperatur des kalten<br />

Trinkwassers der Umgebungslufttemperatur.<br />

Dadurch befindet sich die Kaltwassertemperatur<br />

im Mittel mehr als 18 Stunden am Tag<br />

über 25 °C (77 Prozent). Im Betrachtungszeitraum<br />

liegt die mittlere Temperatur in der<br />

ersten Teilstrecke der Stockwerksinstallation<br />

bereits bei 25,8 °C. Diese Betriebsverhältnisse<br />

müssen trinkwasserhygienisch als risikoreich<br />

bewertet werden.<br />

Wie die Ergebnisse aus Rohrnetzberechnungen<br />

und Feldmessungen in ausgeführten<br />

Trinkwasserinstallationen zeigen, muss davon<br />

ausgegangen werden, dass die Temperaturanforderungen<br />

für das kalte Trinkwasser<br />

aus einschlägigen DIN/VDI/DVGW­Regelwerken<br />

in Reihenleitungs­Installationen<br />

ohne manuelle Eingriffe durch den Betreiber<br />

oder durch automatisierte Prozesse zur Temperaturhaltung<br />

allgemeingültig nicht eingehalten<br />

werden können. 8<br />

Die systemische Prüfung zum „Nachweis<br />

der einwandfreien Beschaffenheit zur Übergabe/Abnahme<br />

(Verantwortungsübergang)“<br />

gemäß DIN 1988­200 bzw. VDI­Richtlinie<br />

6023 wird in der Regel an Waschtischarmaturen<br />

vorgenommen.<br />

Eine einfache Überlegung verdeutlicht<br />

das Problem: Nach einer unterstellten Stagnationsphase<br />

von fünf Stunden ist nicht nur<br />

das kalte Trinkwasser in den Stockwerksleitungen<br />

kritisch überwärmt, sondern auch<br />

in den in Zwischendecken verlegten Stockwerks­Verteilungsleitungen<br />

mit geringem<br />

Innendurchmesser. Mit diesem Ergebnis<br />

ist die Trinkwasserinstallation sowohl auf<br />

Grundlage der DIN­ als auch der VDI­Anforderungen<br />

formal gesehen nicht „einwandfrei<br />

beschaffen“.<br />

Im Hygieneplan muss daher festgelegt werden,<br />

dass der Betreiber bei fehlenden automatisierten<br />

Prozessen zur Temperaturhaltung<br />

durch geeignete manuell ausgelöste Spülmaßnahmen<br />

dafür sorgen muss, dass es im laufenden<br />

Betrieb nicht zu längeren Stagnationsphasen<br />

und damit auch nicht zu hygienekritischen<br />

Kaltwassertemperaturen kommt.<br />

Fehlt dieser Hinweis im Hygieneplan, ist<br />

im Fall eines Streits die Position des Planers<br />

geschwächt.<br />

Ringleitungen mit Strömungsteilern<br />

Zur weiteren Intensivierung des Wasseraustauschs<br />

in temperaturkritischen Kaltwasserleitungen<br />

wurde in den vergangenen 15 Jahren<br />

bereits eine Vielzahl von Stockwerksinstallationen<br />

in Krankenhäusern, Hotels,<br />

Seniorenheimen usw. erfolgreich mit Ringleitungen<br />

ausgestattet, die mit so genannten<br />

Strömungsteilern an Steig­ bzw. Verteilungsleitungen<br />

angeschlossen wurden.<br />

Bedingt durch den Strömungsteiler fließt<br />

in der Ringleitung auch dann noch ein Volumenstrom,<br />

wenn in Fließrichtung hinter der<br />

betrachteten Stockwerksinstallation eine Entnahmearmatur<br />

betätigt wird. Der auf diese<br />

Weise in der Ringleitung erzeugte Volumenstrom<br />

wird als Induktionsvolumenstrom 9 bezeichnet<br />

(Abbildung 4, dunkelblau dargestellte<br />

Messwerte). Im Betrachtungszeitraum<br />

des Beispiels erzeugen die in der Ringleitung<br />

„fremdinduzierten“ Volumenströme im Mittel<br />

einen zusätzlichen 24­fachen Wasseraustausch<br />

pro Tag. Der Wasseraustausch durch<br />

Induktion liegt damit um mehr als das Doppelte<br />

höher als der Austausch, der sich durch<br />

Wasserentnahmen über die Entnahmearmaturen<br />

einstellt. Im gegebenen Fall verkürzen<br />

die Induktionsvolumenströme auch die<br />

maximale Stagnationszeit von ursprünglich<br />

sechs Tagen (Abbildung 3) auf weniger als<br />

einen Tag (Abbildung 4).<br />

Die durch Wasserentnahme und Induktion<br />

erzeugte, intensivere und gleichmäßiger<br />

über den Tag verteilte Durchströmung der<br />

Stockwerks­Ringleitung reduziert die mittlere<br />

Temperatur des kalten Trinkwassers<br />

auf 22,9 °C. Im Vergleich zu einer Reihenleitungs­Installation<br />

führt das zu einer Absen­<br />

Abbildung 3: Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers in einer Reihenleitungs-Installation in<br />

Abhängigkeit von der Wasserentnahme<br />

Abbildung 4: Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers in einer Strömungsteiler-Installation in<br />

Abhängigkeit von der Wasserentnahme und den Induktionsvolumenströmen<br />

Grafik: Kemper/Rickmann/Dendrit Grafik: Kemper/Rickmann/Dendrit<br />

36 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

kung der mittleren Kaltwassertemperatur in<br />

den Stockwerksleitungen um ca. 3 K (Abbildungen<br />

4 und 6). 10 Ein Überschreiten der kritischen<br />

Temperaturgrenze von 25 °C ergibt<br />

sich im Betrachtungszeitraum nur noch für<br />

ca. sieben Stunden/Tag (31 Prozent) – überwiegend<br />

in den Nachtstunden.<br />

Bereits mit dem laufenden Betrieb kann<br />

nur durch den geänderten konstruktiven Aufbau<br />

des Rohrnetzes eine erhebliche Intensivierung<br />

des Wasseraustauschs und damit eine<br />

Verbesserung der trinkwasserhygienischen<br />

Verhältnisse erreicht werden, ohne dass Wasserverluste<br />

durch Spülmaßnahmen entstehen.<br />

Bleibt die Trinkwasserinstallation allerdings<br />

vollständig oder in Teilabschnitten<br />

über einen längeren Zeitraum ungenutzt,<br />

stagniert das kalte Trinkwasser in unzulässiger<br />

Weise, unabhängig vom konstruktiven<br />

Aufbau des Rohrnetzes.<br />

Fehlen automatisierte Prozesse zur Temperaturhaltung,<br />

müssen Spülprozesse von<br />

Hand ausgelöst werden. Während dafür in<br />

der Reihenleitungs­Installation des Beispiels<br />

in 100 Doppelnasszellen die WC­<br />

Spülungen, jeweils am Ende der Reihenleitungen,<br />

manuell ausgelöst werden müssen,<br />

reicht in Strömungsteiler­Installationen dafür<br />

die Betätigung von nur fünf beliebigen<br />

Entnahmearmaturen, jeweils in der letzten<br />

Doppelnasszelle der horizontal verlaufenden<br />

Stockwerks­Verteilungsleitungen<br />

(z. B. Abbildung 5). Der Wasseraustausch in<br />

allen anderen Nasszellen erfolgt durch Induktionsvolumenströme,<br />

die mit dem Spülvolumenstrom<br />

über die Strömungsteiler in<br />

den Ringleitungen erzeugt werden. Neben<br />

dem erhöhten Personalaufwand ist auch der<br />

Wasserverlust durch manuell durchgeführte<br />

Spülmaßnahmen in einer Reihenleitungs­<br />

Installation erheblich höher als bei einer<br />

Strömungsteiler­Installation.<br />

Die jeweils erforderlichen Spülmaßnahmen<br />

müssen vom Planer im Hygieneplan in<br />

Abhängigkeit von der Rohrnetzstruktur beschrieben<br />

werden.<br />

Grafik: Rickmann/Dendrit<br />

Abbildung 6: Trinkwasserhygienische<br />

Bewertung<br />

der Ergebnisse<br />

von Modellrechnungen<br />

(Temperaturhaltung,<br />

Durchströmung,<br />

Wasseraustausch) in<br />

Abhängigkeit vom Konstruktionsprinzip<br />

und<br />

der Betriebsweise; mit<br />

zugehörigem Kostenfaktor<br />

Automatisierte Spülmaßnahmen<br />

Der gemäß DIN 1988­200 geforderte Wasseraustausch<br />

zur Temperaturhaltung kann<br />

durch das so genannte temperaturgeführte<br />

Spülen automatisiert werden. Werden dafür<br />

dezentrale oder zentrale Spüleinrichtungen<br />

vorgesehen, muss zur Minimierung des Wasserverbrauchs<br />

bedarfsabhängig gespült werden.<br />

Das heißt, dass mit möglichst geringem<br />

Spülvolumenstrom nur dann gespült wird,<br />

wenn die Temperaturhaltung es erfordert.<br />

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Technische Trends und Normung<br />

Grafik: Kemper/Rickmann/Dendrit<br />

Abbildung 5: Temperaturverlauf des kalten Trinkwassers in einer Strömungsteiler-Installation in<br />

Abhängigkeit von der Wasserentnahme, den Induktions- und den Spülvolumenströmen<br />

Mit solchen Systemen kann eine geforderte<br />

Temperatur ≤ 25 °C dauerhaft sichergestellt<br />

werden. Die mittlere Temperatur des kalten<br />

Trinkwassers in der im Beispielsfall untersuchten<br />

Stockwerksinstallation liegt bei<br />

22 °C (Abbildungen 5 und 6).<br />

Das zur Temperaturhaltung erforderliche<br />

Spülvolumen ist in Strömungsteiler­Installationen<br />

mit zentralen Spüleinrichtungen wesentlich<br />

geringer, da hier das mittlere Temperaturniveau<br />

mit dem laufenden Betrieb bereits<br />

um ca. 3 K niedriger liegt als in Reihenleitungs­Installationen<br />

mit dezentral angeordneten<br />

Spüleinrichtungen.<br />

Dezentrale Spülmaßnahmen erfolgen<br />

häufig über zeitgesteuert auslösende WC­<br />

Spülungen am Ende der jeweiligen Reihenleitung.<br />

Trotz dieser Intervallspülungen,<br />

beispielsweise einmal am Tag, liegt die Temperatur<br />

des kalten Trinkwassers noch mehr<br />

als 17 Stunden am Tag über 25 °C (72 Prozent).<br />

Die mittlere Temperatur in der ersten<br />

Teilstrecke der Stockwerksinstallation<br />

liegt bei 25,3 °C und befindet sich damit auf<br />

dem Temperaturniveau einer Reihenleitung<br />

ohne Spülmaßnahmen. Zeitgesteuerte Spülmaßnahmen,<br />

die ganzjährig immer nur zu<br />

einem vorgegebenen Zeitpunkt (zum Beispiel<br />

einmal täglich) mit einem relativ hohen<br />

Spülvolumenstrom spülen, haben keinen<br />

nennenswerten Einfluss auf die Temperaturhaltung,<br />

führen zu hohen Wasserverlusten<br />

und dienen „nur“ dem Wasseraustausch.<br />

Die Nachhaltigkeit solcher Maßnahmen<br />

ist fragwürdig. Die Grundanforderung aus<br />

DIN EN 806­2 ist zu beachten: „Der Planer<br />

hat den Wasser­ und Energiebedarf der<br />

Trinkwasser­Installation zu berücksichtigen<br />

und ist gehalten, diese zu minimieren.“<br />

11<br />

Kreislaufkühlung<br />

Spätestens im Sommer, bei hohen Eintrittstemperaturen<br />

des Trinkwassers in das Gebäude<br />

(> 15 °C), werden temperaturgeführte<br />

Spülmaßnahmen unwirtschaftlich. Eine bedarfsabhängige<br />

Temperaturhaltung durch<br />

eine modulierende Kreislaufkühlung ist wesentlich<br />

wirtschaftlicher. Mit der definierten<br />

Durchströmung aller Leitungsteile kann im<br />

Kühlkreislauf zu jeder Zeit eine vorgegebene<br />

Temperatur des kalten Trinkwassers (z. B.<br />

< 20 °C) vor jedem Armaturenanschluss sichergestellt<br />

werden, ohne dass Wasserverluste<br />

durch Spülmaßnahmen entstehen. In<br />

der Praxis hat sich gezeigt, dass bei Trinkwassertemperaturen<br />

unter 20 °C nur sehr<br />

selten Legionellen nachgewiesen werden.<br />

In Trinkwasserinstallationen, in denen<br />

eine vorgegebene Kaltwassertemperatur<br />

< 20 °C gehalten werden kann und ein<br />

permanenter Wasseraustausch in allen Teilstrecken<br />

unabhängig vom Nutzerverhalten<br />

erfolgt, gibt es kein Stagnationswasser mehr<br />

und keine unbemerkte Temperaturerhöhung.<br />

Das verbleibende Betriebsrisiko ist dadurch<br />

minimiert.<br />

Fazit<br />

Die Erfahrung zeigt, dass ohne automatisierte<br />

Prozesse zur Temperaturhaltung reaktive<br />

Maßnahmen zum Regelbetrieb einer Trinkwasserinstallation<br />

gehören können, beispielsweise<br />

die personalintensive Durchführung<br />

von manuellen Spülmaßnahmen, der<br />

dauerhafte Einsatz von endständigen Filtern<br />

an den Entnahmearmaturen und/oder die<br />

Durchführung von chemischen Desinfektionsmaßnahmen.<br />

Die Forderung nach einem höchstmöglichen<br />

Wasseraustausch im laufenden Betrieb,<br />

bei definierter Temperaturhaltung unter<br />

20 °C, kann idealerweise mit Kaltwasser­<br />

Zirkulationssystemen erfüllt werden, die jeweils<br />

bis an die Entnahmestellen herangeführt<br />

werden. Mit solchen Systemen ergibt<br />

sich bei turbulenten Fließvorgängen ein ununterbrochener<br />

Wasseraustausch in allen<br />

Teilstrecken der Trinkwasserinstallation und<br />

das auch in entnahmeschwächeren Zeiten.<br />

Wasseraustausch und Temperaturhaltung in<br />

allen Teilstrecken sind dabei völlig unabhängig<br />

vom Nutzerverhalten. Dadurch ist das Betriebsrisiko<br />

minimiert.<br />

Im Vergleich zu einer Reihenleitungs­<br />

Installation mit dezentralen Spüleinrichtungen<br />

und einem immer noch erheblichen<br />

betrieblichen Risiko (Kostenfaktor 1,0) ist<br />

eine Strömungsteiler­Installation mit Kreislaufkühlung<br />

(Kostenfaktor 1,1), das heißt<br />

Mehrkosten von weniger als zehn Prozent,<br />

nahezu kostenneutral. Die betrieblichen Risiken<br />

sind hier aber minimiert und die laufenden<br />

betrieblichen Aufwendungen wesentlich<br />

geringer (Abbildung 6).<br />

Strömungsteiler­Installationen erhöhen<br />

signifikant und präventiv die hygienische Sicherheit<br />

der Trinkwasserinstallation (kalt),<br />

die in der heute praktizierten Risikobewertung<br />

hinsichtlich ihres Beitrags zum Infektionsgeschehen<br />

durch wasserbürtige Mikroorganismen<br />

deutlich unterschätzt wird. Dieser<br />

präventive Ansatz, der auch bei der zukünftigen<br />

Entwicklung der Trinkwasserverordnung<br />

einen immer größeren Stellenwert einnehmen<br />

wird, lässt sich gut in die Erstellung<br />

eines Water Safety Plans integrieren, mit dem<br />

hygienische Sicherheit durch vorbeugende<br />

Betriebskonzepte erreicht werden soll. <br />

1 Flemming, C. et al.: Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt<br />

„Biofilme in der Trinkwasserinstallation“.<br />

Bundesministerium für Bildung und Forschung,<br />

2010.<br />

2 Robert-Koch-Institut (Hrsg.): Legionellose – Primärprävention<br />

von Legionellosen, 2019.<br />

3 DIN 1988-200, 3.2 Grundlagen.<br />

4 DIN 1988-200, 3.6 Betriebstemperatur.<br />

5 VDI 6023 Blatt 1:2022-09, Hygiene in Trinkwasser-Installationen,<br />

Tabelle 1, Temperatur des kalten Trinkwassers:<br />

maximal 25 °C nach Ablauf von 3 Litern, gemessen<br />

in 250 ml in einem Messbecher.<br />

6 Mathys, W.: Legionella, Pseudomonas und Co., 2.<br />

Auflage, Mai 2019, Tabelle 17.<br />

7 Ergebnisse einer Expertenanhörung am 31. 03. 2004<br />

im Universitätsklinikum in Bonn, veröffentlicht im<br />

Bundesgesundheitsblatt 49 (2006), S. 681–686.<br />

8 VDI 6023-1:2022-09, Begriffsdefinition: „bestimmungsgemäßer<br />

Betrieb“.<br />

9 Die Mitnahme von Wasser aus Stockwerksinstallationen<br />

durch den Hauptstrom in der Steig-/ Verteilungsleitung.<br />

10 Rickmann, L.: Einfluss neuer Konzepte bei Planung<br />

und Konstruktion von Trinkwasserinstallationen<br />

in Großgebäuden auf die hygienische Qualität des<br />

Trinkwassers, UMIT, September 2014.<br />

11 DIN EN 806-2, 3.2.2 Wasser- und Energieeinsparung.<br />

38 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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Die Luisenhöhe bietet ihren Gästen auf einem<br />

Hochplateau am Westhang des Schauinsland-<br />

Massivs ein außergewöhnliches Gesundheitsund<br />

Naturerlebnis.<br />

Foto: Luisenhöhe<br />

Das Resort Luisenhöhe –<br />

nicht alltägliche Herausforderungen<br />

Nicola Holweg M.A.,<br />

Referentin für<br />

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit,<br />

aquatherm GmbH,<br />

Attendorn<br />

Inmitten der Naturlandschaft des UNESCO-<br />

Biosphärengebiets Schwarzwald ist die<br />

„Luisenhöhe – Gesundheitsresort Schwarzwald“<br />

entstanden. Das moderne Resort in<br />

Horben bei Freiburg im Breisgau verfügt<br />

über 61 Zimmer und 22 Suiten. Den Gästen<br />

wird auf einem Hochplateau am Westhang<br />

des Schauinsland-Massivs in 600 m Höhe<br />

ein außergewöhnliches Gesundheits- und<br />

Naturerlebnis geboten –unter nachhaltigen<br />

Aspekten.<br />

Unter dem Motto „Modern Health & Nature<br />

Luxury“ sollen die Gäste ein Gesundheits-<br />

und Naturbewusstsein mit den „neuen<br />

Luxusgütern” Zeit, Einzigartigkeit, Authentizität,<br />

Flexibilität, Kreativität und Individualität<br />

erleben können. Die Hotelanlage<br />

umfasst 18.500 Quadratmeter; Highlights<br />

sind ein Spa mit In- und Outdoorbereichen,<br />

Panoramablick-Saunen, ein Panorama-Regenerations-Pavillon<br />

im Bergwald,<br />

ein 25 m langer Outdoorpool, eine Innen-<br />

Die Gäste sollen ein Gesundheits- und<br />

Naturbewusstsein mit den „neuen Luxusgütern”<br />

Zeit, Einzigartigkeit, Authentizität,<br />

Flexibilität, Kreativität und Individualität<br />

erleben können.<br />

Foto: Luisenhöhe<br />

40 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


und Außenerlebnisgastronomie, eine Panoramaterrasse<br />

und ein Innenhof mit Blick in<br />

den Naturgarten. Die Bankett- und Konferenzmöglichkeiten<br />

bieten Platz für kleinere<br />

Veranstaltungen und exklusive „Gipfeltreffen“.<br />

Rund 60 Millionen Euro kostete der Neubau,<br />

mit dem das Kapitel „Luisenhöhe“ in<br />

Horben neu geschrieben wurde. Bereits 1896<br />

wurde die Luisenhöhe als Kurhotel im Chalet-Stil<br />

erbaut. Nach einer wechselvollen Geschichte<br />

– die vollständige Zerstörung durch<br />

einen Brand 1908 oder die Nutzung als Altersheim<br />

– erwarb 2015 die Gesundheitsresort<br />

Schwarzwald Luisenhöhe GmbH & Co. KG Gebäude<br />

und Gelände, um dort ein Gesundheitsund<br />

Naturresort zu planen. Nachdem 2018<br />

die Abrissarbeiten der alten Luisenhöhe begonnen<br />

hatten, erfolgte im Oktober 2019 der<br />

Spatenstich des Neubau-Projekts.<br />

I. Ressourcenschonende Techniken<br />

Das gesamte Konzept des Neubaus basierte<br />

auf ressourcenschonenden Materialien,<br />

Techniken, Energien und Arbeitsweisen:<br />

Besondere Akzente setzen die erneuerbare<br />

Ener gieversorgung mit einem großen Erdsondenfeld<br />

unter der Tiefgarage, die Wärmerückgewinnung<br />

und die großzügigen naturnahen<br />

Retentionsflächen, beispielsweise<br />

die Begrünung aller Dachflächen mit zusätzlicher<br />

Wasserrückhaltungs- und Versickerungsfunktion.<br />

Außerdem war das Bauprojekt<br />

mit zahlreichen Maßnahmen zum Naturund<br />

Artenschutz verbunden.<br />

Die technische Gebäudeausrüstung projektierte<br />

das Planungsbüro HTG Petra Haberland<br />

aus Euskirchen. Geothermie ist der<br />

Hauptenergieträger, mit dem die Hotelanlage<br />

erwärmt und gekühlt wird. Sie wird mit<br />

vier Sole-Wasserwärmepumpen für Niederund<br />

Hochtemperaturwärme versorgt. Hinzu<br />

kommen ein Luftwärmetauscher zur Regeneration<br />

des Erdreichs und Rückkühler<br />

im Außenbereich. Unter der Tiefgarage befindet<br />

sich ein Feld aus 55 Erdwärmesonden,<br />

die bis in eine Tiefe von rund 145 m<br />

reichen. Sie decken den gesamten Energiebedarf<br />

für das Kühlen und Heizen des Hotels<br />

und des Außenpools ab. Die Stromversorgung<br />

erfolgt über einen eigenen 1.000<br />

kVA-Transformator.<br />

II. Heizen und Kühlen über<br />

Decken und Wände<br />

Die öffentlichen Räume im Erdgeschoss<br />

und zum Teil im ersten Obergeschoss werden<br />

auf 1.620 Quadratmeter über eine Heizund<br />

Kühldecke temperiert. Die Konferenzbereiche<br />

und die Spa- und Fitnessflächen<br />

im Erdgeschoss werden zusätzlich über ak-<br />

Gemeinsam<br />

durchatmen.<br />

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<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 41


Technische Trends und Normung<br />

Foto: Luisenhöhe<br />

Foto: Luisenhöhe<br />

Die Klimatisierung erfolgt über die Decke mittels Heiz- und Kühlregistern aus dem Hause aquatherm.<br />

Die Architektur des Neubaus mit vielen Rundungen war eine Herausforderung für die Planung.<br />

42 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

tivierte Wandflächen gekühlt. In allen Fällen<br />

zum Heizen und Kühlen wurden schwarze<br />

Register aus dem korrosionsbeständigen<br />

Kunststoff Polypropylen eingesetzt. Sie sorgen<br />

durch einen gleichmäßigen Strahlungsaustausch<br />

mit den Raumumfassungsflächen<br />

für eine optimale Raumtemperatur im Kühlund<br />

Heizbetrieb. Zugluft oder Staubaufwirbelungen<br />

sind durch diesen Prozess ausgeschlossen.<br />

Durch den geringen Verlegeabstand der<br />

Registerrohre und der dadurch erzielten<br />

quadratmeterbezogenen hohen Flächendichte<br />

kann das System mit niedrigeren Vorlauftemperaturen<br />

als konventionelle Heiz- bzw.<br />

mit höheren Vorlauftemperaturen als andere<br />

Kühlsysteme betrieben werden. Es ermöglicht<br />

in Verbindung mit seiner schnellen Reaktionsfähigkeit<br />

einen besonders effizienten<br />

und energiesparenden Betrieb unter wechselnden<br />

Bedingungen. Rund 600 Quadratmeter<br />

des Systems wurden in der Luisenhöhe<br />

installiert. Diese im Verhältnis zur Gesamtfläche<br />

des Resorts relativ kleine Quadratmeterzahl<br />

genügt, um alle erforderlichen Bereiche<br />

des Hotels zu heizen oder zu kühlen.<br />

III. „Wenig rechte Winkel,<br />

vieles ist geschwungen“<br />

Eine Herausforderung für die Planung war<br />

die Architektur des Neubaus, die sich an den<br />

Höhenrücken des Schwarzwalds orientiert:<br />

„Das Gebäude und seine einzelnen Räume<br />

besitzen wenig rechte Winkel. Vieles ist geschwungen,<br />

rund oder gedreht“, erklärte<br />

Thomas Bille, Leiter der Planungsabteilung<br />

„Consulting & Service“ bei aquatherm. „Mit<br />

unserem System mussten wir uns daher den<br />

Gegebenheiten vor Ort anpassen, was durch<br />

eine entsprechende Planung problemlos gelang.“<br />

Konkret wurden die einzelnen Elemente<br />

des Systems am Hauptsitz des Unternehmens<br />

passgenau in verschiedensten Maßen<br />

angefertigt, so dass sie im Objekt in die<br />

Decken und Wände eingesetzt werden konnten.<br />

IV. Nachhaltiger dank Polypropylen<br />

Das Heiz- und Kühlsystem besteht aus Polypropylen,<br />

einem der beiden wichtigsten Standardkunststoffe.<br />

Durch Lebenszyklusanalysen<br />

gemäß ISO 14040 werden die Auswirkungen<br />

der Rohstoffherstellung auf die Umwelt<br />

untersucht. Studien belegen deutlich<br />

geringere CO 2 -Emissionen von Polypropylen-<br />

Rohren im Vergleich zu anderen Rohmaterialien,<br />

speziell Stahl. Polypropylen zeichnet<br />

sich durch lange Lebensdauer, sehr gute Umweltverträglichkeit<br />

und Wiederverwertbarkeit<br />

aus.<br />

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Trinkwasserhygiene und<br />

Energiesparen im Einklang<br />

Planung und Betrieb von Trinkwasser-Installationen:<br />

Kosten reduzieren durch ökologische Maßnahmen<br />

Ob in Büros, Sportstätten oder Gesundheitseinrichtungen – die Auflagen für die Trinkwasserhygiene<br />

in öffentlichen und halböffentlichen Gebäuden sind in Deutschland besonders hoch.<br />

Mit dem Inkrafttreten der neuen Trinkwasserverordnung 2023 wurden die Standards und Untersuchungspflichten<br />

für Betreiber aus gutem Grund zusätzlich verschärft: Infektionserreger im Trinkwasser<br />

können bei besonders anfälligen Personen schwerwiegende Gesundheitsprobleme verursachen.<br />

Trotz des konstanten Drucks, die Bau­ und Sanierungskosten zu minimieren, muss die<br />

Maxime „Gesundheitsschutz geht vor Energieeinsparung“ unumstößlich im Zentrum stehen.<br />

Wie kann es also gelingen, Trinkwasser­Installationen in (halb­)öffentlichen Einrichtungen so zu<br />

planen und umzusetzen, dass Investitions­, Energie­, Wasser­ und Abwasserkosten im Betrieb<br />

gesenkt werden, ohne dabei die Trinkwassergüte zu gefährden? Welche Maßnahmen bieten<br />

sich in Neubauten an und welche im Bestand?<br />

Dr. Peter Arens,<br />

Hygienespezialist,<br />

Schell GmbH & Co. KG,<br />

Olpe<br />

I. Neubauten<br />

1. Empfehlungen für die Planung<br />

Im Neubau können durch wassersparende<br />

Entnahmestellen erhebliche Investitionsund<br />

Betriebskosten eingespart und auch ökologische<br />

Verbesserungen erreicht werden.<br />

Die Trinkwasser-Installation kann hier von<br />

vorneherein auf einen sparsamen und gleichzeitig<br />

hygienischen Betrieb ausgelegt werden.<br />

Dazu bedarf es einer innovativen und<br />

weitsichtigen Planung, werden doch beim<br />

Neubau die Betriebskosten der Gebäude für<br />

die nächsten 50 Jahre festlegt.<br />

Für die Dimensionierung einer Trinkwasser-Installation<br />

nutzt der Fachplaner jedoch<br />

fast immer die Berechnungsdurchflüsse gemäß<br />

DIN 1988-300 Tabelle 2, die pauschalisiert<br />

in jeder Planungssoftware hinterlegt<br />

sind. Mit diesen Werten lässt sich das Einsparpotenzial<br />

wassersparender Entnahmestellen<br />

allerdings nicht ausschöpfen. Es ist<br />

deshalb notwendig, von diesen normativen<br />

Berechnungsdurchflüssen abzuweichen. In<br />

den „Wichtigen Hinweisen“ unter Tabelle 2<br />

in der DIN 1988-300 ist das auch ausdrücklich<br />

erwähnt: „Ist die Trinkwasser-Installation<br />

aus hygienischen und wirtschaftlichen<br />

Gründen für die geringeren Werte zu bemessen,<br />

muss dieses Vorgehen mit dem Bauherrn<br />

vereinbart und die Auslegungsvoraussetzungen<br />

für die Entnahmestellen (Mindest-<br />

Fotos: Schell GmbH & Co. KG<br />

Die Duschpaneele im hochmodernen Gebäude des Sportvereins FV Brühl e.V. wurden mit einem Wassermanagement-System vernetzt. Seitdem unterstützen<br />

automatisierte Wasserwechsel den Betreiber beim Erhalt der Trinkwassergüte.<br />

44 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Foto: Schell GmbH & Co. KG<br />

Über ein Wassermanagement-System lassen sich elektronische Armaturen vernetzen und steuern.<br />

Stagnationsspülungen laufen an mehreren Armaturen automatisiert – bei Bedarf auch zeitgleich.<br />

fließdruck, Berechnungsdurchfluss) in die<br />

Bemessung aufgenommen werden.“<br />

Soll die Trinkwasser-Installation also<br />

monetär und ökologisch optimiert werden,<br />

sollten Auftraggeber und Fachplaner sich<br />

frühzeitig über mögliche Maßnahmen austauschen.<br />

Im gemeinsamen Einverständnis<br />

sollte die Dimensionierung der Trinkwasser-Installation<br />

mit verringerten Berechnungsdurchflüssen<br />

erfolgen. Das bedeutet,<br />

es muss von Beginn an mit einer Sechs-<br />

Liter- statt einer Neun-Liter-Dusche gerechnet<br />

werden, bei Waschbecken mit 3 Liter pro<br />

Minute statt 4,2 Liter pro Minute usw. Auf<br />

diese Weise lassen sich bis zu 40 Prozent<br />

bei Wasserinhalt und Verbrauch einsparen –<br />

und damit auch beim Energieeinsatz der<br />

Warmwasserbereitung. Sehr wahrscheinlich<br />

ist das die einzige ökologische Maßnahme,<br />

durch die zugleich die Investitions- und<br />

nicht nur die Betriebskosten sinken: Geringere<br />

„Liter leistungen“ der Entnahmestellen<br />

benötigen bei angepasster Berechnung deutlich<br />

verringerte und damit kostengünstigere<br />

Dimensionen bei Rohren, Verbindern, Dämmungen<br />

und Rohrschellen. Der Materialeinsatz<br />

bei Rohren und Fittingen lässt sich um<br />

bis zu 40 Prozent Gewicht reduzieren.<br />

Ein weiterer Vorteil ist, dass durch eine<br />

verschlankte Trinkwasser-Installation mehr<br />

Nutzfläche gewonnen wird, da die Schächte<br />

kleiner werden können. Weitere Einsparmöglichkeiten<br />

lassen sich durch T-Stück-Installationen<br />

umsetzen. Anders als übergroße, hydraulisch<br />

oftmals nicht beherrschbare Ringin-Ring-Installationen<br />

weisen sie einfache,<br />

klare Fließwege auf, führen weniger Wasser<br />

und besitzen weniger Oberflächen, die Wärme<br />

aufnehmen können. Dadurch lassen sich<br />

Wasserinhalt und Investitionskosten durchschnittlich<br />

noch einmal um rund 20 Prozent<br />

senken. Gleichzeitig wird ein Beitrag zum<br />

passiven Schutz des Trinkwassers kalt gegen<br />

Erwärmung und damit zum Schutz der<br />

Trinkwasserhygiene geleistet. Ein um 20 Prozent<br />

und mehr verringerter Wasserinhalt erhöht<br />

auch den Wasserwechsel im Betrieb um<br />

diesen Wert und damit die hygienische Sicherheit,<br />

denn die Anzahl an Nutzern ist in<br />

beiden Fällen identisch.<br />

2. Automatisierte Wasserwechsel<br />

beugen Legionellenbefall vor<br />

Ein regelmäßiger Wasserwechsel ist die effektivste<br />

Methode, um die Trinkwasserhygiene<br />

zu unterstützen und einer zu hohen<br />

Legionellenkonzentration vorzubeugen. In<br />

Deutschland muss der Wasserwechsel nach<br />

spätestens drei Tagen erfolgen und gemäß<br />

VDI-Richtlinie 6023 Blatt 1 über alle Entnahmestellen<br />

stattfinden – Bakterien können<br />

über ungenutzte Entnahmestellen auch gegen<br />

die Fließrichtung, also retrograd, in die<br />

Trinkwasser-Installation gelangen. Die Zeitdauer<br />

von maximal drei Tagen ohne Wasserwechsel<br />

ist jedoch nur unter bestimmten Bedingungen<br />

hygienisch akzeptabel: Das Kaltwasser<br />

(PWC) darf nicht wärmer als 25 °C<br />

werden und das Warmwasser (PWH) muss<br />

mindestens 55 °C warm sein. Der Grund dafür<br />

ist, dass sich alle Krankheitserreger bevorzugt<br />

in einen Temperaturbereich um die<br />

37 °C vermehren – also im Bereich der Körpertemperatur<br />

von Menschen. Temperaturen<br />

um die 37 °C sind daher „weiträumig“ zu vermeiden.<br />

In großen (halb-)öffentlichen Gebäuden<br />

werden Teilbereiche der Trinkwasser-Installation<br />

aus verschiedenen Gründen gar nicht<br />

genutzt oder nicht so genutzt, wie mit dem<br />

bestimmungsgemäßen Betrieb in der Planung<br />

ursprünglich hinterlegt. Hier kann<br />

ein Wassermanagement-System die Betreiber<br />

beim Erhalt der Trinkwassergüte unterstützen.<br />

Es ist empfehlenswert, ein solches<br />

System bei Neubauten von vorneherein einzuplanen.<br />

Doch auch für die Bestands nachrüstung<br />

gibt es geeignete Lösungen. Mit<br />

einem Wassermanagement-System lassen<br />

sich Trinkwasser-Installationen wesentlich<br />

effizienter und nachhaltiger betreiben als<br />

über manuelles Spülen, da automatisiert umgesetzte<br />

Spülvorgänge viel genauer und ohne<br />

zusätzlichen Aufwand gleichzeitig möglich<br />

sind. Diese Gleichzeitigkeit des Spülens ist<br />

notwendig, um einen qualifizierten, hygienisch<br />

wirksamen Wasserwechsel zu erreichen.<br />

Im Vergleich zu einer händischen Umsetzung<br />

durch den Facility Manager wird der<br />

Personal-, Zeit- und Kostenaufwand so enorm<br />

reduziert.<br />

3. Trocken geprüfte Bauteile einsetzen<br />

Der bestimmungsgemäße Betrieb der Trinkwasser-Installation<br />

beginnt schon mit ihrem<br />

Befüllen. Dabei sollten trocken geprüfte und<br />

in dieser Weise auch gegen mikrobiologische<br />

Verunreinigungen geschützte Bauteile zum<br />

Einsatz kommen. Für die Praxis ist dieses<br />

Vorgehen so bedeutend, dass es dazu aktuell<br />

neue Regelwerke gibt (DVGW W 551-4<br />

und DVGW W551-7). Wenn die Installation<br />

mit Trinkwasser befüllt wurde, ist der Fachhandwerker<br />

bis zur Übergabe für den Wasserwechsel<br />

verantwortlich. Das bedeutet in<br />

Deutschland, dass er spätestens nach drei Tagen<br />

für einen Wasserwechsel zu sorgen hat.<br />

In einem Krankenhaus mit 800 Betten wären<br />

dafür mindestens drei Mitarbeiter an fünf Tagen<br />

je Woche nur für Spülmaßnahmen von<br />

Hand im Einsatz. Auch hier ist der Einsatz<br />

eines Wassermanagement-Systems sinnvoll:<br />

Bereits vor der Inbetriebnahme können die<br />

Wasserwechsel damit automatisiert umgesetzt<br />

werden. Für Gebäude mit erhöhten hygienischen<br />

Anforderungen, beispielsweise<br />

Krankenhäuser oder Pflegeheime, ist es darüber<br />

hinaus ratsam, das Befüllen der Installation<br />

schrittweise durchzuführen – stets in<br />

Verbindung mit einer mikrobiologischen Probennahme<br />

und Freigabe (DVGW W 551-4).<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 45


Technische Trends und Normung<br />

II. Bestandssanierung<br />

1. Wassertemperatur auf<br />

maximal 55 °C senken<br />

Auch in Bestandsbauten bieten sich Möglichkeiten,<br />

die Energiekosten zu senken, ohne<br />

einen kritischen Legionellenbefall zu riskieren.<br />

Beispielsweise kann unter bestimmten<br />

Voraussetzungen an der Stellschraube<br />

„Wassertemperatur“ gedreht werden: Viele<br />

Warmwasserbereiter laufen ohne Kenntnis<br />

der Nutzer mit einer automatisierten wöchentlichen<br />

oder gar täglichen thermischen<br />

Desinfektion, der so genannten Legionellenschaltung.<br />

Wird die Anlage ansonsten fachgerecht<br />

betrieben, kann diese Funktion ohne<br />

hygienische Risiken abgeschaltet werden.<br />

Bei Großanlagen sollte außerdem geprüft<br />

werden, ob die Temperatur am Austritt des<br />

Trinkwassererwärmers deutlich über 60 °C<br />

liegt. Auch hier besteht oftmals ein großes<br />

Einsparpotenzial, indem der Energieeinsatz<br />

gesenkt wird.<br />

Beträgt die Temperaturspreizung zwischen<br />

Speicheraustritt und Rücklauf der Zirkulation<br />

deutlich mehr als 5 K, sollte der hydraulische<br />

Abgleich der Zirkulationsstränge<br />

optimiert werden und/oder die Wärmedämmung.<br />

Bei mangelhaftem hydraulischen Abgleich<br />

sind elektronische Zirkulationsregulierventile<br />

die erste Wahl im Bestand, da sie<br />

ohne detaillierte Berechnung eingebaut werden<br />

können. Weiteres Optimierungspotenzial<br />

besteht in Anlagen, bei denen die Temperaturspreizung<br />

zwar nur rund 5 K beträgt,<br />

aber die Wassertemperatur an den Entnahmestellen<br />

und beim Wiedereintritt der Zirkulation<br />

in den Trinkwassererwärmer deutlich<br />

über 55 °C liegt. In diesem Fall kann die<br />

Anlage allein schon durch das Verringern der<br />

Austrittstemperatur am Speicher energetisch<br />

optimiert werden.<br />

2. Durchflussmengen reduzieren<br />

Die deutlichsten Einsparpotenziale liegen<br />

im Reduzieren von Wasserleistungen. Doch<br />

auch hier gilt „nur in Maßen“, denn der Hygienegrundsatz<br />

„Wasser muss fließen“ ist<br />

weiterhin oberstes Gebot. Auch nach solchen<br />

Maßnahmen darf die Verweilzeit des Wassers<br />

in der Trinkwasser-Installation nicht<br />

Häufig weisen Armaturen im Bestand größere Durchflussmengen auf als nötig. Daher ist es sinnvoll,<br />

die Durchflussmengen im Bestand zu prüfen, und da, wo möglich, zu reduzieren.<br />

über 72 Stunden liegen – egal, ob Kalt- oder<br />

Warmwasser. Für Gesundheitseinrichtungen<br />

empfiehlt die VDI-Richtlinie 6023 sogar eine<br />

noch kürzere Verweilzeit von maximal 24<br />

Stunden. Das gilt für jede Entnahmestelle<br />

und Teilstrecke einer Trinkwasser-Installation,<br />

denn ein „Stau“ des Trinkwassers in der<br />

Installation könnte zu gesundheitlichen Risiken<br />

führen. Entnahmestellen mit extrem<br />

geringer oder gar keiner Nutzung müssen<br />

daher unbedingt regelmäßig gespült werden,<br />

entweder manuell oder automatisiert. Bei extrem<br />

selten genutzten Entnahmestellen ist<br />

ein Rückbau zu empfehlen, andernfalls wird<br />

hier dauerhaft Trinkwasser aufgrund von<br />

Stagnationsspülungen verschwendet.<br />

An Entnahmestellen mit hohem Verbrauch<br />

und häufiger Nutzung lassen sich<br />

große Einspareffekte mittels Wasserspararmaturen<br />

oder Durchflussbegrenzern und<br />

Strahlreglern erzielen. Demnach ist es sinnvoll,<br />

die Durchflussmengen an Entnahmestellen<br />

zu prüfen und die Mengen einzustellen,<br />

die der Planer bei der Dimensionierung<br />

der Trinkwasser-Installation zugrunde gelegt<br />

hat: Das geschieht durch den Vergleich<br />

der Berechnungsdurchflüsse aller Entnahmestellen<br />

aus der Planung, also mit Werten<br />

aus der DIN 1988-300 Tabelle 2, mit den realisierten<br />

„Literleistungen“ in der Praxis. Hier<br />

ergeben sich oft erhebliche Einsparpotenziale<br />

von 40 bis 50 Prozent.<br />

Außerdem können Waschtischarmaturen<br />

mit einem hohen Verbrauch zumeist durch<br />

den einfachen Tausch des Strahlreglers auf<br />

eine normative Literleistung von 4,2 l/min<br />

optimiert werden, wenn das Gebäude auf<br />

Basis der DIN 1988-300 Tabelle 2 dimensioniert<br />

wurde. Auch die Wassermengen von<br />

WC und Duschen bieten Einsparpotenziale:<br />

Bei WC-Spülkästen reicht im Allgemeinen<br />

eine Sechs-Liter-Spülung statt einer Neun-<br />

Liter- Spülung.<br />

Doch auch hier gibt es Grenzen: In modernen<br />

Altenheimen sollten beispielsweise die<br />

Waschtischarmaturen mit einem überhöhten<br />

Durchfluss von acht bis zehn Liter pro Minute<br />

nicht auf die normativ geringeren Berechnungsdurchflüsse<br />

reduziert werden, da<br />

sie erfahrungsgemäß selten genutzt werden.<br />

In diesem Fall ist es sinnvoll, wenn dann die<br />

doppelte Wassermenge pro Nutzung oder<br />

Spülung ausgetauscht wird. Grundsätzlich<br />

sollte also jeder Fall einzeln betrachtet und<br />

bewertet werden.<br />

III. Fazit<br />

Das größte ökonomische und ökologische Potenzial<br />

bietet sich beim Planen und Umsetzen<br />

von Neubauten durch die gezielte Kombination<br />

zweier Einsparmöglichkeiten: reduzierte<br />

Durchflussmengen an den Entnahmestellen<br />

und das bevorzugte Verwenden von<br />

T-Stück-Installationen.<br />

Bei bestehenden Gebäuden kann geprüft<br />

werden, ob die Literleistung an bestimmten<br />

hoch frequentierten Entnahmestellen reduziert<br />

werden kann – denn oftmals wurden<br />

Armaturen mit höheren Durchflussmengen<br />

installiert, als bei der normgerechten Planung<br />

berücksichtigt wurden. In solchen Fällen<br />

kann die Literleistung verringert werden,<br />

ohne die Güte des Trinkwassers zu beeinträchtigen.<br />

<br />

Abbildung: Schell GmbH & Co. KG<br />

46 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


BLEIBT DER BESTIMMUNGSGEMÄE<br />

BETRIEB AUS, SETZT DAS RISIKO<br />

FÜR DIE TRINKWASSERHYGIENE EIN.<br />

Fakt ist: Erneuerbare Energien schützen die Umwelt, erreichen aber nicht<br />

die notwendigen Temperaturen, um die Trinkwasserhygiene zu sichern.<br />

Innovative Lösungen, wie Sie die Trinkwassergüte erhalten,<br />

finden Sie auf viega.de/Trinkwasser<br />

Viega. Höchster Qualität verbunden.


Abbildung 1: Rund 30.000 Quadratmeter<br />

Bürofläche und Platz für 1.500 Mitarbeitende<br />

bietet der neue Standort eines großen<br />

IT-Dienstleisters in Süddeutschland.<br />

Alle Abbildungen: FRENGER SYSTEMEN BV Heiz- und Kühltechnik GmbH<br />

Arbeitsplätze für die Zukunft<br />

Deckensegel heizen und kühlen markanten Neubau<br />

und optimieren gleichzeitig die Akustik<br />

Im Süden Deutschlands hat ein IT-Dienstleister einen beeindruckenden neuen Standort errichtet:<br />

Mit einer Bauzeit von sechs Jahren und Baukosten von rund 113 Millionen Euro blieb der Bauherr im<br />

Zeit- und Kostenplan. Insgesamt fünf neue Gebäude mit rund 30.000 Quadratmeter Fläche und<br />

Platz für 1.500 Mitarbeitende sind entstanden. Die modernen Büroräume werden mit innovativer<br />

Technik effizient beheizt und gekühlt. Zusätzlich wird die Akustik erheblich verbessert.<br />

Dr.-Ing.<br />

Klaus Menge,<br />

Geschäftsführer,<br />

FRENGER SYSTEMEN<br />

BV Heiz- und<br />

Kühltechnik GmbH,<br />

Groß-Umstadt<br />

Die Außenanlage des neuen Standorts eines<br />

der größten IT-Dienstleisters Deutschlands<br />

erinnert an einen Campus. Bei Bedarf kann<br />

sie für Veranstaltungen oder zum Public<br />

Viewing genutzt werden. Der Eingangsbereich<br />

des Vorplatzes wird von einem Urwelt-<br />

Mammutbaum beherrscht, der beim Pflanzen<br />

schon stattliche 16 Meter Höhe aufwies.<br />

Das erforderte eine nicht alltägliche Pflanzaktion<br />

und den Einsatz eines 600 Tonnen<br />

Krans. Gelohnt hat es sich allemal, denn der<br />

Baum steht als zentraler Blickfang am Ende<br />

der Zugangstreppe. Die markanten Gebäude<br />

offenbaren auch im Inneren ihre Qualitäten.<br />

Alle fünf Gebäude und auch die Bestandsgebäude<br />

sind an eine rund 135 Meter lange so<br />

genannte Innovation-Lounge im Zentrum angeschlossen.<br />

Wie eine große Piazza wirkt dieser<br />

Bereich, der sich für unterschiedlichste<br />

Veranstaltungen anbietet.<br />

I. Markante Gebäude<br />

Verteilt auf fünf Stockwerke, bieten die Neubauten<br />

sehr unterschiedliche Räume für klei-<br />

48 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Die Rohrregister sind die Basis der Heizund<br />

Kühlsegel. Sie bestehen aus Qualitätsstahl<br />

und wurden mit einem Außendurchmesser<br />

von 21,3 Millimeter und einer Wandstärke<br />

von 1,5 Millimeter gefertigt. Der Abstand<br />

zwischen den einzelnen Rohren beträgt<br />

100 Millimeter. Je nach Jahreszeit zirkuliert<br />

durch diese Register warmes oder<br />

kaltes Wasser. Übertragen wird die Temperatur<br />

an die Strahlflächen der Deckensegel<br />

durch hochwertige Aluminium-Strangpress-<br />

Profile, die mittels patentierter Magnettechnik<br />

befestigt sind. Auf der Oberseite sind<br />

die Segel mit einer 40 Millimeter dicken Mineralfaser<br />

gedämmt, die in schwarze Folie<br />

aus Low Density Polyethylen (LDPE) eingeschweißt<br />

ist. Auf der Sichtseite sind die Segel<br />

mit Strahlblechen aus Stahl verkleidet.<br />

Abbildung 2: Der Neubau bietet unterschiedliche Räume und Zimmergrößen, verteilt auf fünf Stockwerke.<br />

nere und mittlere Meetings und sollen die Kreativität<br />

fördern. Einer der Räume erinnert mit<br />

ausgedientem Kasten, Bock und einer Sprossenwand<br />

an eine alte Turnhalle. Ein anderer<br />

bietet Urlaubsfeeling mit Strandkorb, großem<br />

Küstenbild und sandfarbenem Teppich. In jedem<br />

Stockwerk gibt es eine zentrale Cafeteria<br />

und großzügig geschnittene Arbeitsplätze.<br />

Dafür durften die Beschäftigten ihre Wünsche<br />

einbringen, denn eine attraktive Arbeitsumgebung<br />

soll nicht nur die Mitarbeitenden motivieren,<br />

sondern auch helfen, neue Arbeitskräfte<br />

für die Firma zu begeistern.<br />

So sind denn auch die modernen Büros<br />

und Besprechungsräume hell, freundlich<br />

und mit vielen Pflanzen eingerichtet. Das<br />

schafft eine angenehme Atmosphäre im IT-<br />

Unternehmen.<br />

II. Heizen und Kühlen von der Decke<br />

Effiziente Technik sorgt dabei für ein angenehmes<br />

Raumklima. Über 1.600 aktive<br />

Decken segel des Typs „Smartline“ wurden<br />

installiert. Sie heizen und kühlen in den<br />

kleinen und großen Räumen und optimieren<br />

gleichzeitig die Akustik – und das völlig ohne<br />

Zugluft und Geräusche. Die Baulängen der<br />

montierten Segel variieren von 1,45 Meter<br />

bis 2,55 Meter. Die Baubreite beträgt jeweils<br />

1,0 Meter. Lackiert sind die Smartline-Segel<br />

in Weiß, ähnlich RAL 9010, und hochwertig<br />

beschichtet im so genannten Coilcoating-<br />

Verfahren. Sie sind mit einer akustisch wirksamen<br />

Perforation versehen. Ihre Lebensdauer<br />

liegt bei mindestens 30 Jahren – und<br />

das ohne jede erforderliche Wartungsmaßnahme.<br />

III. Akustik einfach verbessert<br />

Herzstück sind die innovativen Akustik-Volumenabsorber<br />

(AVA), die auf den Smartline-<br />

Segeln montiert sind. Dabei handelt es sich<br />

um eine Eigenentwicklung aus dem Hause<br />

Frenger Systemen. Die AVA schlucken Schall<br />

und Geräusche und verbessern damit erheblich<br />

die Akustik und Nachhallzeit. Herausfordernd<br />

für Architekten und Raumplaner<br />

sind besonders die tiefen und mittleren Frequenzen<br />

der menschlichen Sprache. Gerade<br />

in diesem Frequenzbereich sind die AVA besonders<br />

wirksam: Hier bietet das Akustik-<br />

Element eine um bis zu 220 Prozent bessere<br />

Schallabsorption und vermeidet dadurch<br />

teure und aufwendige Ersatzmaßnahmen.<br />

An den Heiz- und Kühlsegeln sind Pendelleuchten<br />

befestigt, pro Segel ist eine Leuchte<br />

angebracht. Deren Anbringung direkt an den<br />

Deckensegeln war aufgrund des soliden Aufbaus<br />

mit Rohrregistern aus Stahl problemlos<br />

möglich. Rauch- und Präsenzmelder wurden<br />

ebenfalls direkt in die Segel integriert, die<br />

Auf ganzer Strecke<br />

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Technische Trends und Normung<br />

Ausschnitte dafür wurden werksseitig vorgenommen.<br />

Die Bewegungsmelder steuern<br />

automatisch das Licht und eine eventuell erforderliche<br />

Beschattung der Fensterflächen<br />

durch Jalousien, die automatisch je nach Erfordernis<br />

nach oben oder unten fahren. Für<br />

den Heizfall sind die Smartline-Segel mit<br />

einer Vorlauftemperatur von 34° C und einer<br />

Rücklauftemperatur von 30° C bei einer<br />

Raumtemperatur von 22° C ausgelegt. Die<br />

Werte für die Kühlung liegen bei 16° C im<br />

Vorlauf, 18° C im Rücklauf und einer Raumtemperatur<br />

von 26° C. Aufgrund der niedrigen<br />

Vorlauftemperaturen sind die Deckenheizungen<br />

ideal für den Betrieb mit Wärmepumpen,<br />

wie sie bei dem Softwareunternehmen<br />

eingesetzt sind.<br />

Arbeitsplatz und Besprechungsraum<br />

können über ein internes Buchungstool gebucht<br />

werden. Ob Homeoffice oder Präsenz<br />

im Büro – darüber entscheidet jede Mitarbeiterin<br />

und jeder Mitarbeiter selbst. Die Tiefgarage<br />

bietet Ladestationen für E-Autos und<br />

E-Bikes. Im Gebäude stehen den Fahrrad-<br />

Pendlern Duschen zur Verfügung.<br />

Dank der neuen Zentrale können nun<br />

andere, angemietete Flächen im Stadtgebiet<br />

aufgegeben und die Belegschaft zentral<br />

am neuen Standort angesiedelt werden. Das<br />

Software-Unternehmen verspricht sich davon<br />

deutlich kürzere Wege und eine bessere<br />

Vernetzung der Mitarbeitenden.<br />

Abbildung 3: Die Deckensegel „Smartline“ von Frenger Systemen sind perforiert ausgeführt,<br />

zusätzliche Akustik-Volumenabsorber sorgen für eine erstklassige Raumakustik.<br />

VI. Effiziente und nachhaltige Heizung<br />

Die Wärmeerzeugung erfolgt per Geothermie-Vollversorgung<br />

über zwei Wärmepumpen<br />

mit jeweils 400 kW Heizleistung und<br />

510 kW Kühlleistung, die an insgesamt 220<br />

Sonden mit 70 Meter Tiefe angeschlossen<br />

sind. Für die Niedertemperaturkälte steht<br />

eine weitere Kältemaschine mit 800 kW Leistung<br />

zur Verfügung. Die Stromversorgung<br />

wird durch Photovoltaikanlagen auf jedem<br />

der fünf Dächer mit einer Gesamtleistung<br />

von knapp 300 kWp unterstützt. Damit werden<br />

bis zu 75 Prozent der benötigten Energie<br />

selbst produziert. Auch hier punkten die eingesetzten<br />

Heiz- und Kühlsegel in der Kombination.<br />

Abbildung 4: Pendelleuchten, Rauch- und Bewegungsmelder sind in die Deckensegel eingebaut.<br />

50 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


gehört<br />

Der Podcast für<br />

SHK-Installateure und<br />

TGA-Fachplaner!<br />

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Büro oder auf der Baustelle!<br />

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Technische Trends und Normung<br />

Qualifizierte Planung ist Grundlage für<br />

klimaresiliente Trinkwasserinstallation<br />

Der Klimawandel stellt neue Herausforderungen<br />

an die Planung der Technischen Gebäudeausrüstung<br />

Dr. Christian Schauer,<br />

Leiter des<br />

Kompetenzbereichs<br />

Trinkwasser,<br />

Corporate<br />

Technology,<br />

Viega GmbH & Co. KG,<br />

Attendorn<br />

„Der Wasserkreislauf gerät infolge des Klimawandels<br />

und menschlicher Aktivitäten<br />

aus dem Gleichgewicht.“ Mit dieser Kernaussage<br />

belegt der Bericht der Weltorganisation<br />

für Meterologie den Zustand der Wasserressourcen<br />

2022. Die Auswirkungen sind<br />

selbst in Deutschland schon deutlich spürbar.<br />

Durch Klimaveränderungen und Umweltbelastungen<br />

gerät die Ressource „Trinkwasser“<br />

zunehmend unter Druck. Daher ist heute die<br />

Planung klimaresilienter Trinkwasserinstallationen<br />

entscheidend für die Versorgungssicherheit<br />

von morgen. Zwei Aspekte kennzeichnen<br />

eine solche Resilienz: die Schonung<br />

der Ressourcen ohne Einschränkungen beim<br />

Gesundheitsschutz.<br />

Wenngleich das Thema „Resilienz“ einen<br />

neuen, hohen Stellenwert in der Planung von<br />

Trinkwasserinstallationen einnimmt, bleibt<br />

über allem der Erhalt der Trinkwasser güte<br />

zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen<br />

Beeinträchtigungen bestehen: Sowohl<br />

die Trinkwasserverordnung (TrinkwV)<br />

als auch das Infektionsschutzgesetz weisen<br />

der Gewährleistung genusstauglichen<br />

Trinkwassers die höchste Priorität zu. Dem<br />

müssen auch die Planungsansätze der Resilienz<br />

Rechnung tragen. Doch richtig geplant,<br />

kann eine resiliente Trinkwasserinstallation<br />

sogar zum Gesundheitsschutz beitragen.<br />

Folgende Planungsziele sind dabei<br />

kennzeichnend:<br />

Alle Abbildungen: Viega<br />

Abbildung 1: Der Klimawandel verändert zunehmend die Planungsgrundlagen der TGA – zum Beispiel die Verfügbarkeit genusstauglichen Trinkwassers,<br />

besonders in urbanen Räumen.<br />

52 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Abbildung 2: Am Hausanschluss kommt Trinkwasser mit immer höheren Temperaturen an. Eine klimaresiliente<br />

Planung der Trinkwasserinstallation nimmt die negativen Folgen dieser Entwicklung vorweg und begrenzt<br />

beispielsweise auf dem Weg zu den Entnahmestellen zusätzliche Wärmelasten für Trinkwasser kalt.<br />

• Ressourcenschutz – Trinkwasser wird<br />

nicht unnötig verschwendet und<br />

• Energieeffizienz – Trinkwasser warm<br />

wird bedarfsgerecht sowie nachhaltig erzeugt,<br />

ohne das Temperaturregime von<br />

60/55 °C zu verlassen. Gleichzeitig sind<br />

die Energie- und Temperaturverluste gering<br />

zu halten.<br />

Gesundheitsrisiken im<br />

Kontext des Klimawandels<br />

Mehr Hitzetage im Jahr, sinkende Pegel in<br />

Flüssen und Trinkwassertalsperren, urbane<br />

Wärmeinseln – das sind nur einige der bereits<br />

auch hierzulande spürbaren Auswirkungen<br />

des Klimawandels. Diese haben gravierende<br />

Konsequenzen für die Planung von Trinkwasserinstallationen.<br />

So steigt zum Beispiel die<br />

Eingangstemperatur am Hausanschluss gerade<br />

im Sommer weit über die zumeist angenommenen<br />

10 °C an. Denn nicht selten kommt<br />

das Trinkwasser vom Versorger – auch klimabedingt<br />

– bereits im Jahresdurchschnitt mit<br />

14,2 °C und mehr ins Haus. Hygienisch notwendig<br />

ist aber zugleich, dass die Temperatur<br />

von Trinkwasser kalt (PWC) auf dem Weg bis<br />

zur entferntesten Entnahmestelle nicht über<br />

20 °C ansteigt, damit es zu keinem Bakterienwachstum<br />

kommt. Normativ darf die Zielmarke<br />

von 25 °C nicht dauerhaft überschritten<br />

werden. Gerade in Geschossbauten und<br />

öffentlichen Objekten mit langen Leitungsstrecken<br />

und hohen Wärmelasten ist es bei<br />

hohen Hauseingangs temperaturen eine große<br />

Herausforderung, die Temperaturgrenze für<br />

Trinkwasser kalt einzuhalten.<br />

häufiger auch in PWC nachgewiesen. Deshalb<br />

weist das Umweltbundesamt in einer<br />

Empfehlung zur systematischen Untersuchung<br />

von Trinkwasserinstallationen darauf<br />

hin, bei erhöhter Legionellenkonzentration<br />

im Trinkwasser warm (PWH) auch Kaltwasser<br />

auf Legionellen zu untersuchen. 2 Das gilt<br />

insbesondere, wenn an den Entnahmestellen<br />

die Kaltwassertemperatur mehr als 30 Sekunden<br />

nach dem Öffnen noch über 25 °C<br />

liegt.<br />

Wird eine dauerhafte Temperaturüberschreitung<br />

von PWC festgestellt, ist es eine<br />

gängige Gegenmaßnahme, Leitungsstrecken<br />

mit hohen Wärmelasten häufig zu spülen. So<br />

lassen sich die Verweildauer und damit die<br />

Wärmeaufnahme des Trinkwassers reduzieren.<br />

Im Bestand ist das oft sinnvoll, bei Neuinstallationen<br />

steht diese Maßnahme allerdings<br />

im Widerspruch zum ressourcenschonenden<br />

Umgang mit diesem kostbaren Gut.<br />

Eine alternative Möglichkeit ist, Trinkwasser<br />

aktiv zu kühlen. Das geht jedoch zulasten<br />

der geforderten Energieeffizienz von Gebäuden.<br />

Eine resilient geplante Trinkwasserinstallation<br />

macht ein Spülen und Kühlen von<br />

Trinkwasser in der Regel wesentlicher seltener<br />

erforderlich.<br />

In der Folge werden Legionellen immer<br />

TGA-Planer müssen sich jedoch darauf<br />

einstellen, dass die Eingangstemperatur<br />

für Trinkwasser kalt nicht nur im Sommer<br />

weiter steigt. Selbst bei Grundwasser<br />

ist ein Temperaturanstieg zu verzeichnen:<br />

Langzeitmessungen des Deutschen Wetterdienstes<br />

stellten in unterschiedlichen Bo-<br />

Gesundheitsschutz und Energieeffizienz<br />

Gesundheit versus Energieeffizienz<br />

dentiefen in den vergangenen 30 Jahren scheinen zumindest vordergründig ohnehin<br />

in einem gewissen Zielkonflikt zu ste-<br />

einen klimabedingten Anstieg um bis zu<br />

3 K fest. 1 hen: Ohne wissenschaftlich abgesicherte<br />

Abbildung 3: Die Wachstumskurve vom Legionella pneumophila nach Exner 2009 beweist: Die alleinige<br />

Absenkung des Temperaturregimes zum Energieeinsparen ist keine geeignete – und unter Hygieneaspekten<br />

vertretbare – Maßnahme, um die Energieeffizienz zu steigern.<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 53


Technische Trends und Normung<br />

Kompensationsmaßnahmen ist bekanntlich<br />

ein Unterschreiten der Temperaturspreizung<br />

von 60/55 °C für Trinkwasser warm nicht tolerabel.<br />

Dieses hohe Temperaturniveau ist allerdings<br />

beispielsweise mit einer regenerativen,<br />

also ressourcenschonenden Wärmeerzeugung<br />

kaum effizient erreichbar. Denn<br />

Luft-/Wasser-Wärmepumpen arbeiten besonders<br />

wirtschaftlich bei einer Vorlauftemperatur<br />

von 35 °C. Nicht anders ist es bei kalten<br />

Nahwärmenetzen, die in der politischen<br />

Diskussion kommunaler Wärmeplanungen<br />

einen immer größeren Stellenwert erhalten.<br />

Um die Energieeffizienz der Trinkwassererwärmung<br />

zu erhöhen, sind daher<br />

• Heizsysteme zu planen, die einen möglichst<br />

geringen Einsatz von Primärenergie<br />

erfordern,<br />

• Wärmeverluste der Trinkwasserinstallation<br />

zu reduzieren und<br />

• das Anlagenvolumen von Trinkwasser<br />

warm dem tatsächlichen Bedarf anzupassen.<br />

Die Planungsaufgabe, Energieeffizienz und<br />

Ressourcenschonung zu einer resilienten<br />

Trinkwasserinstallation unter dem obersten<br />

Gebot des Gesundheitsschutzes zusammenzuführen,<br />

wird also lösbar.<br />

Resilienz durch Energieeffizienz<br />

Eine Grundvoraussetzung, um den Einsatz<br />

von Primärenergie bei der Trinkwassererwärmung<br />

deutlich zu reduzieren, besteht<br />

zum Beispiel in dem Paradigmenwechsel,<br />

nicht wie bisher Trinkwasser warm zu puffern,<br />

sondern die Energie als solche. Statt<br />

also einen Trinkwasserspeicher vorzusehen,<br />

der auf den maximalen gleichzeitigen Bedarf<br />

von PWH ausgelegt ist, werden in einem Pufferspeicher<br />

die Energiegewinne aus unterschiedlichen<br />

Quellen zusammengeführt. Die<br />

Warmwasserbereitung selbst erfolgt dann<br />

über einen Wärmetauscher bedarfsgerecht<br />

im Durchlaufprinzip. So entfällt die energieintensive<br />

Temperaturhaltung eines Trinkwasserspeichers<br />

von 60 °C, selbst wenn kein<br />

Trinkwasser entnommen wird. Außerdem<br />

lässt sich die gepufferte Energie sowohl für<br />

die Trinkwasserbereitung als auch die Raumwärme<br />

nutzen. Abhängig vom Gesamtenergiebedarf<br />

des Gebäudes können ausschließlich<br />

regenerative Energiequellen aufgeschaltet<br />

werden – Wärmepumpen, Solarthermie,<br />

Pelletkessel und Nahwärme. Aber auch anteilig<br />

Fernwärme oder Gasbrennwertgeräte<br />

sind möglich. Das elektrische Nachheizen<br />

über PV-Strom ist ebenfalls machbar.<br />

Einer Trinkwasserzirkulation mit zentraler<br />

Erwärmung nach dem Durchflussprinzip<br />

über einen Pufferspeicher ist aus Sicht einer<br />

resilienten und hygienischen Trinkwasserinstallation<br />

in diesem Zusammenhang<br />

der Vorzug zu geben vor einer dezentralen<br />

Erwärmung mit Durchlauferhitzern. In<br />

puncto Trinkwasserhygiene zeigt die Praxis<br />

nämlich: Elektrische Durchlauferhitzer werden<br />

von den Benutzern häufig auf Wunschtemperaturen<br />

eingestellt, die weit unter den<br />

erforderlichen 55 °C liegen, manchmal bis<br />

zu 38 °C. Das könnte ein Grund sein, warum<br />

im Durchflusstrinkwassererwärmer und in<br />

Abbildung 4: Blick in den Haustechnikraum eines modernen Mehrfamilienhauses: In den Pufferspeichern<br />

werden die Energiegewinne einer Wärmepumpe und weiterer Wärmequellen bevorratet, die dann sowohl für<br />

die Trinkwassererwärmung nach dem Durchflussprinzip als auch für Raumwärme genutzt werden können.<br />

den Rohrleitungen dahinter erhöhte Legionellenkonzentrationen<br />

festgestellt werden,<br />

wie das Umweltbundesamt in einer Mitteilung<br />

vom 18. Dezember 2018 schreibt. 3 Der<br />

Gesundheitsschutz ist also nicht mehr gegeben.<br />

In Bezug auf die Energieeffizienz gilt<br />

gleichzeitig, dass Durchlauferhitzer Strom<br />

1 : 1 für die Trinkwassererwärmung einsetzen<br />

– bei einer Temperaturdifferenz von 50 K<br />

etwa 17 kWh. 4 Bei einer Wärmepumpe, deren<br />

Energiegewinne einem Pufferspeicher<br />

zugeführt werden, ist das Verhältnis von Antriebsstrom<br />

zu Wärme in kWh hingegen 1 : 3<br />

bis 1 : 4. Aus einem Anteil Strom wird also<br />

hocheffizient das Drei- oder sogar Vierfache<br />

an Energie erzielt – ohne Leitungsverluste<br />

vor Ort.<br />

Wärmeverluste und<br />

Wärmelasten reduzieren<br />

Ein weiterer Aspekt der Energieeffizienz mit<br />

gleichzeitiger Stützung des Gesundheitsschutzes<br />

ist der thermisch-hydraulische Abgleich<br />

der Trinkwasserzirkulation. Diese<br />

Forderung findet sich mittlerweile sogar im<br />

Gebäudeenergiegesetz (§ 29 GEG), um Energie<br />

zu sparen.<br />

Idealerweise werden für den thermischhydraulischen<br />

Abgleich elektronische Zirkulationsregulierventile<br />

verwendet. Mittels<br />

Temperaturfühler und intelligentem Regelalgorithmus<br />

stellen sie dynamisch die vorgegebene<br />

Soll-Temperatur her und sind damit<br />

deutlich präziser als voreingestellte statische<br />

oder thermostatische Ventile. Während das<br />

Einpegeln unnötig hoher Temperaturen in<br />

den Zirkulationsleitungen die Energieeffizienz<br />

verbessert, schützt die Temperaturbegrenzung<br />

auf > 55 °C vor einer Verkeimung<br />

durch Legionellen.<br />

Zudem lassen sich Einspareffekte bei<br />

der Trinkwassererwärmung erzielen, wenn<br />

Inliner- Zirkulationsleitungen geplant werden.<br />

Bei diesem Rohrleitungssystem wird<br />

für den Zirkulationsrücklauf eine Kunststoffrohrleitung<br />

in der Steigrohrleitung geführt.<br />

Das reduziert die Rohrleitungsoberfläche<br />

und damit die Verluste durch Wärmeabstrahlung.<br />

Wie eingangs erwähnt, ist aber nicht nur<br />

die effiziente Temperaturhaltung für Trinkwasser<br />

warm entscheidend für eine klimaresiliente<br />

Trinkwasserinstallation. Eine unzulässige<br />

Erwärmung von Trinkwasser kalt<br />

ist ebenfalls zu verhindern – möglichst ohne<br />

Spülen und Kühlen. Bei steigenden Eingangstemperaturen<br />

am Hausanschluss sind Wärmelasten<br />

für PWC gezielt zu reduzieren. Optimal<br />

ist es daher, für kalt- und warmgehende<br />

Rohrleitungen getrennte Steigeschächte vorzusehen.<br />

Die thermisch vorbildliche Rohrlei-<br />

54 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

tungsführung auf der Etage – PWC in Bodennähe<br />

und PWH in Deckennähe – ist dabei<br />

eigentlich eine Selbstverständlichkeit, sollte<br />

aber vom Planer explizit vorgegeben werden.<br />

Anlagevolumen begrenzen<br />

Insgesamt profitiert eine Trinkwasserinstallation,<br />

wenn das Volumen möglichst klein gehalten<br />

wird. So wird das Trinkwasser im bestimmungsgemäßen<br />

Betrieb schneller ausgetauscht.<br />

Kaltwasser bleibt weniger Zeit,<br />

sich zu erwärmen. Und Warmwasser verliert<br />

nicht in weitverzweigten Zirkulationskreisen<br />

an Energie, die permanent nachgeführt werden<br />

muss.<br />

Um das Anlagenvolumen zu reduzieren,<br />

sind Rohrleitungen mit einem niedrigen Widerstandsbeiwert<br />

zu bevorzugen. Sind die<br />

Druckverluste des Rohrleitungssystems gering<br />

und die Leitungsstrecken möglichst<br />

kurz, können oftmals kleinere Dimensionen<br />

geplant werden. Hinzu sollte anstelle<br />

eines großvolumigen Speichers, mit entsprechenden<br />

Verlusten bei Vorhalt des Warmwassers,<br />

aus energetischer und hygienischer<br />

Sicht die Warmwasserbereitung über einen<br />

Durchflusstrinkwassererwärmer (DTE) erfolgen.<br />

Die notwendige Energie dafür stellt<br />

ein Pufferspeicher bereit, um PWH bedarfsgerecht<br />

nur in den Mengen zur Verfügung zu<br />

stellen, die auch tatsächlich benötigt werden.<br />

Fazit<br />

Eine konsequent auf Klimaresilienz geplante<br />

Trinkwasserinstallation trägt zur Trinkwasserhygiene<br />

bei, schont die Ressourcen und<br />

reduziert den Einsatz von Primärenergie und<br />

damit den CO 2 -Ausstoß – den vorrangigen<br />

Abbildung 6: Die Installation einer Spülstation kann im Bestand erforderlich sein, um Stagnation zu vermeiden<br />

oder Trinkwasser mit Dauertemperaturen > 25 °C und < 55 °C abzuleiten. Bei einer Neuinstallation wird<br />

die Spülstation hingegen eingesetzt, um eventuellen Stagnationsrisiken zu begegnen.<br />

Treiber des Klimawandels. Dafür gelten neue<br />

Planungsgrundsätze:<br />

• Kaltwasser vor Erwärmung schützen,<br />

Spülen oder Kühlen nur zum Schutz vor<br />

Stagnationsrisiken,<br />

• Energie speichern, nicht Warmwasser,<br />

• Energieeffizienz erhöhen, statt Systemtemperaturen<br />

zu gefährden und<br />

• Trinkwasserinstallationen mit möglichst<br />

kleinem Anlagenvolumen planen, anstelle<br />

weitverzweigter Zirkulationssysteme<br />

und dadurch wenig beherrschbaren, komplexen<br />

Netzen im Gebäude.<br />

Die Auswirkungen des Klimawandels werden<br />

weiter Einfluss auf die Planungsrealitäten,<br />

aber auch auf Gesetze, Verordnungen<br />

und Richtlinien nehmen. Eine heute resilient<br />

geplante Trinkwasserinstallation entspricht<br />

auch morgen noch den hohen Anforderungen<br />

der Trinkwassergüte und des<br />

Ressourcen schutzes.<br />

Mehr Informationen finden Sie unter<br />

www.viega.de/Trinkwasser. Dort stehen<br />

auch verschiedene Whitepaper zum kostenlosen<br />

Download bereit, die sich sowohl mit<br />

dem Erhalt der Trinkwassergüte im Allgemeinen<br />

als auch mit der qualifizierten Auslegung<br />

klimaresilienter Trinkwasserinstallationen<br />

befassen.<br />

<br />

1<br />

Brandenburgische Geowissenschaftliche Beiträge, Henning<br />

/ Limberg; 01.2012.<br />

2<br />

UBA-Empfehlung: Systemische Untersuchungen von<br />

Trinkwasser-Installationen auf Legionellen nach Trinkwasserverordnung,<br />

12/2018.<br />

3<br />

Mitteilung des Umweltbundesamtes (UBA): Vorkommen<br />

von Legionellen in dezentralen Trinkwassererwärmern,<br />

12/2018.<br />

4<br />

energie-lexikon.info/warmwasser.html.<br />

Abbildung 5: Bei einer<br />

Inliner-Zirkulation verläuft<br />

der Rücklauf im Steigrohr.<br />

Das verringert die Verluste<br />

durch Wärmeabstrahlung und<br />

ist ein weiterer Mosaikstein<br />

für eine energieeffizientere<br />

Warmwasserbereitung.<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 55


Technische Trends und Normung<br />

Abbildung: Penzkofer Bau GmbH<br />

Die vier Mehrfamilienhäuser des Neubauprojekts in Landau an der Isar werden durch begrünte Gärten und Innenhöfe miteinander verbunden sein.<br />

Nachhaltigkeit im Wohnungsbau<br />

Zukunftsweisender Neubau in Landau an der Isar<br />

mit QNG-Standard und neuen Wegen bei der Nahwärme<br />

Viele kleine Teile bilden ein perfektes, großes Ganzes: Das gilt bei einem Puzzle genauso wie auf<br />

der Baustelle. In Landau an der Isar entsteht im Herzen Niederbayerns ein zukunftsweisendes<br />

Wohnungsbauprojekt mit 34 Eigentumswohnungen, errichtet als klimafreundlicher Neubau im<br />

KFN-QNG-Standard. Alle Partner setzen hier auf Nachhaltigkeit – bei der Planung und beim Bau.<br />

Ein weltweit einzigartiges System für vorisolierte Rohre bei der Nahwärmeversorgung gehört<br />

ebenso dazu wie ein umfangreiches Energiepaket bei der Haustechnik und einiges mehr.<br />

Gerald Obernosterer,<br />

Leiter Key Account<br />

für Wärmenetze,<br />

Thermaflex<br />

Isolierprodukte<br />

GmbH,<br />

Herford<br />

Franz Rebl,<br />

Geschäftsführer<br />

Rebl & Penzkofer<br />

Immobilien GmbH &<br />

Geschäftsführer<br />

Franz Rebl<br />

Malereibetrieb<br />

GmbH,<br />

Landau an der Isar<br />

Alexander<br />

Penzkofer,<br />

Geschäftsführer<br />

Rebl & Penzkofer<br />

Immobilien GmbH<br />

& Geschäftsführer<br />

Penzkofer Bau<br />

GmbH,<br />

Regen an der Isar<br />

56 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Foto: Penzkofer Bau GmbH<br />

Die Multifunktionsrohre werden samt Mediumrohr und Schutzschlauch in der Erde verlegt.<br />

Eines der größten Wohnungsbauprojekte, das<br />

aktuell in der 14.500 Einwohner zählenden,<br />

niederbayerischen Kleinstadt Landau an der<br />

Isar verwirklicht wird, ist der Neubau in der<br />

Platanenstraße. Hier entstehen 34 Eigentumswohnungen<br />

mit zwei und drei Zimmern, verteilt<br />

auf vier Mehrfamilienhäuser. Diese werden<br />

durch begrünte Gärten und Innenhöfe miteinander<br />

verbunden sein. Im November 2023<br />

starteten die Bauarbeiten, Ende 2025 sollen<br />

die ersten Eigentümer und Mieter einziehen<br />

können. Es soll hier aber nicht nur dringend<br />

benötigter Wohnraum im Grünen geschaffen<br />

werden – mit kurzen Wegen für Pendler zur<br />

Autobahn und zur B20 als Hauptverkehrsanbindungen<br />

in die Ballungsräume: Es soll gezeigt<br />

werden, dass auch bezahlbare Wohnungen<br />

besonders nachhaltig sein können.<br />

Die Rebl & Penzkofer Immobilien GmbH<br />

aus Landau an der Isar ist der Bauträger<br />

der Wohnanlage. Die Penzkofer Bau GmbH<br />

aus Regenhat als Generalunternehmer den<br />

schlüsselfertigen Bau übernommen.<br />

Nachhaltige Hausund<br />

Gebäudetechnik<br />

Die Haus- und Gebäudetechnik bildet einen<br />

Schwerpunkt beim Thema „Nachhaltigkeit“:<br />

Bei der Nahwärmeversorgung des Neubauprojekts<br />

werden Rohre mit einem Cradle to<br />

Cradle-Zertifikat verwendet. Sie wurden von<br />

der Thermaflex Isolierprodukte GmbH entwickelt<br />

und werden in einem weltweit einzigartigen<br />

Verfahren gefertigt. Für die Herstellung<br />

werden auch die Abfallstoffe und Reststücke<br />

von Rohren geschreddert und wieder für die<br />

Produktion genutzt. Nachhaltigkeit auf dem<br />

Bau fängt nicht erst auf der Baustelle an, sondern<br />

schon bei der Fertigung der Baustoffe.<br />

Die Multifunktionsrohre, die samt Mediumrohr<br />

und Schutzschlauch in der Erde verlegt<br />

werden, werden in der Produktion vorisoliert<br />

und homogen elektroverschweißt.<br />

Das sorgt später für nachhaltiges Heizen<br />

in den Wohnungen, eine lange Lebensdauer<br />

der Rohre ohne Korrosion und für zuverlässige<br />

Leistungsnetze. Außerdem wird das<br />

Verlegen erleichtert, gerade bei begrenztem<br />

Platz oder engen Terminplänen. Kurze In -<br />

s tallationszeiten, hohe Flexibilität, besondere<br />

Nachhaltigkeit und Vorteile wie Schlagfestigkeit,<br />

Druck-, Feuchtigkeits- und Temperaturbeständigkeit<br />

werden so miteinander verbunden.<br />

Klimafreundlicher Neubau<br />

im QNG-Standard<br />

Auch viele andere Details tragen zur Nachhaltigkeit<br />

des Neubauprojekts bei: Gebaut<br />

wird in Ziegelmassivbauweise, klimafreundlich<br />

im KFN-QNG-Standard. Die Ziegel entstehen<br />

in der Region, aus nachhaltig verfügbaren<br />

Rohstoffen. Sie sorgen unter anderem<br />

für hohen Wärme- und Schallschutz, werden<br />

energieeffizient und klimaschonend produziert<br />

und sind mit Umweltsiegeln zertifiziert.<br />

Photovoltaikanlagen liefern den Strom<br />

für die Wohnungen. Durch den Anschluss an<br />

die Nahwärmeversorgung gibt es eine zentrale<br />

Wärmequelle für alle 34 Wohnungen.<br />

Drei Luftwärmepumpen mit natürlichem<br />

Kältemittel sorgen für warme Räume. Auch<br />

eine dezentrale Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung<br />

für den natürlichen Luftaustausch<br />

und Details wie extra-wassersparende<br />

Duscharmaturen, Waschbeckenarmaturen<br />

und Toilettenspülungen oder stufenlose,<br />

barrierefreie Zugänge gehören zum umfangreichen<br />

Nachhaltigkeitskonzept. <br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 57


Technische Trends und Normung<br />

Standardisierte oder<br />

spezialisierte Befestigungslösungen?<br />

Welche Optionen kann ein Hersteller bieten?<br />

Häufig ist ausführenden Firmen die Vielzahl an Unterstützungsmöglichkeiten durch Befestigungshersteller<br />

nicht bekannt. Dabei können dadurch sehr wohl positive Effekte für die Sicherheit der<br />

Anwendung und zur Steigerung von Effizienz erreicht werden. Im Folgenden soll dargestellt<br />

werden, welche Optionen ein Hersteller für standardisierte Befestigungslösungen bieten kann.<br />

Alle Abbildungen: Hilti<br />

Wolfgang Schwugier,<br />

Software & Service<br />

Manager Fastening<br />

and Protection,<br />

Hilti Deutschland AG,<br />

Kaufering<br />

Abbildung 1: Klassischer Versand von ungeschnittenen Montageschienen<br />

Auf modernen Baustellen sieht der zugrundeliegende<br />

Arbeitsablauf seit Jahrzehnten<br />

relativ gleich aus: angefangen von einer<br />

groben Materialkalkulation über die Auslieferung<br />

von bekannten Standardmaterialien<br />

(Abbildung 1) in den vom Lieferanten<br />

zur Verfügung gestellten Längen bis hin<br />

zu individueller, exakter Konstruktionsplanung,<br />

Ausführung vor Ort und schließlich<br />

Nachlieferung. Eine genaue Betrachtung<br />

der statischen Tragfähigkeit bleibt oft<br />

genug außen vor. Auch wird die Dokumentation<br />

oft nur mit griffbereiten Unterlagen<br />

geführt – hin und wieder lückenhaft. Nachträgliche<br />

Anforderungen können nur sehr<br />

mühsam beantwortet werden, beispielsweise<br />

Nachbelegungen oder Fragen zur<br />

Nachhaltigkeit.<br />

Vor allem bei schweren Anwendungen<br />

birgt die Auswahl von Standardbefestigungsmitteln<br />

die Gefahr, dass eine statische Unterdimensionierung<br />

stattfindet. Das fällt<br />

meist erst durch übermäßiges Durchbiegen<br />

auf, wenn die Anlage in den Betriebszustand<br />

übergeht. Nachträgliches Instandsetzen bzw.<br />

Nachrüsten treibt die Kosten in die Höhe und<br />

verzögert den Bauablauf.<br />

Bei der Sanierung von Altbauten mag diese<br />

Vorgehensweise noch legitim sein, spätestens<br />

bei Neubauten stellt sich allerdings<br />

die Frage, wie der Arbeitsablauf produktiver<br />

und somit schneller gestaltet werden kann.<br />

Davon können auch Sanierungsmaßnahmen<br />

in Bestandsbauten profitieren.<br />

Hersteller von Befestigungstechnik können<br />

verschiedene Optionen anbieten, um die<br />

Produktivität beim Finden von Lösungen zu<br />

steigern. Nähere Betrachtung verdienen:<br />

• Beratung und Unterstützung,<br />

• vorgefertigte Befestigungssysteme,<br />

• Speziallösungen und<br />

• Qualitäts­ und Sicherheitsstandards.<br />

Idealerweise werden diese Optionen kombiniert<br />

eingesetzt, um effizientere Lösungen<br />

zu finden.<br />

I. Beratung und Unterstützung<br />

Hersteller von flexiblen Schienensystemen<br />

können ihren Auftraggebern neben dem<br />

klassischen Produktwissen und der Unterstützung<br />

zur Auswahl der richtigen Produkte<br />

auch technische Dienstleistungen anbieten,<br />

um anwendungsspezifische Lösungen zu finden.<br />

Dabei wird meist auf die herstellerspezifische<br />

Software zurückgegriffen.<br />

Mit dem Bereitstellen der herstellerspezifischen<br />

Software wird der Errichter befähigt,<br />

seine Planung selbst voranzutreiben – ein so<br />

genanntes Customer Enablement findet statt.<br />

Der Fokus des Herstellers verlagert sich von<br />

der Hardware­ zur Softwareberatung. Damit<br />

verbunden sind auch Schulungen zum<br />

Umgang mit dem Programm und Hilfestellungen,<br />

um eigene Lösungen zu finden.<br />

Statt beispielsweise in zeitintensive Diskussionen<br />

mit internen oder externen Statikern<br />

zu gehen, wird beim Bereitstellen von<br />

Statik­Software der Konstrukteur der ausführenden<br />

Firma befähigt, Konstruktionen<br />

bis zu einem gewissen Komplexitätsgrad eigenständig,<br />

statisch bemessen zu können.<br />

Durch automatisierte Produktvorschläge der<br />

Software werden die Kombinationsmöglichkeiten<br />

vorgegeben, die in der Realität umsetzbar<br />

sind. Dadurch wird sozusagen auto­<br />

58 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Abbildung 2: Vorgefertigte Befestigungskonstruktionen<br />

matisiert Sicherheit in der Anwendung geschaffen.<br />

Außerdem sind beispielsweise Widerstandswerte<br />

für die einzelnen Montageelemente<br />

hinterlegt, sodass ein manueller<br />

Vergleich mit softwarefremden Tabellen entfällt.<br />

Zusätzlich wird die Darstellung zur<br />

richtigen Montage angegeben.<br />

Ähnlich verhält es sich beim Einsatz von<br />

CAD­Plug­Ins. Dabei werden Online­ oder<br />

Offline­Bibliotheken zur Verfügung gestellt.<br />

Im Idealfall wird mittels Schnittstelle in der<br />

CAD­Software die Bibliothek angesteuert. Im<br />

Plug­In können die Maße und Komponenten<br />

der benötigten Konstruktion bestimmt werden.<br />

Meist ist in der Statik­Software bereits<br />

eine Funktion zum Export in ein CAD­Modell<br />

inkludiert, sodass kein doppeltes Design der<br />

Konstruktion notwendig ist.<br />

Auch können Hersteller durch zielgerichtete<br />

theoretische Überlegungen und darauf<br />

ausgelegte praktische Versuche und resultierende<br />

Freigaben Komponenten aus ihrem<br />

Portfolio zusammenfügen, die in der Standard­Produktanwendung<br />

nicht kombinierbar<br />

sind. Zusätzlich lassen sich einzelne Teile,<br />

so genannte Specials, vollständig auf die Anwendung<br />

hin entwickeln, in Kleinserie produzieren<br />

und einsetzen. Diese Vorgehensweise<br />

betrifft vor allem Lösungen rund um<br />

den Brandschutz, wobei sie auch bei Produkten<br />

der Befestigungstechnik immer weitere<br />

Anwendung findet. Über Dokumentations­Software<br />

können diese Abweichungen<br />

zum einen für die Zukunft akkurat dokumentiert<br />

werden und zum anderen an den<br />

Positionen markiert werden, an denen sie<br />

zum Einsatz kommen.<br />

Idealerweise wird hier mit einer Software<br />

für das Baustellenmanagement zusammengearbeitet,<br />

sodass die Dokumentation direkt<br />

nach dem Errichten erfolgt.<br />

II. Vorgefertigte Befestigungssysteme<br />

Existiert eine fundierte Vorplanung der<br />

Trassenführung, bei der sich auch Gedanken<br />

zur Halterung der Medien gemacht<br />

wurden, stellt sich die folgende Frage: Warum<br />

sollen die einzelnen Befestigungslösungen<br />

auf der Baustelle zusammengefügt<br />

werden? Der Hersteller von Befestigungssystemen<br />

kann anbieten, eine Vormontage<br />

der einzelnen Konstruktionen zu übernehmen<br />

und bereits fertig aufgebaute Halterungen<br />

auf die Baustelle zu liefern (Abbildung<br />

2). Das bauseitige Montagepersonal<br />

stellt nur noch die Verankerungspunkte im<br />

tragenden Bauwerk her und montiert die<br />

fertigen Konstruktionen an der richtigen<br />

Position.<br />

Bereits vormontiere Konstruktionen beschleunigen<br />

nicht nur den Bauablauf, sie<br />

steigern auch die Qualität beim Zusammenfügen<br />

der Bauteile: Der Befestigungshersteller<br />

verbaut seine Bauteile selbst und beherrscht<br />

alle dazu nötigen Details.<br />

Diese Option kann vor allem bei Einsatz<br />

von niedrig qualifiziertem Personal oder bei<br />

hohem Zeitdruck entscheidende Vorteile<br />

bringen. Wird bei der Auswahl der Verankerungsmittel<br />

noch zusätzlich Wert auf möglichst<br />

einfache Produkte gelegt, die ein nur<br />

geringes Potenzial für Fehlmontage haben,<br />

können weitere Beschleunigung und Qualitätssteigerung<br />

erzielen werden. Ein solches<br />

Verankerungsmittel können beispielsweise<br />

Betonschrauben sein.<br />

Halterungs­Konstruktionen können auch<br />

nur teilmontiert auf die Baustelle geliefert<br />

werden. Das ist vor allem dann interessant,<br />

wenn sich die Dimensionen der Medien<br />

über die Baulänge verändern, beispielsweise<br />

Rohrdurchmesser verjüngen sich oder<br />

das Rohr benötigt ein Gefälle. In solchen Fällen<br />

sollte die Feinjustierung auf der Baustelle<br />

verbleiben.<br />

Einen positiven Beitrag zur Nachhaltigkeit<br />

liefert die Vorfertigung ebenfalls: Über<br />

Vorfertigungsansätze können Hersteller den<br />

Verschnitt von Montageschienen reduzieren<br />

und den realen Materialbedarf optimal bestimmen,<br />

unabhängig von Verpackungseinheiten.<br />

Leichtere Anwendungen senken auch<br />

den CO 2 ­Fußabdruck beim Ressourceneinsatz<br />

sowie beim Transport und tragen zum<br />

nachhaltigen Bauen bei.<br />

III. Speziallösungen<br />

Was sind klassische Speziallösungen? Es<br />

handelt sich dabei meist um Produkte und<br />

Konstruk tionen, die nicht im Standardportfolio<br />

eines Herstellers enthalten sind. Sie<br />

entstehen mit ingenieurtechnischer Herangehensweise.<br />

Diese Speziallösungen sind<br />

oft auf nur ein Bauvorhaben beschränkt und<br />

werden eher selten in Standardprodukte<br />

überführt.<br />

Daneben gibt es Speziallösungen, die entweder<br />

eine hohe Komplexität besitzen, in<br />

Bezug auf kritische Einwirkungen Leib und<br />

Leben in Gefahr bringen können oder sehr<br />

kosten intensiv sind.<br />

Bei dynamischen Lasten oder häufigen<br />

Lastwechseln, wie sie beispielsweise bei Befestigungen<br />

von Robotern oder Erdbeben<br />

auftreten, sind die Anforderungen oft an die<br />

gesamte Befestigung deutlich höher. Auch<br />

für solche Spezialfälle können Befestigungshersteller<br />

geprüfte oder eigens erschaffene<br />

Lösungen anbieten. Für die Bemessung gibt<br />

es Normen. Eine herstellerseitige Bemessungssoftware<br />

kann helfen, wenn sie ein<br />

Modul für freie Konstruktionen und Werte<br />

in der Datenbank enthält, die angelehnt an<br />

gültige Normen und eigene Versuche sind.<br />

Durch die Menüführung gibt der Benutzer<br />

die Randparameter ein und die Software berücksichtigt<br />

die entsprechenden Passagen<br />

der Norm.<br />

Treten neue gesetzliche Anforderungen in<br />

Kraft, mangelt es meist noch an Normen oder<br />

anderen technischen Regelwerken, um diese<br />

zu erfüllen. Als Beispiel sollen hier die erhöhten<br />

Anforderungen an den Trinkwasserschutz<br />

von Anlagen dienen, die Trinkwasser<br />

gefährdende Stoffe lagern, verarbeiten oder<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 59


Technische Trends und Normung<br />

umschlagen, zum Beispiel in der chemischen<br />

Industrie (Wasserhaushaltsgesetz, Einzelgebinde<br />

> 200l). Der Eintritt dieser Stoffe ins<br />

Grundwasser muss verhindert werden. Dübel,<br />

die zur Befestigung der Anlage im Boden<br />

nötig sind, zerstören die schützende Bodenbeschichtung<br />

punktuell. Um diese Gefahrstellen<br />

nachträglich sicher zu verschließen,<br />

testen Hersteller bereits vor dem Inkrafttreten<br />

des Wasserhaushaltsgesetzes das Widerstandsverhalten<br />

der eigenen Produkte gegenüber<br />

unterschiedlichen Flüssigkeiten.<br />

Durch anerkannte Prüfinstitute und sich daraus<br />

entwickelnde Verfahren helfen Hersteller<br />

gegenüber Bauherren und Behörden mit,<br />

eine sichere Lösung zu finden (Abbildung 3).<br />

Abbildung 4: Nutzung von Baustellenmanagement-Software<br />

IV. Mitwirkung an Qualitätsund<br />

Sicherheitsstandards<br />

Hersteller überprüfen ihre Produkte regelmäßig<br />

auf Qualität und Sicherheit und stellen<br />

sicher, dass sie den geltenden Normen und<br />

Vorschriften entsprechen. Das kann durch interne<br />

Qualitätskontrollen und/oder externe<br />

Zertifizierungen erreicht werden.<br />

Außerdem sollten Hersteller eng mit Kunden<br />

und anderen Interessengruppen zusammenarbeiten,<br />

um deren Anforderungen<br />

und Bedenken zu verstehen. Durch den Austausch<br />

von Informationen und Feedback können<br />

Hersteller ihre Produkte kontinuierlich<br />

verbessern und den Marktanforderungen gerecht<br />

werden.<br />

Darüber hinaus können Hersteller von<br />

standardisierten Befestigungslösungen auch<br />

an der Entwicklung und Aktualisierung von<br />

branchenspezifischen Normen und Standards<br />

mitwirken. Indem sie ihr Fachwissen<br />

und ihre Erfahrungen einbringen, können<br />

sie dazu beitragen, dass die Standards<br />

den aktuellen Anforderungen gerecht werden<br />

und die Sicherheit der Produkte gewährleistet<br />

ist.<br />

Um entsprechende Zertifikate, Tests und<br />

andere Unterlagen mit einem spezifischen<br />

Bauvorhaben zu verknüpfen, kann über eine<br />

Baustellenmanagement­Software die Brücke<br />

zur Dokumentation geschlagen werden (Abbildung<br />

4). Benötigte Dokumente können so<br />

für das ganze Projekt eingebracht werden<br />

oder einzelne Sonderlösungen werden digital<br />

am Ort des Einbaus dargestellt.<br />

V. Fazit<br />

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, das Finden<br />

von Lösungen für Befestigungen zu unterstützen.<br />

In der Praxis ist ausführenden Firmen<br />

oft nicht bewusst, welche Möglichkeiten<br />

durch die Hersteller von Befestigungen angeboten<br />

werden, um den Ablauf sicherer und<br />

effizienter zu gestalten. Je nach Art der gewählten<br />

Option kann von der Vorplanung<br />

über die Herstellung von Konstruktionen bis<br />

hin zur Dokumentation eine breite Unterstützung<br />

durch den Hersteller erfolgen.<br />

Es zeigt sich, dass das frühe Einbinden<br />

der Hersteller in die Planung des Bauvorhabens<br />

und in die Prozesse der ausführenden<br />

Firmen eindeutig mit gesteigerter Effizienz<br />

und Qualität belohnt wird. Der Einsatz<br />

von Softwareangeboten des Herstellers garantiert<br />

Vernetzung und maximale Ausnutzung<br />

der Produktgrenzen, wie sie vom Hersteller<br />

gedacht wurden. Kurz zusammengefasst:<br />

Arbeiten die Spezialisten des Herstellers<br />

zusammen mit Planern und Vertretern<br />

der ausführenden Firmen rechtzeitig an<br />

ganzheitlichen Lösungen, dann zeigen sich<br />

stets die größten Effizienzgewinne für alle<br />

Projekt beteiligten.<br />

<br />

Abbildung 3: Verankerungen in WHG-Dichtfläche als Speziallösung<br />

60 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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Technische Trends und Normung<br />

Wirtschaftliche und umweltfreundliche<br />

Sicherheitsstromversorgung<br />

Lösungsansatz „Sichere Energieversorgung kritischer Infrastrukturen“<br />

für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen<br />

Viele bestehende Energiekonzepte müssen neu gedacht werden, wenn wir bis 2045 Klimaneutralität<br />

erreichen wollen. Nicht zuletzt gehört dazu die Sicherheitsstromversorgung von Krankenhäusern<br />

und Pflegeeinrichtungen. Bisher eingesetzte Lösungen mit Dieselaggregaten tragen nicht<br />

dazu bei, die gesetzten Klimaziele zu erreichen. Außerdem stellen sie gebundenes Kapital dar. Ein<br />

möglicher Lösungsansatz kann das innovative Konzept „Sichere Energieversorgung kritischer Infrastrukturen“<br />

(SEKI) sein.<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Stephan Kleiner,<br />

Key Account<br />

Manager für das<br />

Gesundheitswesen<br />

bei Bosch Thermotechnik<br />

GmbH,<br />

Buderus<br />

Deutschland,<br />

Wetzlar<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Vitalij Klassen,<br />

Produktmanager für<br />

KWK-Systeme und<br />

Stromspeicher bei<br />

Bosch Thermo -<br />

technik GmbH,<br />

Buderus<br />

Deutschland,<br />

Wetzlar<br />

Das Konzept „Sichere Energieversorgung<br />

kritischer Infrastrukturen“ (SEKI) bündelt<br />

verschiedene Vorteile: Beispielsweise kann<br />

es dank der hohen Effizienz der zum Einsatz<br />

kommenden Systemkomponenten den<br />

Primärenergiebedarf senken und laufende<br />

Kosten für die Energiebeschaffung optimieren.<br />

Gleichzeitig sind die Elemente der Sicherheitsstromversorgung<br />

bereits mit Installation<br />

der Anlage vorhanden. Darüber hinaus<br />

können mit dem System der CO 2 -Ausstoß re-<br />

Foto: Buderus<br />

Abbildung 1: Für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen ist die Sicherheitsstromversorgung von höchster Bedeutung.<br />

62 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

duziert und zukunftsweisend CO 2 -Neutralität<br />

erreicht werden.<br />

Was passiert bei einem Blackout?<br />

Was passiert im Falle eines Blackouts bei<br />

bisher eingesetzten Systemen? Vordefinierte<br />

Verbraucher werden für mindestens 24 Stunden<br />

mit Strom versorgt. Nach bisherigem<br />

Stand der Technik erfolgt das meist mit Diesel-<br />

oder Heizölaggregaten. Diese sind weniger<br />

effizient und tragen auch nicht zur allgemeinen<br />

Energieversorgung bei. Ferner besteht<br />

das Risiko eines Ausfalls aufgrund länger<br />

gelagerten Brennstoffs.<br />

Diese Nachteile hat das Konzept SEKI<br />

nicht. Zur sicheren Überbrückung bei einem<br />

Stromausfall werden in den ersten Minuten<br />

vorrangig Stromspeicher verwendet.<br />

Dank dieser Speicher ist das System in der<br />

Lage, Verbraucher unterbrechungsfrei mit<br />

Strom zu beliefern. Die Speicher übernehmen<br />

die Versorgung, bis die geforderte Leistung<br />

durch hocheffiziente Blockheizkraftwerke<br />

(BHKW) sichergestellt ist. Auf diese<br />

Weise kann das System sicherheitsrelevante<br />

Bereiche über 72 Stunden hinaus autark mit<br />

Strom versorgen. Zusätzlich wird die Grundversorgung<br />

mit Wärme übernommen. Die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass sowohl das öffentliche<br />

Strom- als auch das Gasnetz zur gleichen<br />

Zeit ausfallen, ist äußerst gering.<br />

Was passiert im Normalbetrieb?<br />

Im Normalbetrieb sorgt der Stromspeicher<br />

durch Eigenverbrauchsoptimierung und Lastspitzenkappung<br />

für wirtschaftliche Vorteile.<br />

Bei der Eigenverbrauchsoptimierung geht es<br />

darum, den tagsüber erzeugten und nicht direkt<br />

verbrauchten Strom aus Photovoltaikanlagen<br />

(PV) für die Abend- und Nachtstunden<br />

zu speichern. Der Strom aus der Kraft-Wärme-Kopplung<br />

(KWK) lässt sich für die Zeiten<br />

erhöhten Bedarfs ebenfalls speichern. Entstehende<br />

Lastspitzen können dank des Speichers<br />

gekappt werden. Das macht sich durch<br />

geringere Ausgaben beim Netznutzungsentgelt<br />

positiv bemerkbar.<br />

Abbildung 2: Ein Blockheizkraftwerk ist zentraler Bestandteil des Konzepts<br />

„Sichere Energieversorgung kritischer Infrastrukturen“ (SEKI).<br />

Fazit<br />

Im Vergleich zu bisherigen Systemen der<br />

Sicherheitsstromversorgung sind die wirtschaftlichen<br />

Vorteile der BHKW mit den<br />

Stromspeichern auf Anhieb erkennbar: Ein<br />

herkömmliches Notstromaggregat kommt<br />

nach seiner Inbetriebnahme nur bei monatlichen<br />

Testläufen (eine Stunde pro Monat) und<br />

bei einem Stromausfall zum Einsatz. Amortisation<br />

und Cashflow sind daher hier Fremdwörter.<br />

Das Konzept SEKI sorgt hingegen<br />

dank des laufenden Betriebs dauerhaft für<br />

die Senkung der Energiekosten und amortisiert<br />

auf diese Weise eingesetztes Kapital.<br />

Tritt darüber hinaus eine Unregelmäßigkeit<br />

auf, wird diese umgehend durch die laufende<br />

Überwachung der Anlage im Normalbetrieb<br />

erkannt und zeitnah beseitigt. Bei der Brennstoffversorgung<br />

ist das Konzept durch die<br />

kontinuierliche Gasbereitstellung im Vorteil.<br />

Mittelfristig ist abzusehen, dass CO 2 -neutrale<br />

Energiesysteme immer mehr in den<br />

Fokus rücken. Die KWK-Technik ist bereits<br />

heute für die Verwendung von grünem Erdgas<br />

geeignet. Dafür benötigter „Grüner Wasserstoff“<br />

kann aus überschüssigem regenerativem<br />

Strom dezentral aus PV und/oder<br />

Windkraft in Verbindung mit aufbereitetem<br />

Wasser erzeugt werden. Im nächsten Schritt<br />

wird der Wasserstoff karbonisiert und auf<br />

diese Weise veredelt. Das Ergebnis ist CO 2 -<br />

neutrales, umweltfreundliches grünes Erdgas.<br />

Es ist weniger flüchtig, hat eine höhere<br />

Energiedichte als Wasserstoff und lässt sich<br />

in die vorhandene Erdgas-Infrastruktur einspeisen.<br />

Das Konzept SEKI bietet die Möglichkeit,<br />

benötigte Energie für kritische Infrastruktureinrichtungen<br />

effizient und kostenoptimiert<br />

bereitzustellen und dabei dennoch sicher zu<br />

sein.<br />

<br />

Foto: Buderus<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 63


Technische Trends und Normung<br />

Innovatives Ermitteln der Innenraumqualität<br />

mittels Simulationsmethoden<br />

und Virtual Reality<br />

Bewertung der Gebäude-Energie-Effizienz im IEQ Lab<br />

34 Prozent der jährlich verbrauchten Gesamtendenergiemenge wurden in Deutschland im Jahr<br />

2019 zum Betreiben von Gebäuden benötigt [1]. Das Gelingen der Energiewende erzeugt somit<br />

weiterhin Handlungsdruck im Gebäudesektor. Neue Regularien im Bauwesen führen bereits zu<br />

Energieeinsparlösungen – bei der Bewertung der Energieeffizienz wird jedoch immer noch regelmäßig<br />

der ursprüngliche Sinn eines Gebäudes vernachlässigt: Gebäude sollen die Nutzenden<br />

vor unbehaglichen Außenbedingungen schützen und ihnen ein angenehmes und gesundes Umfeld<br />

bieten. Eine sinnvolle Klassifikation von Energiesparlösungen muss deshalb auf Basis eines<br />

Nutzen-Aufwand-Verhältnisses stattfinden. Der Nutzen eines Gebäudes ist dabei unwiderruflich<br />

die Innenraumqualität (IEQ – Indoor Environmental Quality) und der Aufwand ist die vom Gebäude<br />

benötigte Energie zum Realisieren der IEQ. Aufgrund eines fehlenden Bewertungsmaßstabs<br />

für die IEQ existiert immer noch keine Bewertungsgröße, die die tatsächliche Energieeffizienz von<br />

Gebäuden wiedergibt. Eine solche, vollumfängliche IEQ-Bewertungskennzahl wird aktuell im Forschungsprojekt<br />

„EnOB: GEnEff – Neuartige Bewertung der Gebäude-Energie-Effizienz und innovative<br />

Demonstration mittels Simulationsmethoden und Virtual Reality“ (BMWK-Förderkennzeichen:<br />

03EN1017A) entwickelt.<br />

Lukas Schmitt M.Sc.,<br />

Wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter,<br />

Hermann-<br />

Rietschel-Institut,<br />

Technische<br />

Universität Berlin<br />

In industrialisierten Ländern hält sich der<br />

Mensch etwa 90 Prozent seiner Lebenszeit<br />

in Innenräumen auf [2]. Die Indoor Environmental<br />

Quality (IEQ) beschreibt die Qualität<br />

dieser Räume hinsichtlich des empfundenen<br />

Komforts und der gesundheitlichen Auswirkungen.<br />

Dabei wird die IEQ durch akustische,<br />

visuelle, thermodynamische, olfaktorische,<br />

hygienische und psychologische Faktoren<br />

beeinflusst. Es existieren bereits individuelle<br />

Bewertungsgrößen, mit denen das<br />

Empfinden der jeweiligen Sinnesanregungen<br />

isoliert bewertet werden kann. Jedoch liegt<br />

noch kein einheitlicher Maßstab vor, um<br />

die IEQ unter Berücksichtigung aller Interdependenzen<br />

zu bestimmen. Deshalb ist es<br />

derzeit unmöglich, vorauszusagen, ob sich<br />

der Raumnutzende in einem angenehmen<br />

und gesunden Umfeld aufhält oder aufhalten<br />

wird. Gleichzeitig wird die Energieeffizienz<br />

von Gebäuden häufig ausschließlich an<br />

den Energiebedarf bzw. ­verbrauch von Heizung,<br />

Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser<br />

und Beleuchtung in Gebäuden gekoppelt. Dabei<br />

wird der Bedarf angesetzt, der ganzjährig<br />

zur Aufrechterhaltung definierter Solltemperaturen,<br />

der Beleuchtungsstärke und<br />

der Luft hygiene notwendig ist.<br />

Es existieren bereits diverse Zertifizierungssysteme<br />

zur Auszeichnung nachhaltiger<br />

Gebäude, die ebenfalls weitreichende<br />

Aspekte der IEQ und des Energiebedarfs inkludieren.<br />

Die in Deutschland bekannten<br />

Zertifizierungen des Bewertungssystems<br />

„Nachhaltiges Bauen“ (BNB) und der Deutschen<br />

Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen<br />

(DGNB) berücksichtigen diverse Parameter<br />

des thermischen, visuellen und akustischen<br />

Komforts sowie die Innenraumlufthygiene,<br />

um die soziokulturelle und funktionale<br />

Qualität von Gebäuden zu bewerten<br />

[3, 4]. Eine Bewertung der IEQ erfolgt dabei<br />

jedoch ohne Berücksichtigung von Interdependenz­Effekten<br />

und ohne wissenschaftliche<br />

Grundlage zur Gewichtung der einzelnen<br />

Parameter.<br />

Ganzheitliche Bewertung der IEQ<br />

und der Gebäudeenergieeffizienz<br />

Der Begriff „Effizienz“ definiert das Verhältnis<br />

von Nutzen zu Aufwand. Im Kontext<br />

von Gebäuden werden Nutzen und Aufwand<br />

durch die IEQ und den Energiebedarf bemessen.<br />

Die Gebäudeenergieeffizienz wird durch<br />

folgende Kennzahl definiert.<br />

Gebäudeenergieeffizienz (GEnEff) =<br />

Nutzen =<br />

IEQ<br />

Aufwand Energiebedarf<br />

Während geeignete, normierte Verfahren<br />

zur einheitlichen Berechnung des Endenergiebedarfs<br />

vorliegen, beispielsweise DIN V<br />

18599 [5], fehlt ein vergleichbarer Ansatz,<br />

um die IEQ zu bestimmen. Eine Grundlage<br />

zur Bewertung des Raumklimas bietet bereits<br />

die DIN EN 15251 [6]. Darin werden Gebäude<br />

jedoch lediglich nach Einhaltung vorgegebener<br />

Anforderungsniveaus verschiedenen<br />

Behaglichkeitskategorien zugeordnet.<br />

Interdependenzen und die Substituierbarkeit<br />

64 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

Alle Abbildungen: Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin<br />

Abbildung 1: Akzeptanz des Raumklimas θ in Abhängigkeit der operativen Temperatur ζ 1 , der CO 2 -Konzentration ζ 2 , des Schalldruckpegels ζ 3 und der Beleuchtungsstärke<br />

ζ 4 aus Wong et al. [8]<br />

einzelner Aspekte zum Erreichen der gleichen<br />

Zufriedenheit mit der IEQ wurden noch<br />

nicht vollumfänglich mittels wissenschaftlicher<br />

Methoden ermittelt.<br />

Die IEQ kann als funktionaler Zusammenhang<br />

der Zufriedenheit (PS – Percentage<br />

Satisfied) mit der Innenraumqualität<br />

PS IEQ ∈[0,…,1] definiert werden – vergleichbar<br />

zum PPD (Predicted Percentage Dissatisfied,<br />

DIN EN 7730 [7]).<br />

PS IEQ =f(ζ 1 , ζ 2 ,…,ζ n )<br />

Ein theoretischer Wert 1 bedeutet: Alle<br />

Raumnutzenden sind mit der vorliegenden<br />

IEQ zufrieden. Im Umkehrschluss signalisiert<br />

der Wert 0 vollständige Unzufriedenheit.<br />

Die Parameter ζ i beschreiben dabei<br />

• thermische (z. B. Operative Temperatur,<br />

Luftfeuchte…),<br />

• visuelle (z. B. Beleuchtungsstärke, Kunstlichtanteil…),<br />

• akustische (z. B. Schalldruckpegel, Nachhallzeit…)<br />

und<br />

• lufthygienische (z. B. CO 2 ­Konzentration,<br />

Konzentration bestimmter VOC…) Einflussgrößen<br />

der IEQ.<br />

In der Wissenschaft existieren bereits Ansätze<br />

für eine solche IEQ­Bewertungsfunktion,<br />

die ebenfalls Interdependenz­Effekte berücksichtigen.<br />

Einen funktionalen Zusammenhang<br />

zur Akzeptanz der Innenraumqualität<br />

in Abhängigkeit der operativen Temperatur,<br />

der CO 2 ­Konzentration, des Schalldruckpegels<br />

und der Beleuchtungsstärke zeigen<br />

beispielsweise Wong et al. [8]. Grundlage<br />

der IEQ­Bewertungsfunktion (Logistische Regressionsfunktion)<br />

ist hier ein Feldtest, bei<br />

dem 293 Studienteilnehmende in mehreren<br />

Bürogebäuden in Hongkong zur Akzeptanz<br />

des Raumklimas befragt wurden. Zugleich<br />

wurden die operative Temperatur, der Schalldruckpegel,<br />

die Beleuchtungsstärke und die<br />

CO 2 ­Konzentration als erklärende Variablen<br />

messtechnisch erfasst. Bewertungen zur Akzeptanz<br />

erfolgten in Büros mit unterschiedlicher<br />

Größe und Ausstattung.<br />

Abbildung 1 zeigt die ermittelte Akzeptanzfunktion<br />

für unterschiedliche Zusammensetzungen<br />

der Parameter. Dabei wird<br />

deutlich, dass einzelne Akzeptanzniveaus<br />

durch mehrere Kombinationen der einzelnen<br />

Parameter ermöglicht werden können.<br />

Bei einem Schalldruckpegel von 57,5 dBA<br />

und einer Beleuchtungsstärke von 500 lx<br />

kann eine Akzeptanz der Innenraumqualität<br />

von 60 Prozent durch eine operative Temperatur<br />

von 21 °C und eine CO 2 ­Konzenration<br />

von 500 ppm realisiert werden. Das gleiche<br />

Abbildung 2: Konzept zur simultanen Darstellung visueller und thermischer Aspekte der IEQ durch das Koppeln einer Virtual-Reality-Umgebung (Unity)<br />

und eines Klimaraums durch ein Modelica-Simulationsmodell und Bestimmung der Gebäudeenergieeffizienz-Kennzahl (GEnEff-Kennzahl)<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 65


Technische Trends und Normung<br />

Akzeptanzniveau wird auch bei einer operativen<br />

Temperatur von 24 °C einer Beleuchtungsstärke<br />

von 200 lx, einer CO 2 ­Konzenration<br />

von 1.000 ppm und einem Schalldruckpegel<br />

von 57,5 dBA erreicht. Ein Erhöhen der<br />

CO 2 ­Konzentration mit gleichzeitiger Reduktion<br />

der Beleuchtungsstärke kann also durch<br />

ein Erhöhen der operativen Temperatur um<br />

3 K kompensiert werden.<br />

Während die Studie als Beleg für vorherrschende<br />

Interdependenzeffekte und die<br />

Substituierbarkeit der erklärenden Parameter<br />

angeführt werden kann, ist aufgrund der<br />

geringen Auswahl von nur vier erklärenden<br />

Parametern noch kein wissenschaftlich haltbarer<br />

Rückschluss auf die gesamte IEQ möglich.<br />

In der Bestimmung des thermischen<br />

Komforts wurden beispielsweise weder die<br />

relative Luftfeuchte noch lokale Behaglichkeitsaspekte<br />

(z. B. Zuglufterscheinungen)<br />

betrachtet und somit gegenüber den berücksichtigten<br />

Parametern als minder erklärend<br />

für die IEQ eingestuft. Die Bewertung der<br />

Luftqualität geschieht ausschließlich auf Basis<br />

der CO 2 ­Konzentration und berücksichtigt<br />

keine nicht­anthropogenen Schadstoffe.<br />

Dabei ist es notwendig, alle bereits wissenschaftlich<br />

belegten Einflussgrößen auf die<br />

IEQ zu erfassen, um die gesamte Bandbreite<br />

an typischen Raumklimazuständen sinnvoll<br />

bewerten zu können.<br />

Eine vollumfängliche Untersuchung aller<br />

die IEQ beeinflussenden Parameter gestaltet<br />

sich im Feldtest aufwendig und kostspielig,<br />

da umfangreiche Messtechnik an jeder<br />

zu bewertenden Position in jedem Raum<br />

installiert werden muss. Eine sinnvollere Alternative<br />

stellt ein Versuchslabor dar, in dem<br />

Probanden die visuelle und thermische Behaglichkeit<br />

sowie die Luftqualität für beliebige<br />

Räume mit beliebigen Geometrien bewerten<br />

können.<br />

Das IEQ Lab<br />

Ein derartiges Versuchslabor wird zurzeit<br />

am Hermann­Rietschel­Institut im Rahmen<br />

des IEQ Labs (Indoor Environmental Quality<br />

Laboratory) errichtet. Die simultane Darstellung<br />

verschiedener thermischer und visueller<br />

Aspekte der IEQ, wird im IEQ Lab<br />

durch das Koppeln einer Virtual­Reality­<br />

Umgebung (VR­Umgebung) mit einem Klimaraum<br />

realisiert (Abbildung 2). Der visuelle<br />

Eindruck des Raumes wird dem Probanden<br />

über ein Head­Mounted Display (HMD)<br />

durch eine VR­Umgebung vermittelt. Das optische<br />

Raummodell (Unity­Engine) ermöglicht<br />

dabei Echtzeit­Interaktionen, beispielsweise<br />

das Öffnen eines Fensters durch einen<br />

VR­Controller. Akustische Randbedingungen<br />

werden durch Noise­Cancelling­Kopfhörer<br />

emuliert.<br />

Der thermische Eindruck wird durch einen<br />

Klimaraum auf die Position des Probanden<br />

im Raum projiziert. Das Strahlungs­ und<br />

Strömungsfeld des VR­Raumes im Nahfeld<br />

des Probanden wird dazu parallel und in<br />

Echtzeit durch ein Simulationsmodell (Abbildung<br />

3) berechnet. Aus der Simulation ergeben<br />

sich Sollwerte für die Hardware­Ansteuerung<br />

des Klimaraums. Die Darstellung von<br />

Räumen mit abweichender Geometrie wird<br />

durch eine Projektion der thermischen Randbedingungen<br />

auf die Klimaraum­Hüllfläche<br />

ermöglicht. Eine konstruktive Herausforderung<br />

entsteht dabei im Besonderen durch<br />

eine Flächenkonkurrenz, da die Klimaraum­<br />

Oberfläche sowohl Luft ein­ und ausströmen<br />

als auch Oberflächentemperaturen darstellen<br />

muss. Die gewählte Aufteilung der Klimaraum­Hüllfläche<br />

in Luftdurchlässe und<br />

Strahlungsflächen zeigt Abbildung 3.<br />

Die kubusförmige Umschließungsfläche<br />

des Klimaraums erlaubt ein Anpassen der<br />

Strahlungstemperatur aus 54 verschiedenen<br />

Raumrichtungen und die Projektion komplexer<br />

Strahlungsfelder. Alle typischen Raumluftströmungen<br />

im Nahfeld eines in der Mitte<br />

des Raumes positionierten Probanden können<br />

durch ein Raster aus einem Dralldurchlass<br />

sowie mehreren Schlitz­ und Quellluftdurchlässen<br />

in allen Raumrichtungen dargestellt<br />

werden. Die Regelgrößen zur Projektion<br />

des Strömungsfelds sind dabei mittlere<br />

Geschwindigkeiten und Temperaturen der<br />

Raumluft in verschiedenen Höhen im Nahfeld<br />

des Probanden.<br />

Die Echtzeitfähigkeit des Gesamtkonzepts,<br />

beispielsweise bei einem Positionswechsel<br />

im Raum (Abbildung 3) oder dem<br />

Öffnen eines Fensters, stellt hohe Dynamik­Anforderungen<br />

an die Temperierung<br />

Abbildung 3: Änderung der thermischen Randbedingungen bei einem Positionswechsel im Raum und Design des Klimaraums zur thermischen Projektion<br />

beliebiger, gebäudetypischer Strahlungs- und Strömungsfelder im IEQ Lab<br />

66 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Technische Trends und Normung<br />

des Klimaraums. Alle temperierbaren Oberflächen<br />

werden deshalb durch eine Kombination<br />

aus niedrig­kapazitiven Heiztextilen<br />

und rückliegenden, wassergekühlten Metallkassetten<br />

ausgeführt. Ausgehend von<br />

einem stationären Zustand mit einer Oberflächen­<br />

und Lufttemperatur von 20 °C im<br />

Klimaraum konnte in experimentellen Voruntersuchungen<br />

eine Oberflächen­Temperaturänderung<br />

von 5 K innerhalb von 30 s realisiert<br />

werden. Eine Vollklimaanlage ermöglicht<br />

einen 13­fachen Luftwechsel und die<br />

Vorkonditionierung der Raumluft (Temperatur,<br />

Feuchte, CO 2 ­Konzenration…). Die finale<br />

Entwurfsplanung des Klimaraums zeigt Abbildung<br />

4.<br />

Ermitteln der GEnEff-Kennzahl<br />

im IEQ Lab<br />

Das Ermitteln der gewünschten Gebäudeenergieeffizienz­Kennzahl<br />

(GEnEff­ Kennzahl)<br />

erfordert neben einer IEQ­Bewertungsfunktion<br />

außerdem die Berechnung des Energiebedarfs<br />

zum Herstellen der entsprechenden<br />

IEQ. Gemäß Abbildung 2 wird dafür ein Simulationsmodell<br />

genutzt, das den notwendigen<br />

Energieeinsatz für verschiedene Anlagenkonfigurationen<br />

und bauphysikalische Eigenschaften<br />

des Raumes oder Gebäudes bestimmt.<br />

Damit soll die GEnEff­Kennzahl die<br />

Energiesparmaßnahmen identifizieren, die<br />

gemäß des tatsächlichen Nutzen­Aufwand­<br />

Verhältnisses vorteilhaft sind. Sie kann zusätzlich<br />

darstellen, welche Änderungen des<br />

Versorgungskonzepts und der bauphysikalischen<br />

Raum­ und Gebäudeausführung die<br />

IEQ signifikant beeinflussen. Neben einer stationären<br />

Bewertung ermöglicht das IEQ Lab<br />

außerdem eine Effizienzbewertung für instationäre<br />

Versorgungs­, Steuerungs­ und Regelungskonzepte<br />

von Gebäuden.<br />

Abbildung 4: Planungsentwurf des IEQ Labs am Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin<br />

Fazit<br />

Eine Bewertungsgröße zur tatsächlich wahrnehmbaren<br />

IEQ liegt derzeit noch nicht vor.<br />

Es fehlt ein einheitliches Verfahren, das eine<br />

dynamische und ganzheitliche Bewertung<br />

ermöglicht und zusätzlich Interdependenzund<br />

Substitutionseffekte der Einzelaspekte<br />

berücksichtigt. Deshalb wird am Hermann­<br />

Rietschel­Institut ein neuartiges Versuchslabor<br />

(IEQ Lab) entwickelt, das eine simultane<br />

Bewertung aller Aspekte der IEQ für beliebige<br />

Räume ermöglicht. Mit dem IEQ Lab soll<br />

innerhalb von umfangreichen Probandenstudien<br />

eine Datengrundlage geschaffen werden,<br />

aus der ein funktionaler Zusammenhang für<br />

die Zufriedenheit mit der IEQ ermittelt wird.<br />

Die IEQ­Bewertungsfunktion soll anschließend<br />

genutzt werden, um Energiesparmaßnahmen<br />

zu identifizieren, die eine tatsächliche<br />

Verbesserung der Gebäudeenergieeffizienz<br />

im Sinne des Nutzen­Aufwand­Verhältnisses<br />

ermöglichen. Die Inbetriebnahme des<br />

neuen Versuchslabors ist im dritten Quartal<br />

<strong>2024</strong> geplant.<br />

Danksagung<br />

Das Forschungsprojekt „GEnEff“ wird mit<br />

Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft<br />

und Klimaschutz gefördert und in Zusammenarbeit<br />

mit der Universität der Künste<br />

Berlin sowie den assoziierten Partnern Fachverband<br />

Gebäudeklima e. V. (Ludwigsburg),<br />

Dr. Adalbert Klein­Stiftung (Stuttgart) und<br />

der Heinz Trox Wissenschafts gGmbH (Aachen)<br />

durchgeführt.`<br />

<br />

Literatur:<br />

[1] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie<br />

(Hrsg.): Die Energie der Zukunft. 8. Monitoring-Bericht<br />

zur Energiewende – Berichtsjahre<br />

2018 und 2019, Berlin 2021.<br />

[2] N. Klepeis, W. Nelson, W. Ott, J. Robinson, A.<br />

Tsang, P. Switzer, J. Behar, S. Hern und W. Engelmann:<br />

The National Human Activity Pattern<br />

Survey (NHAPS): a resource for assessing exposure<br />

to environmental pollutants, in: Journal<br />

of Exposure Science & Environmental Epidemiology,<br />

Bd. 11, p. 231–252, July 2001.<br />

[3] Bundesministerium des Innern, für Bau und<br />

Heimat (Hrsg.): Leitfaden Nachhaltiges Bauen.<br />

Zukunftsfähiges Planen, Bauen und Betreiben<br />

von Gebäuden, Berlin 2019.<br />

[4] Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen<br />

(Hrsg.): DGNB System – Kriterienkatalog Gebäude<br />

Neubau, Stuttgart 2023.<br />

[5] DIN 18599-1 „Energetische Bewertung von Gebäuden<br />

– Berechnung des Nutz-, End- und<br />

Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung,<br />

Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung –<br />

Teil 1: Allgemeine Bilanzierungsverfahren, Begriffe,<br />

Zonierung und Bewertung der Energieträger“,<br />

2018.<br />

[6] DIN EN 15251 „Eingangsparameter für das<br />

Raumklima zur Auslegung und Bewertung der<br />

Energieeffizienz von Gebäuden: Raumluftqualität,<br />

Temperatur, Licht und Akustik“, 2012.<br />

[7] DIN EN ISO 7730 „Ergonomie der thermischen<br />

Umgebung – Analytische Bestimmung und<br />

Interpretation der thermischen Behaglichkeit<br />

durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes<br />

und Kriterien der lokalen thermischen<br />

Behaglichkeit“, Bd. 13.040.20, Berlin, 2006.<br />

[8] L. T. Wong, K. W. Mui und P. S. Hui: A multivariate-logistic<br />

model for acceptance of indoor<br />

environmental quality (IEQ) in offices,<br />

in: Building and Environment, Bd. 43, p. 1–6,<br />

January 2008.<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 67


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Grafik: „Fit für Trinkwasser“<br />

Abbildung 1: Die Schulungsinitiative<br />

„Fit für Trinkwasser“ wurde von <strong>BTGA</strong>,<br />

figawa und ZVSHK gemeinsam<br />

entwickelt.<br />

Mit praxisnahen Schulungen<br />

„Fit für Trinkwasser“<br />

Das Trinkwasser in Deutschland zählt zu den saubersten und reinsten der Welt und ist das hierzulande<br />

am strengsten kontrollierte Lebensmittel. Grenzwerte für bestimmte Inhaltsstoffe wurden<br />

in der Trinkwasserverordnung (TrinwV) festgelegt und sind uneingeschränkt an allen Entnahmestellen<br />

einer Trinkwasser­Installation einzuhalten. Nur in sehr seltenen Fällen kommt es bereits im<br />

Verantwortungsbereich der Wasserversorger zu einer Grenzwertverletzung. Sobald das Trinkwasser<br />

den Wasserzähler passiert und in die Trinkwasser-Installation fließt, geht die Verantwortung<br />

für die Qualität des Trinkwassers auf den Betreiber über.<br />

Dipl.-Ing. M.Eng.<br />

Stefan Tuschy,<br />

Referent<br />

Berufsbildung,<br />

<strong>BTGA</strong> e.V.<br />

In Trinkwasser-Installationen kann es durch<br />

mangelhafte Anlagentechnik oder falsche Betriebsweise<br />

zu einem Eintrag oder zu einer<br />

Vermehrung von Mikroorganismen kommen,<br />

die sich negativ auf die Qualität des Trinkwassers<br />

auswirken. Damit die Trinkwasserqualität<br />

auch in Trinkwasser-Installationen<br />

langfristig sichergestellt werden kann, müssen<br />

strenge technische und hygienische Anforderungen<br />

an die Planung, den Bau und<br />

den Betrieb gestellt und umgesetzt werden.<br />

Rechtliche Vorgaben für Trinkwasser<br />

Schutzmaßstab ist, dass Trinkwasser unter<br />

allen Bedingungen und von allen Personen<br />

lebenslang für die unterschiedlichen Zwecke<br />

des menschlichen Gebrauchs verwendet werden<br />

kann, ohne dass gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />

zu erwarten sind. Entspricht<br />

Trinkwasser der Anforderung nicht, darf es<br />

nicht abgegeben werden. In der Regel wird<br />

die Anforderung erfüllt, wenn die allgemein<br />

anerkannten Regeln der Technik eingehalten<br />

werden und wenn sich Betreiber und Nutzer<br />

fehlerfrei verhalten.<br />

Die allgemein anerkannten Regeln der<br />

Technik stellen die Summe der wissenschaftlichen,<br />

technischen und handwerklichen Erfahrungen<br />

im Bauwesen dar, die durchweg<br />

bekannt sowie als richtig und notwendig anerkannt<br />

sind. Sie werden in diversen technischen<br />

Normen und Regelwerken konkretisiert<br />

(vgl. Tabelle).<br />

Seit Juni 2023 gilt in Deutschland die neue<br />

Trinkwasserverordnung. In ihr werden unter<br />

anderem präventive Maßnahmen für eine hygienisch<br />

sichere Trinkwasserversorgung in<br />

Trinkwasser-Installationen gefordert. Planer,<br />

ausführende Unternehmen und Betreiber benötigen<br />

viel fachliche Expertise, um die zunehmend<br />

komplexer werdenden technischen<br />

Regeln im Bereich „Trink wasser- Installa tion“<br />

ordnungsgemäß anzuwenden und umzusetzen.<br />

Die zentralen Branchenverbände für die<br />

Planung, Errichtung und Wartung von Trinkwasser-Installationen<br />

<strong>BTGA</strong>, figawa und<br />

ZVSHK haben deshalb die Schulungsinitiative<br />

„Fit für Trinkwasser“ entwickelt.<br />

Bundesweiter, ganzheitlicher<br />

Weiterbildungsplan<br />

Die Schulungsinitiative „Fit für Trinkwasser“<br />

ist nicht nur ein Weiterbildungsprogramm<br />

zum Thema „Trinkwasserhygiene“, sondern<br />

ein bundesweiter, ganzheitlicher Weiterbildungsplan<br />

speziell für Experten der Trinkwasser-Installation.<br />

Die wesentlichen Anforderungen<br />

für eine sichere Trink wasser-<br />

Installa tion wurden dafür in entsprechenden<br />

Schulungsmodulen zusammengefasst. Die<br />

drei Verbände haben sich dafür auf eine einheitliche<br />

Vorgehensweise verständigt und<br />

ein Konzept erarbeitet: Alle Schulungspartner<br />

werden mit den identischen Lehrinhalten<br />

in Form einheitlicher Foliensätze ausgestattet.<br />

Diese Folien wurden von entsprechenden<br />

Fachleuten getreu dem Motto „von<br />

der Praxis für die Praxis“ erstellt und können<br />

bei Bedarf zügig aktualisiert werden.<br />

Neue Erkenntnisse oder normative Änderungen<br />

können so schnell in die Schulungs-<br />

68 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

inhalte aufgenommen werden. Um die Qualität<br />

der Schulungen zu sichern, werden die<br />

Referenten in den jeweiligen Schulungsthemen<br />

unterwiesen.<br />

Alle Schulungspartner haben sich vertraglich<br />

verpflichtet, die Angebote verbindlich<br />

zu nutzen. Abgeschlossen werden die<br />

Module mit einer Wissensabfrage in Form<br />

eines Tests, den Schulungsteilnehmende am<br />

Ende der Veranstaltungen absolvieren müssen.<br />

Damit wird ein einheitliches Qualitätsniveau<br />

sichergestellt.<br />

Das Schulungsangebot ist modular aufgebaut.<br />

Der Inhalt der einzelnen Module bildet<br />

die Basis für eine Kommunikation auf Augenhöhe<br />

zwischen allen Beteiligten. Dabei<br />

sind die Schulungen grundsätzlich als Präsenzveranstaltung<br />

geplant, können aber bei<br />

Bedarf in eine Online-Schulung umgewandelt<br />

werden.<br />

Tabelle: Auszug aus den aktuellen Normen, Richtlinien und Regeln im Bereich der Trinkwasser-Installation<br />

Europäische<br />

Grundsatznormen<br />

DIN EN 1717 „Schutz<br />

des Trinkwassers vor<br />

Verunreinigungen…“<br />

EN 806 Teil 1<br />

„Allgemeines“<br />

EN 806 Teil 2<br />

„Planung“<br />

EN 806<br />

EN 806 Teil 4<br />

„Installation“<br />

EN 806 Teil 5 „Betrieb<br />

und Wartung“<br />

Nationale<br />

Ergänzungen<br />

DIN 1988-100 „Schutz des Trinkwassers,<br />

Erhaltung der Trinkwassergüte“<br />

—<br />

DIN 1988-200 „Installation Typ A,<br />

Planung, Bauteile, Apparate,<br />

Werkstoffe“<br />

Teil 3 „Berechnung der<br />

Rohrinnendurchmesser<br />

—<br />

—<br />

DIN 1988-500 „Druckerhöhungsanlagen<br />

mit drehzahlgeregelten<br />

Pumpen“<br />

DIN 1988-600 „Trinkwasser-Installation<br />

in Verbindung mit Feuerlösch-<br />

und Brandschutzanlagen“<br />

Zusätzliche Richtlinien<br />

und Regeln<br />

UBA-Empfehlungen,<br />

<strong>BTGA</strong>-Regeln,<br />

ZVSHK-Merkblätter,<br />

DVGW-Arbeitsblätter<br />

„Fachkraft für Hygiene<br />

in der Trinkwasserinstallation“<br />

Im Juni 2022 startete die Schulungsinitiative<br />

„Fit für Trinkwasser“ mit dem Modul „Fachkraft<br />

für Hygiene in der Trinkwasserinstallation“.<br />

Die breit angelegte Schulung soll es<br />

Planern, Ausführenden und Betreibern ermöglichen,<br />

sich auf einem gemeinsamen<br />

Wissensstand, qualifiziert über Trinkwasserhygiene<br />

auszutauschen (Abbildung 2).<br />

Der Begriff „Hygiene“ umfasst dabei alle<br />

Bestrebungen und Maßnahmen, die mittelbare<br />

oder unmittelbare gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />

beim einzelnen Nutzer verhindern.<br />

Ziel ist es, die einwandfreie Beschaffenheit<br />

des Trinkwassers in der Trinkwasser-Installation<br />

zu erhalten. Mögliche Beeinträchtigungen<br />

können durch mikrobiologische,<br />

chemische und/oder physikalischchemische<br />

Veränderungen verursacht werden.<br />

Auch nachträgliche Änderungen der<br />

Abbildung 2: Ziel gruppen gerechte Kurs auf teilung für das Modul „Fachkraft für Hygiene in der Trink wasser installa tion“<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 69


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Abbildung 3: Übersicht der aktuellen und der geplanten Module der Schulungs initiative<br />

Betriebsbedingungen können die Qualität<br />

des Trinkwassers beeinflussen. Die wesentlichen<br />

und zusammenwirkenden Einflussgrößen<br />

der Trinkwasserhygiene sind Durchströmung,<br />

Wasseraustausch, Temperatur<br />

und Nährstoffe.<br />

Weitere Schulungsmodule<br />

In den nächsten Jahren soll die Schulungsinitiative<br />

„Fit für Trinkwasser“ sukzessiv<br />

ausgebaut werden (Abbildung 3), da auch<br />

für andere relevante Themen rund um das<br />

Trinkwasser bislang keine einheitlichen und<br />

unabhängigen Schulungskonzepte existieren<br />

– beispielsweise zu „Sicherungseinrichtungen“<br />

oder „Druckerhöhungs- und Brandschutzanlagen“.<br />

Bereits im ersten Quartal<br />

<strong>2024</strong> soll das Thema „Wie halte ich Kaltwasser<br />

kalt?“ im Fokus stehen.<br />

Die normativ geforderte Temperatur für<br />

Trinkwasser kalt liegt bei maximal 25 °C (für<br />

zentrale Anlagenteile und Schachtinstallationen).<br />

In kaltgehenden Trinkwasser-Installationen<br />

stellen Temperaturen über 25 °C eine<br />

hygienisch kritische Grenze dar. Werden die<br />

Temperaturen dauerhaft überschritten, ist<br />

mit Beeinträchtigungen aufgrund erhöhten<br />

Wachstums von Mikroorganismen in den Leitungen<br />

zu rechnen.<br />

Gründe für steigende Umgebungstemperaturen<br />

sind nicht nur in der dichten Gebäudehülle<br />

zu finden, sondern auch in der Art<br />

der durch die Gebäudearchitektur vorgegebenen<br />

Installationsbereiche für die Gewerke<br />

„Heizung“, „Sanitär“, „Elektro“, „Raumluft“<br />

usw. Aus wirtschaftlichen Gründen werden<br />

oft Flächen für Schächte und sonstige<br />

Installationsbereiche ausgewiesen, die nicht<br />

ausreichen. Dadurch, dass die Installationsbereiche<br />

in einem Gebäude vorgegeben sind,<br />

werden der Planer und der Ausführende alternativlos<br />

dazu gezwungen, die warm- und<br />

kaltgehenden Leitungen in einen gemeinsamen<br />

Verlege- oder Installationsbereich einzubringen.<br />

Die Installation in einem gemeinsamen<br />

Schacht führt dazu, dass Wärmeübergänge<br />

stattfinden und in abgeschlossenen<br />

Installationsbereichen Umgebungstemperaturen<br />

deutlich auf über 25 °C steigen können.<br />

Stagnierendes Trinkwasser kalt wird dabei<br />

unzulässig hoch erwärmt.<br />

Als aktive Maßnahmen zur Temperaturhaltung<br />

werden insbesondere Spülmaßnahmen<br />

in der Kaltwasser-Installation genutzt –<br />

mehrere pro Tag oder pro Woche. Nachströmendes<br />

kaltes Trinkwasser trägt die aufgenommene<br />

Wärme aus dem Kaltwassersystem<br />

aus. Dieses Vorgehen führt allerdings<br />

zu erhöhten Betriebskosten, beispielsweise<br />

beim Trink- und Abwasser.<br />

Werden kalt- und warmgehende Medienleitungen<br />

räumlich getrennt angeordnet,<br />

wird der Wärmeübergang auf kaltgehende<br />

Leitungen minimiert. Teilweise sind diese<br />

passiven Maßnahmen aber nicht ausreichend<br />

und müssen durch aktive Maßnahmen ergänzt<br />

werden. Die vielseitigen Möglichkeiten<br />

der Temperaturhaltung im Trinkwasser kalt<br />

sollen im neuen Modul der Schulungsinitiative<br />

vorgestellt werden, ebenso wie eine Berechnungsgrundlage<br />

für eine Kaltwasser-Zirkulation<br />

im ungünstigsten Fall.<br />

Jeder Teilnehmer der Schulung erhält ein<br />

Handout mit den verwendeten Schulungsfolien.<br />

Zusätzlich bieten die Verbände ihre<br />

Arbeitshilfen an, beispielsweise Praxisleitfäden,<br />

Kommentare, Merkblätter oder Betriebs<br />

anleitungen.<br />

Das Berufsförderungswerk der Gebäudeund<br />

Energietechnikhandwerke (BFW e.V.) unterstützt<br />

die Schulungsanbieter bei der Vorbereitung<br />

und Organisation der Schulungen.<br />

Informationen zu Schulungsinhalten, Terminen<br />

und zur Anmeldung sind unter www.<br />

berufsfoerderungswerk.org/schulungen<br />

und www.fit-fuer-trinkwasser.de zu finden.<br />

70 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


ALLE DACHTEN, DASS FRISCHWASSER-<br />

STATIONEN AUFWÄNDIG KONFIGURIERT<br />

WERDEN MÜSSEN.<br />

BIS DIE NEUE KTS-GENERATION ALS<br />

„ONE-FOR-ALL-LÖSUNG“ EINE AUSWAHL<br />

IN NUR 2 MINUTEN MÖGLICH MACHTE.


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Künstliche Intelligenz im Gerichtssaal –<br />

Möglichkeiten und Grenzen<br />

Rechtsanwältin<br />

Britta Brass,<br />

Justiziarin<br />

des <strong>BTGA</strong> e.V.<br />

Technologischer Fortschritt und Digitalisierung<br />

schreiten unaufhaltsam voran. In vielen<br />

Bereichen führen sie zu einer kaum noch<br />

wegzudenkenden Unterstützung beim Lösen<br />

komplexer Aufgaben. Spätestens seit<br />

„ChatGPT“ ist Künstliche Intelligenz (KI) ein<br />

Gesprächsthema und hält branchenübergreifend<br />

Einzug in den Unternehmensalltag, beispielsweise<br />

in Unternehmenssoftware und<br />

Enterprise Resource Planning-Systeme (ERP-<br />

Systeme).<br />

Auch wenn KI aktuell noch in den sprichwörtlichen<br />

Kinderschuhen steckt, wird ihr<br />

Einsatz bereits jetzt von vielen Menschen<br />

nicht nur als Segen, sondern zunehmend<br />

auch als Fluch wahrgenommen. So wird der<br />

Einsatz von KI zur Übernahme ungeliebter<br />

Aufgaben oder zur Beschleunigung komplexer<br />

und langwieriger Abläufe zur Erleichterung<br />

des Alltags einerseits gern angenommen.<br />

Andererseits nimmt aber die Angst vor<br />

einem möglichen Kontrollverlust zu – umso<br />

mehr, je sensibler der Einsatzbereich der<br />

KI ist.<br />

Die Vorstellung, dass Gerichtsentscheidungen,<br />

die auch unser Leben und unsere<br />

Freiheit betreffen können, durch eine KI getroffen<br />

werden könnten, beschwört Assoziationen<br />

zu düsteren Science Fiction-Szenarien<br />

herauf. Wie unrealistisch und wie düster ist<br />

diese Vorstellung wirklich? Ist die KI in der<br />

Justiz überhaupt (noch) Zukunftsmusik oder<br />

hat sie längst Einzug gehalten?<br />

Was ist überhaupt KI?<br />

Nicht zuletzt wird KI oft deshalb als bedrohlich<br />

empfunden, weil mangels offizieller und<br />

greifbarer Definition unklar ist, was der Begriff<br />

tatsächlich umfasst. Wo sich die elektronische<br />

Akte auf das digitale Erstellen, Bearbeiten<br />

und Verschicken von Schriftsätzen<br />

beschränkt, geht KI weit darüber hinaus<br />

und übernimmt einen Teil der Denkarbeit<br />

der Anwendenden: Gemäß KI-Verordnung<br />

der Euro päischen Union vom 21. April<br />

2021 bringt eine KI im Hinblick auf vom<br />

Menschen festgelegte Ziele durch Datenauswertung<br />

Ergebnisse hervor, beispielsweise<br />

Vorhersagen, Empfehlungen oder<br />

Entscheidungen.<br />

Laut einem Grundlagenpapier der Justiz<br />

zum Einsatz von KI und algorithmischen Systemen<br />

in der Justiz [1] lässt sich KI im Wesentlichen<br />

in drei Kategorien einteilen:<br />

• Systeme, die auf einer Wissensbasis aufbauen<br />

und in der Lage sind, diese auszuwerten,<br />

• Systeme, die auf der Mustererkennung als<br />

Form des (klassischen) maschinellen Lernens<br />

basieren (relevante Merkmale werden<br />

manuell von einem Menschen vorgegeben),<br />

• Systeme des so genannten Deep Learnings<br />

(auf der Grundlage eines künstlichen neuronalen<br />

Netzwerks, das an die Funktionsweise<br />

des menschlichen Gehirns angelehnt<br />

ist, erkennen und verarbeiten die<br />

Algorithmen die relevanten Merkmale<br />

allein).<br />

Grundlage einer jeden KI-Anwendung ist das<br />

so genannte Machine Learning, bei dem zunächst<br />

Unmengen von Daten zur Auswertung<br />

„eingefüttert“ werden müssen. Im Bereich<br />

„Legal Tech“ lernt die KI aus gefällten<br />

Urteilen quer durch alle Instanzen – nicht<br />

nur vom Bundesgerichtshof und von den<br />

Oberlandesgerichten. Von diesen Entscheidungen<br />

gibt es in Deutschland zwar Unmengen,<br />

doch sind nur die wenigsten öffentlich<br />

zugänglich, da sie aus Gründen des Datenschutzes<br />

vor der Veröffentlichung anonymisiert<br />

bzw. pseudonymisiert werden müssen.<br />

Auch wenn der 2021 von SPD, Bündnis 90/<br />

Die Grünen und FDP vereinbarte Koalitionsvertrag<br />

vorsieht, dass mehr Urteile verfügbar<br />

gemacht werden sollen, ist es bis dahin noch<br />

ein weiter Weg.<br />

Einsatz von KI<br />

an ausländischen Gerichten<br />

Im US-Strafrechtssystem sind Vorhersage-<br />

Tools, die durch den Einsatz von Algorithmen<br />

die Risiken eines Rückfalls abschätzen,<br />

bereits häufig anzutreffen. Diese Beurteilungssysteme<br />

überwiegend kommerzieller<br />

Anbieter versprechen ihren Kunden<br />

(Gerichte und Gefängnisverwaltungen) eine<br />

preisgünstigere, effizientere und gerechtere<br />

Verbrechensbekämpfung. Das am weitesten<br />

verbreitete System „COMPAS“ (Correctional<br />

Offender Management Profiling for Alternative<br />

Sanctions) ist eine speziell für Gerichte<br />

entwickelte Risikobewertungssoftware, die<br />

Straftäter nach umfangreichen Tests und<br />

Auswertungen in unterschiedliche Kategorien<br />

hinsichtlich der Rückfall-Wahrscheinlichkeit<br />

einstuft. [2] Im Jahr 2016 geriet<br />

das System jedoch in Verruf, insbesondere<br />

weil sich bei Fehlerprognosen ein deutliches<br />

„Schwarz-Weiß-Gefälle“ abzeichnete: Der Anteil<br />

„schwarzer“ Menschen mit hoher Rückfallprognose,<br />

aber ohne tatsächlichen Rückfall,<br />

fiel etwa doppelt so hoch aus, wie bei<br />

„weißen“ Menschen. [3]<br />

In Frankreich wurde bereits im Jahr 2017<br />

an zwei Berufungsgerichten die Software<br />

„Predictice“ getestet, um die Justiz effizienter<br />

zu machen. Heute ist „Predictice“ eine Suchund<br />

Analysemaschine für juristische Informationen,<br />

die auf einer neuartigen Technologie<br />

zur automatischen Verarbeitung natürlicher<br />

Sprache beruht. Sie kann Gerichtsentscheidungen<br />

mit einer Geschwindigkeit von<br />

zwei Millionen Dokumenten pro Sekunde<br />

analysieren. [4]<br />

In Estland, dem europäischen Vorreiter<br />

im Bereich „Digitalisierung“, übernimmt<br />

eine KI bereits verschiedenste Verwaltungsaufgaben.<br />

Nun soll eine KI entwickelt werden,<br />

die über gerichtliche Fälle entscheidet,<br />

deren Streitsumme unter 7.000 Euro<br />

liegt. Dafür müssen beide Parteien alle relevanten<br />

Informationen in die Datenbank<br />

der Software einstellen, damit die KI diese<br />

analysieren und anschließend auf Grundlage<br />

der bestehenden Gesetze ein Urteil fällen<br />

kann. Die Entscheidungen sollen zwar<br />

rechtlich bindend sein, können aber bei<br />

einem menschlichen Richter angefochten<br />

werden. Derzeit arbeitet die Regierung daran,<br />

die erforderliche Rechtsgrundlage zu<br />

schaffen. [5]<br />

In den Niederlanden wurde bereits<br />

2016 das erste private Online-Gericht<br />

„Rechtswijzer“ (übersetzt: Wegweiser im<br />

Recht) eingerichtet. Es stellt einen komplett<br />

automatisierten Streitschlichtungsservice<br />

in Scheidungsangelegenheiten und zu<br />

Beschwerden bei Online-Käufen bereit und<br />

unterbreitet nach Auswertung sämtlicher<br />

zuvor von den Parteien zur Verfügung ge-<br />

72 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Abbildung: Phonlamai Photo / Shutterstock.com<br />

Werden zukünftig „Robo-Richter“ an Gerichten Recht sprechen?<br />

stellter Fakten einen Lösungsvorschlag.<br />

Das System ist bisher nur zur Schlichtung<br />

von Streitigkeiten zwischen zwei Parteien<br />

mit klar kalkulierbaren Variablen in der<br />

Lage. [6]<br />

Auch die chinesische Regierung will zukünftig<br />

vermehrt auf den Einsatz von KI setzen,<br />

um das Justizsystem zu entlasten. So<br />

sichtet „Intelligent Trial 1.0“ bereits Fallmaterial<br />

und erstellt selbstständig elektronische<br />

Gerichtsakten. Außerdem berät eine<br />

KI-Richterin in einem Internetgericht online,<br />

wenn auch ohne Entscheidungsgewalt. Bereits<br />

jetzt helfen mehr als 100 in Gerichten<br />

im ganzen Land verteilte Roboter mit ihrer<br />

Fähigkeit, frühere Urteile abzurufen, bei der<br />

Rechtsberatung. [7]<br />

Einsatz von KI in Deutschland<br />

Bevor ein Verfahren vor Gericht beginnen<br />

kann, müssen oft große Datenmengen gesammelt<br />

und bearbeitet werden. Das nimmt<br />

viel Zeit in Anspruch und ist mitverantwortlich<br />

für die zum Teil sehr lange Dauer von<br />

Prozessen. Es liegt auf der Hand, dass der<br />

Einsatz von KI beim Erfassen, Verarbeiten<br />

und Aufbereiten der Daten die Justizmitarbeiter<br />

signifikant entlasten und Verfahrensabläufe<br />

deutlich beschleunigen könnte. An<br />

deutschen Gerichten gibt es bereits verschiedene<br />

Pilotprojekte:<br />

„OLGA“ (Oberlandesgerichtsassistent)<br />

unterstützt seit November 2022 die Richter<br />

und Richterinnen der vier „Dieselsenate“<br />

des Oberlandesgerichts (OLG) Stutt gart bei<br />

der Bewältigung der Aktenflut in Berufungsverfahren.<br />

„OLGA“ übernimmt die<br />

Sachverhaltsprüfung und teilt die oft ähnlich<br />

oder gleich gelagerten Fälle nach richterlich<br />

vorgegebenen Parametern in Fallgruppen<br />

ein, ohne selbst Entscheidungen<br />

zu treffen. [8]<br />

Einen Schritt weiter geht ein KI-Tool, das<br />

am Landgericht Kiel in Versicherungsverfahren<br />

bei Klagen wegen Beitragserhöhungen<br />

der privaten Krankenversicherung getestet<br />

wird: Es fertigt bei wiederkehrenden Fallkonstellationen<br />

nach vorheriger Eingabe<br />

von Falldaten sogar einen Entscheidungsvorschlag<br />

an. [9]<br />

Am Amtsgericht Frankfurt am Main<br />

wurde bereits im Jahr 2021 „FRAUKE“<br />

(FRAnkfurter Urteils-Konfigurator Elektronisch)<br />

in Verfahren zu Fluggastrechten erprobt.<br />

„FRAUKE“ extrahiert anhand abgeschlossener<br />

Vorgänge aus dem Vorbringen<br />

der Parteien im Prozess wesentliche Kernele<br />

men te. Diese werden von der KI aufgearbeitet,<br />

Entscheidungen zu vergleichbaren<br />

Sachverhalten werden herangezogen<br />

und Formulierungsvorschläge für eine<br />

richterliche Entscheidung werden unterbreitet.<br />

[10]<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 73


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Eine KI kann unglaubliche Datenmengen<br />

in kürzester Zeit erfassen und verarbeiten.<br />

Der Nutzen von Legal Tech liegt damit auf der<br />

Hand und selbstverständlich sind sich alle<br />

damit befassten Personen einig: Am Ende<br />

muss immer die Entscheidung einer Richterin<br />

oder eines Richters stehen. Aber es müssen<br />

auch einige Fragen gestellt werden: Wie<br />

groß mag die Versuchung sein, die von der<br />

KI vorgeschlagenen Ergebnisse oder Bausteine<br />

mehr oder weniger ungeprüft zu übernehmen?<br />

Würden Richterinnen und Richter<br />

durch die Auswahl der in die KI eingespeisten<br />

Daten und darauf beruhenden Ergebnisse<br />

beeinflusst? Würde faktisch dann eine<br />

KI die Entscheidungen treffen oder zumindest<br />

wesentlich beeinflussen und nicht mehr<br />

der Mensch? Wie könnte einer solchen Versuchung<br />

oder Beeinflussung wirksam entgegengewirkt<br />

werden?<br />

Kann es „Robo-Richter“<br />

in Deutschland geben?<br />

Der Alltag an deutschen Gerichten lässt zunächst<br />

aufatmen – zumindest bei der Frage<br />

nach dem Einsatz von „Robo-Richtern“.<br />

Die Grundlage eines jeden Einsatzes von KI<br />

sind Daten, jedoch hat die Digitalisierung an<br />

deutschen Gerichten bislang nicht flächendeckend<br />

Einzug gehalten. Aufgrund unterschiedlicher,<br />

oft nicht kompatibler Systeme<br />

müssen digital eingehende Dokumente häufig<br />

noch ausgedruckt, bearbeitet und wieder<br />

eingescannt werden. Auch verläuft die<br />

Umsetzung des besonderen elektronischen<br />

Anwaltspostfachs (beA) bisher alles andere<br />

als problemlos. Vor diesem Hintergrund ist<br />

ein über bloße Assistenzaufgaben hinausgehender<br />

Einsatz von KI an deutschen Gerichten<br />

bislang Zukunftsmusik.<br />

Auch wenn alle technischen und personellen<br />

Voraussetzungen irgendwann geschaffen<br />

werden (sollten), würde der Einsatz<br />

von „Robo-Richtern“ an deutschen Gerichten<br />

an der derzeitigen Gesetzeslage scheitern:<br />

Im Grundgesetz ist das Prinzip der Gewaltenteilung<br />

unabänderlich verankert. Die rechtsprechende<br />

Gewalt ist der Richterin oder<br />

dem Richter vorbehalten [11] – einer natürlichen<br />

Person. Diese muss zudem Deutsche/r<br />

im Sinne von Artikel 116 des Grundgesetzes<br />

sein (§ 9 DRiG), also die deutsche Staatsbürgerschaft<br />

haben. Diese Kriterien kann eine<br />

KI nicht erfüllen. Die insoweit erforderlichen<br />

Gesetzesänderungen sind zumindest derzeit<br />

mehr als unwahrscheinlich.<br />

KI im Gerichtssaal – Fluch oder Segen?<br />

Neben dem unbestreitbaren Vorteil, aktuell<br />

überlastete Justizsysteme durch die effizientere<br />

Nutzung von Ressourcen zu entlasten,<br />

könnte der Einsatz von KI mehr Menschen<br />

den Zugang zu Rechtshilfe ermöglichen, indem<br />

nicht nur Anwaltskosten gesenkt, sondern<br />

auch kostenlose Rechtsberatungen oder<br />

Vorhersagen zu Erfolgsaussichten ermöglicht<br />

werden könnten.<br />

Wo Menschen entscheiden, spielen bei<br />

allem Streben nach Objektivität auch immer<br />

subjektive Wahrnehmungen und Empfindungen<br />

eine Rolle, denn Richterinnen und<br />

Richter „sind auch nur Menschen“ – mal besser<br />

gelaunt, mal schlechter, mal strenger, mal<br />

milder. Eine KI sollte frei von Sympathien<br />

oder Anitpathien sein und damit wertneutral<br />

und unbestechlich. Sie könnte dann für mehr<br />

Objektivität bei Gerichtsurteilen sorgen.<br />

Eine KI greift aber auf im Vorfeld eingegebene<br />

Daten und Parameter zurück und wertet<br />

diese mit Hilfe von Algorithmen aus. Jede<br />

Entscheidung einer KI kann daher immer<br />

nur so gut und so objektiv sein, wie die zugrundeliegenden<br />

Daten und Parameter – und<br />

genau das kann ein Problem sein:<br />

• Wer bestimmt, welche Daten eingespeist<br />

werden und wie die Programmierung erfolgt?<br />

• Wie funktionieren die der Entscheidungsfindung<br />

zugrundeliegenden Algorithmen?<br />

• Wie fließen die konkreten Umstände des<br />

Einzelfalls in die Entscheidung ein?<br />

Fazit<br />

Richterliche Entscheidungen betreffen immer<br />

konkrete Individuen und konkrete Einzelfälle<br />

mit individuellen Besonderheiten,<br />

also meistens gerade keine Regelfälle. Es<br />

kann deshalb nur ein Ergebnis geben: Gerichtsurteile<br />

müssen (auch zukünftig) durch<br />

Menschen gefällt werden!<br />

Diesen „Menschenvorbehalt“ fordert auch<br />

der ehemalige Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts<br />

Professor Dr. Ferdinand<br />

Kirchhof. Er bekräftigt, dass überall da,<br />

wo voluntative Wertungen getroffen werden,<br />

menschliches Urteil eingesetzt werden<br />

muss, statt „undurchsichtiger, binärer<br />

Fremd steuerung, sonst wird unsere Rechtsordnung<br />

im wahrsten Sinne des Wortes unmenschlich“.<br />

[11]<br />

Solange zumindest eine vollkommen<br />

wertneutrale Dateneinspeisung nicht gesichert<br />

ist, es für den Menschen nicht nachvollziehbar<br />

ist, wie eine KI zu ihrem Ergebnis<br />

gelangt und der Mensch die Eingaben, Verknüpfungen<br />

und die Ausgaben der KI weder<br />

verstehen noch hinterfragen oder gar beeinflussen<br />

kann, ist für den Einsatz der KI in<br />

sensiblen Bereichen wie der Rechtsfindung<br />

und Rechtsprechung kein Platz – selbst als<br />

bloße Unterstützung. Wird das beachtet,<br />

kann Legal Tech aber trotzdem ein Hilfsmittel<br />

sein, das komplexe Abläufe in den Rechtssystemen<br />

beschleunigt und Juristen die Arbeit<br />

erleichtert.<br />

Grundlage eines jeden Einsatzes von KI<br />

muss immer das Wohl des Menschen sein –<br />

die KI muss im Dienst des Menschen stehen<br />

und niemals umgekehrt.<br />

<br />

Literatur:<br />

[1] Einsatz von KI und algorithmischen Systemen<br />

in der Justiz; Grundlagenpapier zur<br />

74. Jahrestagung der Präsidentinnen und<br />

Präsidenten der Oberlandesgerichte, des<br />

Kammergerichts, des Bayerischen Obersten<br />

Landesgerichts und des Bundesgerichtshofs<br />

vom 23. bis 25. Mai 2022 in Rostock.<br />

[2] Correctional Offender Management Profiling<br />

for Alternative Sanctions (COMPAS) ist ein Algorithmus,<br />

der auf Basis von 137 Merkmalen<br />

eine Wahrscheinlichkeit dafür errechnet, ob<br />

Straftäter rückfällig werden oder nicht. Das<br />

Programm wurde von der Fa. Northpointe<br />

(umfirmiert in die Fa. Equivant) entwickelt<br />

und gehört der Firma. Es ist also nicht öffentlich<br />

zugänglich.<br />

[3] „Machine Bias – There’s software used across<br />

the country to predict future criminals. And<br />

it‘s biased against blacks“, by Julia Angwin,<br />

Jeff Larson, Surya Mattu and Lauren Kirchner,<br />

ProPublica May 23, 2016.<br />

[4] Hyperlex by DiliTrust, Portrait Eloise- Haddad<br />

Mimoun, Content Managerin Predictice,<br />

20.12.2021 Interview.<br />

[5] MDR: Nachrichten und Themen, Interview<br />

mit Ott Velsberg (28, IT-Experte, seit Sommer<br />

2018 soll er herausfinden, wie Künstliche Intelligenz<br />

(KI) und maschinelles Lernen in der<br />

Regierungsarbeit eingesetzt werden können),<br />

26.04.2019.<br />

[6] politik-digital: „Der Algorithmus als Richter,<br />

Katharina Schuchmann, 26.02.2020.<br />

[7] Scientific Research, an academic publisher:<br />

„Erfolge und Perspektiven der Künstlichen<br />

Intelligenz in China“, Caixia Zou, Shanghai<br />

University of Political Science and Law,<br />

04.11.2022.<br />

[8] Justizministerium Baden-Württemberg:<br />

„Künstliche Intelligenz zur Bewältigung der<br />

‚Diesel-Verfahren‘ am Oberlandesgericht<br />

Stuttgart“, 24.10.2022.<br />

[9] Landesportal Schleswig-Holstein: Künstliche<br />

Intelligenz, „KI made in Schlewig-Holstein“,<br />

02.06.2022.<br />

[10] Hessenschau: Pilotprojekt am Amtsgericht<br />

Frankfurt „Künstliche Intelligenz hilft bei<br />

Massen-Urteilen“, 09.05.2022, Heike Borufka,<br />

hessenschau.de/Anna Lisa Lüft.<br />

[11] Art. 92 GG iVm. Art. 97 GG.<br />

[12] Legal Tribune Online: Interview mit<br />

Ferdinand Kirchhof „Wir brauchen einen<br />

Menschenvorbehalt“, 31.12.2019.<br />

74 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Die neue Trinkwasserverordnung 2023<br />

Sicherstellung der Trinkwasserwasserqualität mit 42 zusätzlichen Paragrafen<br />

Es ist nicht lange her, dass ein Rechtsanwalt und eine Ingenieurin auf einem Parkplatz<br />

­aufeinandertrafen.­Beide­wollten­ihr­Fahrzeug­gern­an­der­letzten­freien­Ladesäule­aufladen.­<br />

Was wie ein schlecht erzählter Witz begann, endete in einem fachlichen Gespräch über die 2023<br />

neu gefasste Trinkwasserverordnung. Aber lesen Sie selbst.<br />

Anke Klein: „Na, da bin ich jetzt aber gespannt.<br />

Ich habe mich zwar bereits eingelesen,<br />

würde aber gern erfahren, ob sich meine<br />

fachliche Einschätzung mit der Bewertung<br />

der Zunft der Paragrafenreiter deckt.“<br />

Rechtsanwalt<br />

Henning Wündisch,<br />

Partner,<br />

Rödl & Partner,<br />

Nürnberg<br />

„Guten Morgen Herr Rechtsanwalt Wündisch“,<br />

sprach die Ingenieurin und begann<br />

ihr Ladekabel aus den Tiefen des Kofferraumes<br />

nach oben zu befördern. „Gut, dass<br />

ich Sie treffe. Ich hatte ohnehin vor, Sie zu<br />

kontaktieren.“<br />

„Das ist aber eine nette Überraschung! Hallo<br />

Frau Klein. Haben Sie sich bereits mit der<br />

neuen Trinkwasserverordnung vertraut gemacht?<br />

Es gibt da einige bemerkenswerte<br />

Neuerungen.“<br />

„Oh ja, aber bereits bei der reinen Anzahl an<br />

Paragrafen wird einem ja schon fast schwindelig“,<br />

antworte Anke Klein, immer noch das<br />

Ladekabel suchend. „Waren da die Herren Juristen<br />

am Werk?“<br />

„Es ist nicht alles Gold was glänzt, meine<br />

Liebe“, sagte Henning Wündisch. „Es<br />

ist nur der äußere Schein, der Sie verwirren<br />

mag. Aus bislang 30 Paragrafen der alten<br />

Trinkwasserverordnung wurden in der<br />

am 24. Juni 2023 in Kraft getretenen, neu<br />

gefassten Trinkwasserverordnung 72 Paragrafen,<br />

plus zusätzlich sieben Anlagen. Also<br />

für Sie Anhänge, nicht zu verwechseln mit<br />

technischen Anlagen. Das heißt aber nicht,<br />

dass sich die Anforderungen etwa verdreifacht<br />

hätten. Bisherige fachliche Inhalte finden<br />

sich in der neuen Trinkwasserverordnung<br />

wieder. Sie sind jedoch neu aufgegliedert<br />

und nach unserer Auffassung dadurch<br />

Dipl.-Ing. (FH)<br />

Anke Klein,<br />

Geschäftsführende<br />

Gesellschafterin,<br />

SK+ TGM GmbH,<br />

Nürnberg<br />

besser zu verstehen. Es sind nur wenig essenzielle<br />

zusätzliche Anforderungen, die<br />

größere Anzahl ist im Wesentlichen der neuen<br />

Struktur geschuldet.“ Sprach er und verkabelte<br />

sein Auto in aller Seelenruhe mit der<br />

Ladebox, während Anke Klein gerade dabei<br />

war, die Knoten aus ihrem Kabel zu entwirren.<br />

Das anschließende Klacken zur Bestätigung<br />

des Ladevorgangs begleitete Henning<br />

Wündisch mit einem herausfordernden<br />

Lächeln.<br />

Anke Klein fragte: „Sagten Sie ‚nur‘ wenige<br />

essenzielle Zusatzanforderungen?“<br />

Henning Wündisch: „Sie wissen doch<br />

selbst am besten, dass Trinkwasser bei uns<br />

in Deutschland eines der kontrolliertesten<br />

Lebensmittel ist. Die Novelle der Trinkwasserverordnung<br />

setzt letztlich wichtige europäische<br />

Vorgaben für den Trinkwasserschutz<br />

in nationales Recht um, beispielsweise<br />

die EU-Trinkwasserrichtlinie 2020/2184.<br />

Sie sieht unter anderem vor, einen risikobasierten<br />

Trinkwasserschutz einzuführen und<br />

legt niedrigere Grenzwerte für Schadstoffe<br />

wie Chrom, Arsen und Blei fest. Das trifft allerdings<br />

in erster Linie unsere Wasserversorger.<br />

Aber die Richtlinie gibt durchaus auch<br />

höhere Anforderungen für Eigentümer und<br />

Gebäudebetreiber vor.“<br />

Henning Wündisch: „Die Herausforderung<br />

trete ich gern an. Zunächst begegnen uns in<br />

der neu gefassten Verordnung ein paar neue<br />

Begrifflichkeiten. Zum einen verändert die<br />

neue Verordnung den Begriff der Trinkwasseranlage<br />

als Teil der gebäudetechnischen<br />

Ausstattung – aus ‚Anlagen zur ständigen<br />

Wasserverteilung‘ gemäß § 3 Nr. 2 e der alten<br />

Fassung der Trinkwasserverordnung<br />

wurde in § 2 Nr. 2 e in der neuen Fassung<br />

der Verordnung die ‚Gebäudewasserversorgungsanlage‘.<br />

Eine Verbesserung der Lesbarkeit<br />

bringt aber insbesondere der Umstand,<br />

dass in den jeweiligen Paragrafen nicht mehr<br />

auf die Anlage nach § 3 Nr. 2 e verwiesen<br />

wird, sondern dass nun auch der Begriff der<br />

‚Gebäudewasserversorgungsanlage‘ bzw.<br />

‚Trinkwasserinstallation‘ in allen Paragrafen<br />

zu finden ist, die Trinkwasserinstallationen<br />

in Gebäuden betreffen.<br />

Zum anderen wurde der mehr als sperrige<br />

Begriff des UsI (Unternehmer und sonstiger<br />

Inhaber einer Wasserversorgungsanlage)<br />

ersetzt durch den Betreiber, der uns im<br />

Facility Management auch aus zahlreichen<br />

anderen Regelwerken hinreichend bekannt<br />

ist. Auch wenn der Betreiber in der Trinkwasserverordnung<br />

weiterhin als ‚Unternehmer<br />

oder sonstiger Inhaber einer Wasserversorgungsanlage‘<br />

definiert ist (§ 3 Nr. 3<br />

TrinkwV), dient diese Änderung der allgemeinen<br />

Klarstellung und Vereinfachung bei<br />

der Wahrnehmung und Organisation der Anforderungen<br />

aus der Verordnung.“<br />

Anke Klein: „Der Begriff des Betreibers<br />

kommt Ihnen als Richtlinienautoren des<br />

Facility Managements doch sehr gelegen.<br />

Dort ist dieser doch stets der Adressat.“<br />

Henning Wündisch: „Das ist in der Tat eine<br />

Änderung, die wir mehr als nur begrüßen,<br />

da sie in der Branche für mehr Klarheit und<br />

76 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Grafik: Dipl.-Ing. (FH) Ulrich Glauche<br />

Systemische Untersuchung von Trinkwasser auf Legionella spec. (§ 31 TrinkwV)<br />

Transparenz sorgen dürfte. Für Sie hingegen<br />

dürfte zur Bewertung der Beprobungsberichte<br />

von besonderem Interesse sein, dass im Gesetzgebungsverfahren<br />

erwogen wurde, den<br />

technischen Maßnahmenwert von ursprünglich<br />

100 KBE/100 ml auf 99 KBE/100 ml abzusenken.<br />

Zwar ist der technische Maßnahmenwert<br />

in der Neufassung am Ende unverändert<br />

bei 100 KBE/100 ml geblieben – faktisch<br />

wurde er aber dennoch herabgesetzt.<br />

Aus ‚Überschreiten‘ wurde ‚Erreichen‘, sodass<br />

gemäß § 51 Abs. 1 der neuen Fassung<br />

der Trinkwasserverordnung nun bereits bei<br />

Erreichen des technischen Maßnahmenwerts<br />

(Anlage 3, Teil II) Maßnahmen zu ergreifen<br />

sind. Diese bestehen nach wie vor aus der<br />

Klärung des Ursachengrundes, der Anzeige<br />

an das Gesundheitsamt, einer schriftliche Risikoabschätzung<br />

unter Beachtung der Empfehlungen<br />

des Umweltbundesamtes und aus<br />

Maßnahmen gemäß der Empfehlung des Umweltbundesamts.<br />

Damit wurde aus dem etablierten<br />

Begriff der Gefährdungsanalyse eine<br />

Risikoabschätzung. Ihren <strong>BTGA</strong>-Praxisleitfaden<br />

‚Gefährdungsanalyse in Trinkwasser-Installationen‘<br />

müssen Sie wohl jetzt auch umbenennen.“<br />

Anke Klein seufzte: „Und nicht nur diesen!<br />

Endlich ist es langsam in der Branche angekommen,<br />

dass es nicht eine Gefährdungsbeurteilung<br />

ist – wie vielen aus dem Arbeitsschutz<br />

geläufig, sondern eine Gefährdungsanalyse.<br />

Und nun gibt es wieder einen neuen<br />

Begriff, den es zu erklären und stringent<br />

zu verwenden gilt. Beim Risikomanagement<br />

wird der Wechsel allerdings gelingen, da wir<br />

uns bereits seit längerem damit auseinandersetzen.<br />

Was mir aus fachlicher Sicht aber gut<br />

gefällt: In § 6 wurde bezüglich der mikrobiologischen<br />

Anforderungen beim ursprünglichen<br />

Minimierungsgebot von ‚sollen‘ auf<br />

‚dürfen nur‘ geändert und damit als Muss-<br />

Forderung festgeschrieben. Das finde ich<br />

gut! So können manche Ausweichmanöver<br />

verhindert werden. Außerdem ist die Korrosionsbewertung<br />

unter § 8 Abs. 3 komplett<br />

neu aufgenommen worden. Im Bereich der<br />

Trinkwasserinstallation kannten wir das bisher<br />

nicht.“<br />

Henning Wündisch: „Wenn ich Sie kurz<br />

korrigieren dürfte. Sie beziehen sich jetzt<br />

auf die ‚Gebäudewasserversorgungsanlagen‘.<br />

Als Fachexpertin der Trinkwasserhygiene<br />

sollten Sie sich an die neuen Begrifflichkeiten<br />

gewöhnen.“<br />

Anke Klein: „Zu freundlich von Ihnen. Zum<br />

Thema ‚Korrosionsbetrachtung‘ fiel mir im<br />

Übrigen vor dem Hintergrund der Einschätzung<br />

der Wechselwirkung des Trinkwassers<br />

mit den eingesetzten Stoffen und Materialien<br />

auch auf, dass die Zwecke zur Aufbereitung<br />

in § 18 aufgenommen wurden. Dort wird explizit<br />

darauf verwiesen, dass diese erfolgen,<br />

um korrosionschemische Eigenschaften des<br />

Trinkwassers einzustellen. Das gab es bislang<br />

ebenfalls noch nicht.“<br />

Henning Wündisch: „Zugegeben, ich erkenne,<br />

dass Sie sich bereits intensiv mit dem<br />

Inhalt der zahlreichen Paragrafen auseinandergesetzt<br />

haben! Die wohl einschneidendste<br />

Änderung für Eigentümer und Betreiber von<br />

Gebäudewasserversorgungsanlagen ist mit<br />

Abstand die Änderung zum Umgang mit<br />

Bleileitungen. Gemäß § 17 hat der Betreiber<br />

einer Wasserversorgungsanlage die Trinkwasserleitungen<br />

oder Teilstücke von Trinkwasserleitungen<br />

aus dem Werkstoff Blei bis<br />

zum Ablauf des 12. Januar 2026 nach den<br />

allgemein anerkannten Regeln der Technik<br />

zu entfernen oder stillzulegen. Diese Anforderung<br />

trifft auch die Wasserversorger. Hintergrund<br />

ist die erhebliche Gesundheitsgefährdung<br />

bereits bei sehr niedrigen Aufnahmemengen<br />

von Blei und der Umstand, dass<br />

der niedrige Grenzwert von maximal 10 µg/L<br />

in der Regel nicht eingehalten werden kann,<br />

wenn das Trinkwasser durch Bleirohre fließt.<br />

Interessant ist allerdings, dass der deutsche<br />

Gesetzgeber bei dieser Anforderung<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 77


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

deutlich über die europäische Trinkwasserrichtlinie<br />

hinausgeht. In dieser wird lediglich<br />

ein Austausch unter Bedingungen gefordert,<br />

beispielsweise bei Austausch, bei Reparatur<br />

oder Sanierung. Den Mitgliedstaaten<br />

wird lediglich empfohlen, Maßnahmen zum<br />

Austausch zu erwägen und gegebenenfalls<br />

zu ergreifen, sofern das wirtschaftlich und<br />

technisch machbar ist.<br />

Da hat unser deutscher Gesetzgeber offenbar<br />

erwogen und danach die Maßnahme<br />

ergriffen, einen bedingungslosen Austausch<br />

der Leitungen zu fordern – unabhängig<br />

von einer wirtschaftlichen oder technischen<br />

Machbarkeit. Damit kommt auf Teile<br />

der Wohnungswirtschaft und auf andere Eigentümer<br />

von historischen, gegebenenfalls<br />

denkmalgeschützten Gebäuden eine enorme<br />

Kostenbelastung zu. Unabhängig davon<br />

ist auch fraglich, ob der Umfang von den<br />

Installa tionsunternehmen überhaupt bewerkstelligt<br />

werden kann. Aber auch dafür<br />

hat der Gesetzgeber eine Regelung geschaffen:<br />

Vom Gesundheitsamt kann eine Ausnahme<br />

zur Fristverlängerung gewährt werden,<br />

wenn der Betreiber vor dem 12. Januar 2026<br />

einem in ein Installateur-Verzeichnis eines<br />

Wasserversorgungsunternehmens eingetragenen<br />

Installationsunternehmen einen Auftrag<br />

zur Entfernung oder zur Stilllegung der<br />

Trinkwasserleitungen oder Teilstücke erteilt<br />

hat und wenn das Installationsunternehmen<br />

bescheinigt, dass der Auftrag aus Kapazitätsgründen<br />

voraussichtlich erst bis zu einem<br />

bestimmten Zeitpunkt nach dem 12. Januar<br />

2026 abgeschlossen werden kann.“<br />

Anke Klein: „Das ist wirklich eine deutliche<br />

Verschärfung. Wobei ich das als regional<br />

tätiger Dienstleister durchaus anders bewerte.<br />

Bleileitungen sind mir in 25 Jahren<br />

Praxis zum Beispiel in Nürnberg nur selten<br />

begegnet.<br />

Sehr aufmerksam habe ich § 23 der Trinkwasserverordnung<br />

zur Pflicht der Aufbereitung<br />

gelesen. Darin wird unter Absatz 3 klar<br />

geregelt, was zu tun ist, wenn der Zustand<br />

einer Trinkwasserinstallation die Ursache<br />

dafür ist, dass im Trinkwasser mikrobiologische<br />

Anforderungen nicht eingehalten<br />

werden. Eine Desinfektion darf nur erfolgen,<br />

wenn das Gesundheitsamt dies anordnet –<br />

und nicht auf eine eigene Entscheidung des<br />

Betreibers hin. Außerdem hat der Betreiber<br />

eine Sanierung der Trinkwasserinstallation<br />

vorzunehmen. Für mich bedeutet das, dass<br />

es dem Betreiber nicht mehr gestattet ist, frei<br />

zu entscheiden, sondern eine konkrete Handlungsanforderung<br />

besteht. Gerade bei Eigentümergemeinschaften<br />

hatte eine Sanierung<br />

zur Risikominimierung oft zu kontroversen<br />

Diskussionen ohne Konsens geführt und damit<br />

eine Verbesserung der Ausgangslage verhindert.<br />

Durch den Bezug auf die Gebäudeinstal<br />

lation als Ursache könnte der Umstand<br />

des Nichthandelns der Vergangenheit angehören.<br />

Einen letzten Punkt habe ich allerdings<br />

noch: Wie sehen Sie als Jurist die hohe Anzahl<br />

der Ordnungswidrigkeitentatbestände?<br />

Insbesondere die in § 72 erwähnte Ordnungswidrigkeit<br />

bei fehlerhafter Planung,<br />

Ausführung und fehlerhaftem Betrieb? Sitzen<br />

jetzt alle Beteiligten am Schluss in einem<br />

Boot? Und wir sind, wie Sie es gern ausführen,<br />

auf hoher See und vor Gericht in Gottes<br />

Hand?“<br />

Henning Wündisch: „Die Ordnungswidrigkeiten<br />

waren bereits in der alten Verordnung<br />

nicht zu unterschätzen, auch wenn die neue<br />

Verordnung mit einer deutlich erweiterten<br />

Anzahl an Ordnungswidrigkeiten aufwartet.<br />

Hier unterstreicht der Gesetzgeber die hohe<br />

Bedeutung der Hygiene unseres Trinkwassers.<br />

Aber sollten Sie jemals aufgrund fehlerhafter<br />

Planung oder Ausführung einer Gebäudewasserversorgungsanlage<br />

einen Anhörungsbogen<br />

zugestellt bekommen, stehen<br />

wir Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung,<br />

um Sie vor Schlimmerem zu bewahren.<br />

Und als gutes Zeichen überlasse ich Ihnen<br />

jetzt die Ladesäule.“ Sprach es und gab die<br />

Ladesäule frei.<br />

Anke Klein schloss dankbar ihr Auto an<br />

und fügte mit einem Zwinkern hinzu: „Herr<br />

Wündisch, auch wenn wir beide mit unterschiedlichem<br />

Fokus auf die hohe Anzahl Paragrafen<br />

blicken, es gibt einen wesentlichen<br />

Inhaltspunkt, der uns beide gleichermaßen<br />

interessiert.“<br />

„Frau Klein, ich kann mir denken, was Sie im<br />

Sinn haben und wir haben bereits vorgearbeitet.“<br />

Amüsiert verstaute Henning Wündisch<br />

sein Ladekabel im Kofferraum, holte stattdessen<br />

eine Grafik heraus und legte sie auf die<br />

Kante des Stauraumes (Abbildung 1). <br />

78 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Nominales Bauvolumen sinkt <strong>2024</strong> –<br />

Wohnungsbau bricht ein<br />

Die deutsche Bauwirtschaft ist in einer Krise: Das nominale Bauvolumen stieg zwar 2023 um<br />

6,1 Prozent – preisbereinigt ging das gesamte Bauvolumen jedoch um 1,1 Prozent zurück. Für das<br />

Jahr <strong>2024</strong> wird erwartet, dass erstmals seit der Finanzkrise auch das nominale Bauvolumen<br />

schrumpfen wird. Die Baupreise stiegen im vergangenen Jahr um 7 Prozent. Im Wohnungsbau<br />

schrumpfte das reale Bauvolumen 2023 deutlich um 2,3 Prozent, <strong>2024</strong> wird sogar mit einem Minus<br />

von 3,4 Prozent gerechnet. Das reale Bauvolumen soll in diesem Jahr erneut schrumpfen. Erst im<br />

Jahr 2025 soll sich die Entwicklung verbessern, aber auch dann sind nur leichte Zuwächse zu erwarten.<br />

Rund 28 Prozent des gesamten Bauvolumens im Hochbaubestand können energetischen<br />

Sanierungen zugeschrieben werden.<br />

Jörn Adler,<br />

Referent<br />

für Wirtschaft und<br />

Öffentlichkeitsarbeit,<br />

<strong>BTGA</strong> e.V.<br />

Das nominale Bauvolumen (Hoch- und Tiefbau)<br />

stieg aufgrund der dynamischen Entwicklung<br />

der Baupreise im Jahr 2023 noch<br />

um insgesamt 6,1 Prozent gegenüber dem<br />

Vorjahr auf rund 565 Milliarden Euro an (Tabelle<br />

1). 1 Das geht aus Berechnungen des<br />

DIW Berlin – Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung<br />

e.V. hervor. Der Preisindex<br />

des Bauvolumens lag laut DIW im Jahr 2023<br />

bei 7,1 Prozent. 2<br />

Preisbereinigt sind aber bereits seit 2021<br />

Rückgänge in fast allen Bausparten zu beobachten<br />

3 ; die Bauwirtschaft insgesamt<br />

schrumpfte im Jahr 2023 um 1,1 Prozent. 4<br />

Vor allem die Situation im Wohnungsbau<br />

spitzt sich zu: Nach einem Minus von 2,6 Prozent<br />

im Jahr 2022 folgte 2023 ein Minus von<br />

2,3 Prozent. Der Wirtschaftsbau stagnierte<br />

im vergangenen Jahr (0,0 Prozent); lediglich<br />

der öffentliche Bau konnte Wachstum verzeichnen<br />

(1,9 Prozent). 5<br />

Die sehr unterschiedliche Bedeutung der<br />

einzelnen Baubereiche zeigt eine Aufschlüsselung<br />

des gesamten Bauvolumens: Nominal<br />

lag 2022 der Wohnungsbau bei 57,6 Prozent.<br />

Er weist weiterhin den mit deutlichem<br />

Abstand größten Anteil am Bauvolumen auf.<br />

Der Anteil des Wirtschaftsbaus (Hoch- und<br />

Tiefbau) lag bei 29,0 Prozent und der Anteil<br />

des öffentlichen Baus bei lediglich 13,4 Prozent<br />

(Diagramm 1). 6<br />

Ausblick auf die Jahre <strong>2024</strong> und 2025<br />

Das DIW prognostiziert, dass sich Investoren<br />

dieses und nächstes Jahr zurückhalten werden.<br />

Verantwortlich dafür seien das noch immer<br />

hohe Preis- und Zinsniveau und die Verunsicherung<br />

bei Förderprogrammen. 7 Für<br />

das Jahr <strong>2024</strong> wird erwartet, dass das nominale<br />

Bauvolumen erstmals seit der Finanzkrise<br />

2009 sinken wird: insgesamt um<br />

- 3,5 Prozent auf ca. 546 Milliarden Euro (Tabelle<br />

1). Preisbereinigt schrumpft das Bauvolumen<br />

insgesamt um 1,5 Prozent. Nach Baubereichen<br />

aufgeschlüsselt rechnet das DIW<br />

mit - 3,4 Prozent im Wohnungsbau, mit 0,3<br />

Prozent im Wirtschaftsbau und mit 2,5 Prozent<br />

im öffentlichen Bau. 8<br />

Für das Jahr 2025 erwartet das DIW eine<br />

leichte Verbesserung: Der Wohnungsbau soll<br />

real um 0,4 Prozent wachsen, der Wirtschaftsbau<br />

um 3,0 Prozent und der öffentliche Bau<br />

um 2,5 Prozent. Das nominale Bauvolumen<br />

insgesamt soll 2025 um 0,5 Prozent auf rund<br />

549 Milliarden Euro steigen. Preisbereinigt<br />

wäre das ein Anstieg um 1,5 Prozent. 9<br />

Nachdem die Baupreise 2021, 2022 und<br />

2023 enorm gestiegen waren, rechnet das<br />

DIW damit, dass sie dieses und nächstes<br />

Jahr sinken werden: <strong>2024</strong> voraussichtlich<br />

um - 2,0 Prozent und 2025 um -0,9 Prozent. 10<br />

Entwicklung des Ausbaugewerbes<br />

und des Bauhauptgewerbes<br />

Preisbereinigt schrumpfte 2023 das Bauvolumen<br />

des von der Bauinstallation bestimmten<br />

Ausbaugewerbes das dritte Jahr<br />

in Folge: Das DIW ermittelte ein Minus von<br />

Diagramm 2: Struktur des nominalen Bauvolumens in Deutschland nach Produzentengruppen im<br />

Jahr 2022 (Hoch- und Tiefbau) – in jeweiligen Preisen in Milliarden Euro; Anteile in Prozent<br />

Quelle: Bauvolumenrechnung des DIW Berlin, 2023<br />

Struk<br />

Bauhaup<br />

Ausbaug<br />

Verarbe<br />

Bauplan<br />

Sonstige<br />

in jeweil<br />

80 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Tabelle 1: Entwicklung des Bauvolumens in Deutschland<br />

in Milliarden Euro zu jeweiligen Preisen<br />

Öffentlicher Bau 3,1 0,5 3,7 -1,4 -1,0 1,9 2,5 2,5<br />

tur des nominalen Bauvolumens in Deutschland nach Produzentengruppen im Jahr<br />

Nach Produzentengruppen 2022 (Hoch- und Tiefbau)<br />

tgewerbe (Hoch- Bauhauptgewerbe und Tiefbau) 174,923,3 2,7 3,4 -1,5 32,8-0,8 -0,4 -0,5 1,9<br />

ewerbe, Bauinstallation 186,82 35,1<br />

itendes Gewerbe Ausbaugewerbe 49,491,5 0,7 2,2 -0,9 9,3 -2,7 -1,7 -2,5 0,9<br />

ung, öff. Gebühren 65,32 12,3<br />

Sonstige Bauleistungen 3,6 2,2 1,4 0,6 -1,8<br />

Bauleistungen 56,33 10,6<br />

-1,1 -1,5 1,6<br />

igen Preisen *Schätzungen in Milliarden Euro; Anteile in Prozent; Quellen: Quelle: Statistisches Bauvolumenrechnung Bundesamt; DIW des DIW Bauvolumenrechnung, Berlin, 2023 DIW Berlin, <strong>2024</strong><br />

Bauplanung,<br />

öff. Gebühren<br />

65,3<br />

12,3 %<br />

Verarbeitendes<br />

Baugewerbe<br />

49,5<br />

9,3 %<br />

2018 2019 2020 2021 2022 2023* <strong>2024</strong>* 2025*<br />

nominales Bauvolumen insgesamt 395,7 420,4 437,8 472,2 532,9 565,3 545,8 548,7<br />

real, Kettenindex 2015=100<br />

reales Bauvolumen insgesamt 107,0 109,1 111,6 111,2 108,8 107,6 106,0 107,6<br />

Nach Baubereichen<br />

Wohnungsbau 108,9 111,8 115,2 115,4 112,4 109,8 106,1 106,5<br />

Wirtschaftsbau 103,3 104,6 104,9 104,8 102,7 102,7 103,1 106,2<br />

Öffentlicher Bau 107,5 108,0 112,0 108,3 107,3 109,3 112,1 114,9<br />

Nach Produzentengruppen<br />

Bauhauptgewerbe 111,0 114,0 117,9 116,1 115,2 114,7 114,2 116,4<br />

Ausbaugewerbe 104,1 104,9 107,2 106,3 103,5 101,7 99,2 100,1<br />

Sonstige Bauleistungen 110,2 112,6 114,2 114,8 112,7 111,5 109,8 111,6<br />

Veränderungen gegenüber dem Vorjahr in Prozent<br />

nominales Bauvolumen insgesamt 6,9 6,3 4,1 7,8 12,9 6,1 -3,5 0,5<br />

Preisentwicklung 4,9 4,3 1,8 8,2 15,1 7,1 -2,0 -0,9<br />

real, Kettenindex 2015=100<br />

reales Bauvolumen insgesamt 2,0 2,0 2,3 -0,3 -2,2 -1,1 -1,5 1,5<br />

Nach Baubereichen<br />

Wohnungsbau 2,3 2,7 3,1 0,8 -2,6 -2,3 -3,4 0,4<br />

Wirtschaftsbau 1,0 1,2 0,3 0,2 -2,0 0,0 0,3 3,0<br />

Sonstige Bauleistungen<br />

56,3<br />

10,6 %<br />

Ausbaugewerbe,<br />

Bauinstallation<br />

186,8<br />

35,1 %<br />

Bauhauptgewerbe<br />

(Hoch- und Tiefbau)<br />

174,9<br />

32,8 %<br />

Diagramm 1: Struktur des nominalen Bauvolumens in Deutschland nach Baubereichen im Jahr 2022<br />

(Hoch- und Tiefbau) – in jeweiligen Preisen in Milliarden Euro; Anteile in Prozent<br />

Quelle: Bauvolumenrechnung des DIW Berlin, 2023<br />

1,7 Prozent (2022: -2,7 Prozent). 11 Für das<br />

Jahr <strong>2024</strong> wird sogar ein Minus von 2,5 Prozent<br />

erwartet. Im Jahr 2025 soll das Ausbaugewerbe<br />

dann leicht um 0,9 Prozent<br />

wachsen. 12<br />

Das Bauhauptgewerbe schrumpfte 2023<br />

im Vergleich zum Vorjahr um 0,4 Prozent<br />

(2022: - 0,8 Prozent). Für das Jahr <strong>2024</strong><br />

wird ein Minus von 0,5 Prozent erwartet.<br />

2025 soll das Bauhauptgewerbe mehr als<br />

das Ausbaugewerbe von der sich stabilisierenden<br />

Lage profitieren: Das DIW erwartet<br />

ein Plus von 1,9 Prozent. 13<br />

Investitionen in energetische<br />

Sanierungen steigen<br />

Das DIW hat für das Bauvolumen im Hochbau<br />

auch den Anteil der Maßnahmen für<br />

ener ge tische Sanierungen am Bestandsvolumen<br />

untersucht (Tabelle 2). 14 Das Gesamtvolumen<br />

der Investitionen in energetische<br />

Sanierungen stieg 2022 auf rund 81 Milliarden<br />

Euro (2021: 70,8 Milliarden Euro).<br />

Gut 28 Prozent des gesamten Bauvolumens<br />

im Hochbaubestand können laut DIW dem<br />

Baubereich „energetische Sanierung“ zugeschrieben<br />

werden 15 – damit ist die energetische<br />

Sanierung ein wichtiger Baubereich,<br />

der auch in den kommenden Jahren eine stabilisierende<br />

Wirkung auf die Bauwirtschaft<br />

haben wird.<br />

Im Wohnungsbau stiegen im Jahr 2022<br />

die Aufwendungen für energetische Sanierungen<br />

im Vergleich zum Vorjahr um<br />

15,4 Prozent auf 60,4 Milliarden Euro. 16<br />

Das Bauvolumen der energetischen Maßnahmen<br />

im Nichtwohnbau stieg 2022 auf<br />

20,6 Milliarden Euro (+11,7 Prozent im Vergleich<br />

zu 2021). 17<br />

Das DIW weist aber darauf hin, dass<br />

im Jahr 2022 „die Preise für Bestands leistungen<br />

massiv gestiegen sind.“ 18 Die realen<br />

Zuwächse würden im Wohnungsbau somit<br />

deutlich kleiner ausfallen bzw. 2022 sogar<br />

im negativen Bereich liegen. Im gewerblichen<br />

und öffentlichen Hochbau würde das<br />

reale Bestandsvolumen sogar schon seit Jahren<br />

schrumpfen. 19<br />

Die Entwicklung von Bauleistungen an<br />

bestehenden Gebäuden dürfte aus Sicht<br />

des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung<br />

durch Unsicherheiten und Unklarheiten<br />

bei der Förderung „ausgebremst oder<br />

zumindest verzögert werden.“ 20 <strong>2024</strong> wird<br />

nominal ein Minus von 4,1 Prozent im Wohnungsbau<br />

erwartet (2023: + 7,0 Prozent) und<br />

ein Minus von 2,0 Prozent im Nichtwohnbau<br />

(2023: + 6,1 Prozent). 21 Für 2025 rechnet das<br />

DIW nominal mit einem leichten Minus von<br />

0,3 Prozent im Wohnungsbau und einem<br />

Plus von 1,1 Prozent im Nichtwohnbau. 22<br />

<strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong> 81


Wirtschaft, Recht und Berufsbildung<br />

Tabelle 2: Energetische Sanierung bestehender Gebäude im Nichtwohnbau und Wohnbau<br />

2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

in Mrd.<br />

€*<br />

Veränderung<br />

zum<br />

Vorjahr<br />

Nichtwohnbau<br />

Bestandsvolumen<br />

Nichtwohnbau (Öffentlicher<br />

+ Wirtschaftsbau)<br />

Bauvolumen<br />

energetische Sanierung<br />

im Nichtwohnbau<br />

Anteil d. Bauvolumens<br />

energetische Sanierung<br />

am Bestandsvolumen<br />

Nichtwohnbau<br />

58,0 56,5 -2,6 % 57,8 2,4 % 59,7 3,3 % 60,8 1,9 % 61,4 0,9 % 65,3 6,4 % 72,7 11,3 %<br />

17,6 18,4 4,7 % 18,7 1,9 % 16,8 -10,5 % 17,0 1,4 % 17,0 -0,1 % 18,4 8,4 % 20,6 11,7 %<br />

30,3 % 32,6 % 32,4 % 28,1 % 28,0 % 27,7 % 28,2 % 28,3 %<br />

Wohnbau<br />

Bestandsvolumen<br />

Wohnbau<br />

Bauvolumen energetische<br />

Sanierung im Wohnbau<br />

Anteil d. Bauvolumens<br />

energetische Sanierung<br />

am Bestandsvolumen<br />

Wohnbau<br />

131,3 136,3 3,8 % 143,2 5,0 % 153,1 6,9 % 165,6 8,1 % 173,5 4,8 % 189,1 9,0 % 213,7 13,0 %<br />

33,5 37,6 12,1 % 41,0 9,1 % 40,2 -2,0 % 43,2 7,6 % 47,3 9,3 % 52,4 10,8 % 60,4 15,4 %<br />

25,5 % 27,5 % 28,6 % 26,2 % 26,1 % 27,2 % 27,7 % 28,3 %<br />

*Zu jeweiligen Preisen Quellen: Statistisches Bundesamt; Neubauvolumenrechnung des DIW Berlin; Modernisierungsvolumen Heinze GmbH; Modellrechnung des DIW Berlin 2023<br />

Tabelle 3: Branchenumsätze der Haus- und Gebäudetechnik<br />

2019 2020 2021 2022 2023*<br />

in Mrd. €<br />

Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

in Mrd. €<br />

Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

in Mrd. €<br />

Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

in Mrd. €<br />

Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

HKS-Branche gesamt 61,8 66,2 7,1 % 68,3 3,1 % 74,4 9,0 % 78,7 5,8 %<br />

Inland 50,4 55,2 9,5 % 56,4 2,2 % 61,3 8,7 % 64,9 5,9 %<br />

Ausland 11,4 11,0 -3,5 % 11,9 8,2 % 13,1 10,1 % 13,8 5,3 %<br />

* Schätzungen Quelle: Branchendaten Haus- und Gebäudetechnik 2022, B+L Marktdaten GmbH im Auftrag von Messe Frankfurt – ISH, VDS, VdZ, BDH, DGH, VDMA und ZVSHK, 2023<br />

Umsätze der TGA-Branche gestiegen<br />

Die Umsätze der gesamten deutschen Branche<br />

der Haus- und Gebäudetechnik (HKS-<br />

Branche) sind im Jahr 2022 gewachsen: Sie<br />

stiegen um 9,0 Prozent auf 74,4 Milliarden<br />

Euro (Tabelle 3). 23 Die HKS-Branche konnte<br />

damit ihre seit vierzehn Jahren andauernde,<br />

positive Entwicklung fortsetzen. Sie<br />

war 2022 allerdings stark von den Preissteigerungen<br />

bei Materialien und Rohstoffen bestimmt.<br />

Für das Jahr 2023 prognostiziert die<br />

B+L Marktdaten GmbH ein Wachstum der<br />

HKS-Branche um 5,8 Prozent auf 78,7 Milliarden<br />

Euro. 24<br />

Der Inlandsumsatz der gesamten HKS-<br />

Branche stieg 2023 auf 64,9 Milliarden Euro<br />

(2022: 61,3 Milliarden); der Auslandsumsatz<br />

auf 13,8 Milliarden Euro (+ 5,3 Prozent). 25<br />

Die gesamte Branche der Haus- und Gebäudetechnik<br />

umfasste im Jahr 2023 rund<br />

49.600 Unternehmen (- 0,4 Prozent im Vergleich<br />

zum Vorjahr) mit 545.000 Beschäftigten<br />

(+ 0,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr).<br />

26<br />

<br />

1<br />

DIW Wochenbericht 1+2 (<strong>2024</strong>), S. 13.<br />

2<br />

Ebenda.<br />

3<br />

Ebenda, S. 4.<br />

4<br />

Ebenda, S. 13.<br />

5<br />

Ebenda.<br />

6<br />

BBSR – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung<br />

im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung<br />

(BBR) (Hrsg.): Strukturdaten zur Produktion und<br />

Beschäftigung im Baugewerbe – Berechnungen für das<br />

Jahr 2022. BBSR-Online-Publikation 53 (2023), Bonn<br />

2023, S. 19.<br />

7<br />

Wie Anm. 1, S. 4.<br />

8<br />

Wie Anm. 1.<br />

9<br />

Ebenda.<br />

10<br />

Wie Anm. 1, S. 4 und S. 13.<br />

11<br />

Wie Anm. 1.<br />

12<br />

Ebenda.<br />

13<br />

Ebenda.<br />

14<br />

Wie Anm. 6, S. 32.<br />

15<br />

Ebenda, S. 33.<br />

16<br />

Wie Anm. 14.<br />

17<br />

Ebenda.<br />

18<br />

Wie Anm. 6, S. 31.<br />

19<br />

Ebenda.<br />

20<br />

Wie Anm. 1, S. 11.<br />

21<br />

Ebenda, S. 8.<br />

22<br />

Ebenda.<br />

23<br />

Gemeinsame Pressemitteilung „Heizungssparte bleibt<br />

Haupttreiber der Umsatzentwicklung der SHK-Branche“<br />

der VDS – Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft<br />

e.V. und VdZ – Wirtschaftsvereinigung Gebäude und<br />

Energie e.V. vom 5. Juli 2023.<br />

24<br />

Ebenda.<br />

25<br />

Ebenda.<br />

26<br />

Ebenda.<br />

82 <strong>BTGA</strong>-<strong>Almanach</strong> <strong>2024</strong>


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